Halshölzer

Diskussionen über Hölzer für den Bau von Instrumenten
Herkunft, Trocknung, Lagerung und Eigenschaften

Moderator: jhg

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bea
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Halshölzer

#1

Beitrag von bea » 05.01.2017, 19:54

Weil es gerade aufkam und ich es war, die Birke als Material für Hälse ins Spiel gebracht hatte, starte ich mal diesen Thread.

Warum eigentlich immer Ahorn und irgendwelches Mahagoni als Holz für den Hals?
Was also geht alternativ, was nicht?

Ahorn (europ. Arten): sehr dekorativ und standfest, schwer spaltbar, geringe Neigung zum Werfen und zum Reißen.

Buche: Bei vergleichbarer Dichte und Härte wie Ahorn ein im Mittel größeres E-Modul. Eigentlich wünschenswert. Buche ist berüchtigt dafür, sich stark zu werfen. Mit konstruktiven Mitteln sollte man das eigentlich auffangen können. Bei den drei Schichtholzhälsen von Framus, die ich in Verwendung habe, funktioniert das gut.
Noch bei den Altvorderen, also im Jahnel, wird Buche als "allseitg verwendbar" bezeichnet.

Birke: Dichte etwas geringer, E-Modul ausgesprochen hoch, fast doppelt so hoch wie bei Ahorn. Bei Espen habe ich 16500 N/mm^2 gelesen. Was ausgesprochen viel ist, besonders angesichts der "normalen" Dichte.
Eigentlich sehr erwünschte Eigenschaften. Wenn da nicht die Spaltbarkeit wäre, über die ich beim Verarbeiten von Leimholzplatten schon mal kräftig gestöhnt habe. Auch Birke soll sich stark werfen - aber das sollte man doch mit zweiteiligen Hälsen in den Griff bekommen?
Der Hals meines Sorgenkinds scheint übrigens aus Birke zu bestehen. Vielleicht auch beider.

Meranti: ist zwar ein Tropenholz, aber ich habe noch ein paar alte Fensterrahmen in der Gartenhütte. Durchaus mit dem Ziel, die zu Hälsen zu verarbeiten. Vielleicht mehrstreifig mit zentralem Steifen aus zweifach gesperrter Birke ?

Birke wird noch im Jahnel als potentielles Holz für Hälse gelistet. Warum wird es nicht (mehr) verwendet?
LG

Beate

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Re: Halshölzer

#2

Beitrag von hansg » 05.01.2017, 22:19

Meranti hab ich auch schon öfter als Halsholz verwendet. (erstmals 2009)
Mehrstreifig, und bisher ohne jegliche Probleme.

Im Keller liegt auch schon seit vielen Jahren ein kleines Stück Kirschbaum.
Das war mal eine Sauerkirsche die beim örtlichen Kindergarten stand.
Das wird auch irgendwann mal ein Hals.

Gruss
Hans

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Re: Halshölzer

#3

Beitrag von Magfire » 05.01.2017, 22:57

Moin, spannendes Thema!

Hat jemand schon mal einen Hals aus Esche gebaut?
Esche ist ja an sich relativ flexibel, weshalb es ja auch gerne für Stiele von Gartengeräte genutzt wird.

Kann man das durch ein entsprechendes Griffbrett ausgleichen?

Danke und viele Grüße,
Philip

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Re: Halshölzer

#4

Beitrag von jhg » 05.01.2017, 23:45

Ich finde Esche durch die recht grobe Maserung als Halsholz nicht so ideal (ebenso wie Eiche - könnte man ja auch nehmen)

Ich würde als Alternative mal Erle ins Rennen schicken - was haltet ihr davon? Bin nämlich auch am überlegen welche europäischen Hölzer man für den Gitarrenbau verwenden könnte. Dann umgeht man den ganzen Streß mit Importhölzern.

Fällt mir dann noch Kirsche, Elsbeere oder Birne ein ....
Die Obstbaumhölzer könnten m.E. etwas Probleme mit der Standfestigkeit haben - also ein Strathals dessen Kopfplatte sich irgendwann doch ziemlich nach oben verbiegt. Sieht man schon mal schön bei den 12saitigen EKO Gitarren.

Wenn es etwas exotischer sein darf: Bambus, Paulownia
Beide durch die sehr langen Fasern m.E. sehr standfest. Paulownia ist ziemlich empfindlich gegenüber Druck - kommt schon fast in die Richtung von Balsaholz.

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Re: Halshölzer

#5

Beitrag von hatta » 06.01.2017, 00:29

Grade schnitze ich einen hals aus eiche (räuchereiche).
Verdammt hartes und wiederspnenstiges zeug! Allerdings wie oben schon erwähnt wurde, ist die eiche rechr grobporig.
Für mich allerdings kein grund keine eiche zu nehmen.

Achja...ziemlich schwer ist eiche auch 8)
Gruß
Harald

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Re: Halshölzer

#6

Beitrag von bea » 06.01.2017, 00:59

jhg hat geschrieben: Ich würde als Alternative mal Erle ins Rennen schicken - was haltet ihr davon? Bin nämlich auch am überlegen welche europäischen Hölzer man für den Gitarrenbau verwenden könnte. Dann umgeht man den ganzen Streß mit Importhölzern.
Erle wird/wurde im klassischen Gitarrenbau durchaus verwendet, wird sogar im Jahnel für Hälse empfohlen. Dürfte von der Festigkeit vergleichbar mit Meranti sein. Mit Stahlstab würde ich mich das auf jeden Fall trauen.

Der Birke-Hals meines Sorgenkinds hat übrigens keinen, und er ist alles andere als ein Prügel.
Ich habe übrigens das Gefühl, dass man mit Birke und einem extrem steifen Griffbrett (Olive?, Zitrone?, Katalox) recht problemlos Hälse ohne Stahlstab bauen könnte.
Sieht man schon mal schön bei den 12saitigen EKO Gitarren.
Weil das bei der Kopfplatte meiner Sperrholz-V auch berade beginnt (Framus-Schichtholz Buche), hab ich sie erst mal runtergestimmt und werde in Zukunft dünnere Saiten draufmachen, vielleicht 11er Flats.
LG

Beate

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Re: Halshölzer

#7

Beitrag von Gelöschter Benutzer » 06.01.2017, 07:22

Guten Morgen,

sehr interessanter Thread, danke!
Mahagoni: davon können wir uns vermutlich auch bald verabschieden...
Ahorn: wird dadurch vermutlich deutlich teurer, dessen Verfügbarkeit deutlich sinken...
Birke, Buche, Erle und co.: ja klar, wie Bea schon erwähnt, mit entsprechenden konstruktiven
Maßnahmen in den Griff zu bekommen...aber niemals ohne Halsstellstab!!!
Eiche: mein Favorit bezüglich einheimischer Hölzer, wird vielleicht das bald knappe Mahagoni
ersetzen!? Und mal ehrlich, der Geruch beim bearbeiten von Eiche macht mich fast süchtig, die Gefahr ist groß das ich aus `nem Halsrohling einen Zahnstocher mache...;-)
Bambus: wenn schon Holz für einen Hals, dann dieses! Die Optik ist mies, die Eigenschaften
bezüglich der Härte, Gewicht und Biegefestigkeit jedoch unschlagbar!
Obstholz (Kirsche, Birne, Apfel und co.: da bin ich skeptisch, ich sehe selten ein Stück in brauchbarer Größe dessen Wuchsverlauf akzeptabel wäre...spätere Überraschungen nicht ausgeschlossen...
Mehrstreifgig/Gemischt/Trennfurniere: unbedingt, diese Varianten halte ich für sehr gute Hals-Konstruktionen...
Weiche Hölzer/Nadelhölzer: eher nicht, die sind mir zu empfindlich gegenüber Kratzern/Kerben...
@Bea: Olive, Zitrone, Katalox als Mittel zur Verstärkung des Halses!? Eine höhere Dichte/Härte des Materials bedeutet nicht automatisch auch eine höhere Stabilität/Biegefestigkeit...
Als gutes Beispiel aus dem Bereich Metalle möchte ich hier Magnesium (Felgen im Motorsport)
und Titan (Rotorköpfe bei Helikoptern) anführen, relativ geringe Dichte im Vergleich zu Eisen...


Gruß, Frank

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Re: Halshölzer

#8

Beitrag von bigherb » 06.01.2017, 10:54

Tach zesammen
Als Freund gewagter "Alternativen" hatte ich vor Wochen von einem Versuch mit Paulownia für einen Strathals gesprochen. Nun, inzwischen ist er fertig. Um dem ganzen noch einen "unmöglicheren Aspekt" zu verpassen, besteht dieser Hals aus Resten eines Regalbodens, den ich zwecks Dicke übereinander verleimt habe. (2x 18mm) Als Griffbrett habe ich ein 7mm Eichebrettchen verwendet. Verstärkt durch einen Zweiwege-Stahlstab ist das ganze recht leicht aber stabil geworden.
Fazit. Meine dicken Flossen benötigen Brian May Maße für einen Gitarrenhals und das geht auch mit Paulownia sehr gut.

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Re: Halshölzer

#9

Beitrag von Holzkarle » 06.01.2017, 10:57

In der ehemaligen Sowjetunion war Eiche ein viel verwendetes Holz für Hälse und auch für Bodys.Ich habe mehrere Kunden die ihre Instrumente sehr gerne aus Eiche bauen. Diese Kunden stammen alle aus der ehemaligen Sowjetunion. Das Gewicht der Instrumente ist da scheinbar zweitrangig.

Der Grung dafür dass kaum einheimische Obsthölzer in passenden Maßen und Qualitäten am Markt auffindbar sind ist die geringe Verfügbarkeit dieser Hölzer. Es ist kaum möglich größere Mengen einzukaufen. Alles was aber nur in geringen Mengen verfügbar ist, ist für Holzhändler uninterresant.

Unsere Obsthölzer sind, wenn sie gut abgelagert wurden und ordentlich sondiert verarbeitet werden, eine sehr gute Alternative zu den Tropenhölzern. Es gibt Stücke mit verschiedensten Riegelungen und Maserungen die optisch wahre Schmuckstücke abgeben. Alle Obsthölzer sind sehr hart bis mittelhart und können deshalb auch als Griffbretter und Decken oder Bodyholz verwendet werden.

Wir haben vor ca 17 Jahren beschlossen keine Tropenhölzer in unser Holzsortiment aufzunehmen. Damals wurden wir von vielen belächelt. Trotz aller Wiederstände haben wir Kurs gehalten und die Zeit hat uns Recht gegeben.

Mittlerweile gibt es in ganz Europa Instrumentenbauer die schon seit vielen Jahren auf den Einsatz von Tropenholz verzichten. All diese Leute verarbeiten ohne Probleme unsere einheimischen Obsthölzer.

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Re: Halshölzer

#10

Beitrag von penfield » 06.01.2017, 11:11

Paulownia hat sich bei mir als Holz für Hälse bewährt.
Ist offenbar ausreichend belastbar, sehr günstig und vor allem leicht.
Die Bearbeitung ist einfach, allerdings ist es recht druckempfindlich - mit einem ordentlichen Finish aber kein Problem.
Leider habe ich hierzulande bislang nur Leimholz bekommen, was die Möglichkeiten fürs Finish einschränken kann.

Threads dazu:
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Re: Halshölzer

#11

Beitrag von Haddock » 06.01.2017, 11:16

Hallo,

Kastanie nicht zu vergessen!
Holzkarle hat geschrieben: Mittlerweile gibt es in ganz Europa Instrumentenbauer die schon seit vielen Jahren auf den Einsatz von Tropenholz verzichten. All diese Leute verarbeiten ohne Probleme unsere einheimischen Obsthölzer.
Das praktiziere ich mittlerweile auch so und ein grossteil der Kunden finden das spitze. Für mich gilt da auch das Argument der Nachhaltigkeit und die Frage wie sinnvoll es ist, Hölzer von, zB. Brasilien zu Importieren.

Eiche als Halsmaterial geht wunderbar. Grundsätzlich verleime ich die Hälse immer mindestens 3teilig.

Gruss
Urs

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Re: Halshölzer

#12

Beitrag von bea » 06.01.2017, 11:24

fraenkenstein hat geschrieben: @Bea: Olive, Zitrone, Katalox als Mittel zur Verstärkung des Halses!? Eine höhere Dichte/Härte des Materials bedeutet nicht automatisch auch eine höhere Stabilität/Biegefestigkeit...
Das ist richtig. Bei Katalox ist sie hoch, ausgesprochen hoch sogar - um die 23000 N/mm^2.
Bei den einheimischen Arten hab ich es nicht im Kopf.
LG

Beate

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Re: Halshölzer

#13

Beitrag von bea » 06.01.2017, 11:30

Holzkarle hat geschrieben: Der Grung dafür dass kaum einheimische Obsthölzer in passenden Maßen und Qualitäten am Markt auffindbar sind ist die geringe Verfügbarkeit dieser Hölzer. Es ist kaum möglich größere Mengen einzukaufen. Alles was aber nur in geringen Mengen verfügbar ist, ist für Holzhändler uninterresant.
Und damit auch für die Industrie, die große Mengen gleichbleibender Qualität benötigt?
Das wäre ja eine feine Perspektive.
LG

Beate

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Re: Halshölzer

#14

Beitrag von penfield » 06.01.2017, 14:08

Ergänzende Frage zum Thema Griffbretthölzer...
Ahorn, Eiche und Obsthölzer scheinen, jetzt abgesehen von Kunststoffen wie Micarta u.ä., als Griffbretthölzer recht verbreitet zu sein.

Wie schaut es z.B. mit Buche aus? Ginge das auch als Griffbrettholz?
Soll ja sehr spröde und verwindungsgeneigt sein - kann man da ordentlich Bundieren?
Bis jetzt habe ich nämlich nur Buchenhälse mit Palisander als GB bzw. Buchengriffbretter ohne Bünde gesehen.

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Re: Halshölzer

#15

Beitrag von uwe.s. » 06.01.2017, 15:20

Magfire hat geschrieben:Moin, spannendes Thema!

Hat jemand schon mal einen Hals aus Esche gebaut?
Esche ist ja an sich relativ flexibel, weshalb es ja auch gerne für Stiele von Gartengeräte genutzt wird.

Kann man das durch ein entsprechendes Griffbrett ausgleichen?

Danke und viele Grüße,
Philip
Hallo Philip,

1988 habe ich eine Gitarre mit durchgehnedem Esche-Hals und Nussbaum-Griffbrett gebaut. Die funktioniert - so weit ich weiß - heute noch. Die Grobporigkeit des Holzes hat dem Kumpel, mit dem ich sie gebaut habe grade gut gefallen.
(Fast) alles geht :) : Fichte, Paulowina, Buche und die "Standardhölzer" - mit eine bisschen Eingehen auf die Besonderheiten - habe ich schon ausprobiert.

Uwe.s.

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Re: Halshölzer

#16

Beitrag von gitarrenmacher » 06.01.2017, 15:24

Holzkarle hat geschrieben:
Wir haben vor ca 17 Jahren beschlossen keine Tropenhölzer in unser Holzsortiment aufzunehmen. Damals wurden wir von vielen belächelt. Trotz aller Wiederstände haben wir Kurs gehalten und die Zeit hat uns Recht gegeben.

Mittlerweile gibt es in ganz Europa Instrumentenbauer die schon seit vielen Jahren auf den Einsatz von Tropenholz verzichten. All diese Leute verarbeiten ohne Probleme unsere einheimischen Obsthölzer.
Ich wage einen Ausblick.
Sobald für Instrumente (Gitarren), die nicht aus den sogenannten Tropenhölzern gebaut sind, marktinterresant bzw. marktrelevant werden, werden diese Hölzer in kürzester Zeit für Kleinwerkstätten oder Hobbybauer nicht mehr in genügender Menge verfügbar sein. Und dann? Kommt dann der Birnbaum auch auf den Index?
Randnotiz:
Einige Flächen des Sachsenwaldes (nordöstlich von HH) gehören chinesischen Konsortien, die daraus den unstillbaren Hunger der chinesischen Möbelindustrie bedienen. In Nordamerika sind Plantagenweise Walnussbäume in der Phase ihres Höchstertrages für die Möbel-und Gitarrenindustrie platt gemacht worden.

Birke geht gut. In meiner Nachbarschaft baut jemand regelmäßig Maccas damit, ebenso mit Walnuss.
Für Banjohälse wird ausser Ahorn gerne Nuss oder Schwarzkirsche genommen.
Munterbleiben
Chrischan
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Re: Halshölzer

#17

Beitrag von Holzkarle » 06.01.2017, 20:33

Die Gefahr dass durch übermäßige Nutzung unsere Obst und Buntlaubbestände in Europa gefährdet werden könnten sehe ich nicht. Bei uns wird in der Regel nicht mehr geerntet als nachwachsen kann.
Kahlhiebe sind im Normalfall verboten. Das Preisniveau kann sich ändern. Das Angebot wird aber immer vorhanden sein in mehr oder weniger großer Menge.
Das beste Beispiel für eine regelrechte Verschwendung guter Tonhölzer ist momentan die Kirsche. Seit ca 7 Jahren schrumpft die Anzahl Kirschholzverarbeitender Sägewerke und Firmen in Europa rapide. Die meisten sind in den Osten abgewandert. Das hat zur Folge dass zwar sehr große Kirschholzbestände vorhanden sind, mit Ausnahme der Furnierqualitäten, aber leider Kirsche am Markt fast nicht mehr absetzbar ist zu einem vertretbaren Preis.
Die geernteten Kirschen werden mittlerweile als Industrieholz verkauft. Das ist eine Verschwendung von hochwertigen Tonhölzern.
Das selbe passiert mit vielen Obsthölzern. Weil kaum ein Markt vorhanden ist werden viele der Stämme als Brennholz verkauft oder geschreddert.
Es ist eine zeitintensive Beschäftigung im Winterhalbjahr gefällte Obststämme anzufahren, zu Bewerten und zum Verarbeiten abzutransportieren. Wenn der Holzhändler aber durch vernünftige Preisgestaltung in der Lage ist ordentliche Preise für solche Stämme zu bezahlen landen die Guten nicht im Ofen.
Ich fahre im Winter bis zu 10000 km um Obsthölzer zu bewerten.

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Re: Halshölzer

#18

Beitrag von bea » 06.01.2017, 21:35

Holzkarle hat geschrieben: Kahlhiebe sind im Normalfall verboten.
Ich dachte, es gäbe Probleme in Spanien und Portugal, wo Korkeichen durch Eukalyptusplantagen ersetzt werden (taugt dieses Holz eigentlich für uns?), und im Südosten, z.B. in Rumänien, wo illegaler Raubbau ähnlich wie in Madagaskar betrieben wird.

Was ist eigentlich mit den Ahornbeständen aus Bosnien? Werden die nachhaltig bewirtschaftet oder übernutzt?
LG

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Re: Halshölzer

#19

Beitrag von hatta » 06.01.2017, 21:44

Da hat der karl völlig recht!
Bei uns wird auch das schönste holz verheizt :x

In meinem heimatdorf haben die einen riesigen kastanienbaum gefällt (das wahrzeichen des dorfes) weil der einer pothässlichen neuen verkehrskreutzung weichen musste (das wäre auch ohne den baum zu fällen gegangen)

Das holz war allererste sahne und vorallem extreem viel.

Ein ortsansässiger schnitzer wollte einen teil des baumes erwerben, was ihm verweigert wurde.
Stattdessen wurde der komplette baum zu hackschnitzel verarbeitet :(
Gruß
Harald

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Re: Halshölzer

#20

Beitrag von bea » 06.01.2017, 22:17

hatta hat geschrieben: Ein ortsansässiger schnitzer wollte einen teil des baumes erwerben, was ihm verweigert wurde.
Mit anderen Worten: der Typ in der Verwaltung, der das verantworten muss, ist ein Dorfdepp?
LG

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Re: Halshölzer

#21

Beitrag von hatta » 06.01.2017, 23:29

bea hat geschrieben:
hatta hat geschrieben: Ein ortsansässiger schnitzer wollte einen teil des baumes erwerben, was ihm verweigert wurde.
Mit anderen Worten: der Typ in der Verwaltung, der das verantworten muss, ist ein Dorfdepp?
Genau das liebe bea :roll:
Gruß
Harald

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Re: Halshölzer

#22

Beitrag von 12stringbassman » 07.01.2017, 08:38

Es ist halt leider so, dass immer noch sehr viele Menschen überhaupt kein Gefühl oder Verständnis oder gar Respekt für das Lebewesen Baum und den Werkstoff Holz haben. Für die ist ein Baum einfach nur im Weg, macht im Herbst einen Haufen Dreck und taugt bestenfalls als Brennstoff.

Bei uns im Ort gibt es einen Landschaftsgärtner, der berufsbedingt Bäume nicht nur pflanzt, sondern immer wieder mal Bäume fällt, was ihm sichtlich großen Spaß bereitet.
Die Stämme verhackstückt er regelmäßig zu Brennholz, die Kronen und alles was dünner ist als 10cm kommt in den Schredder. :roll:

Kirschholz mag er als Brennholz besonders gern, weil's so schön harzig sei. Ich sagte ihm, dass der Holzhändler Kirscholz für mehrere T€/m³ verkauft. Da hat er mich angeschaut wie eine Kuh wenn's blitzt. :roll: :oops:

Auf einem unserer Baugrundstücke habe ich vor vier Jahren zwei große Birken gefällt, die Kronen und Äste zu Brennholz verarbeitet (wofür mich der Landschaftsgärtner mitleidig belächelt hat :x ) und die Stämme zum Saagler gefahren. Daraus werde ich jetzt testweise mal einen Hals bauen. (baeh)

Grüße

Matthias
"Denken ist wie googeln, nur krasser!"

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Re: Halshölzer

#23

Beitrag von Gelöschter Benutzer » 07.01.2017, 09:11

Bei mir in der Nähe gibt es eine recht große Gartenkolonie, dort herrscht auch seit vielen Jahren die Mentalität: Obstbäume stören nur und werden nur zu gerne gefällt, kleingehackt und als Brennholz gestapelt...
Dann ist mehr Platz für z.B. einen kleinen Pool.
@ bea: ich habe zwar noch nicht viel Eukalyptusholz bearbeitet, aber es hat mich stark an das Bearbeiten von Eichenholz erinnert, ich würde behaupten das die Eigenschaften sich sehr ähneln...
Ich frage mich gerade ob man es, wie auch Eiche, räuchern kann!???

Gruß, Frank

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Re: Halshölzer

#24

Beitrag von bigherb » 07.01.2017, 10:44

Vor Jahren hatte ich im Nachbargarten einen dicken Flieder fällen sollen, was ich auch wunschgemäß erledigte. Leider war mir damals nicht bekannt, dass man aus Flieder schöne Griffbretter machen kann. Es ist sehr hart und hat eine attraktive Maserung. Es ging dann in den Kamin....seufz. Das sind alles solche Jugendsünden...mit 10 Jahren bekam ich von einem Onkel einen voll funktionstüchtigen Volksempfänger geschenkt....zum Ausschlachten..........Schluß jetzt !!!
@Penfield:
Jou, Paulownia ist geil. Wiegt nix ist aber recht stabil und es lässt sich sehr leicht bearbeiten. Man ist bei den "holzigen" Handarbeitssachen sehr schnell fertig. Man muß sogar aufpassen, nicht Zuviel wegzunehmen. Vor allen Dingen wenn man vorher harte Hölzer zwischen hatte.

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Re: Halshölzer

#25

Beitrag von penfield » 07.01.2017, 11:45

Flieder klingt originell und irgendwie auch romantisch? 8)

@bigherb Gibts Fotos/Link zu deinem Strathals aus Paulownia?
Dass das funktioniert, löst eigentlich alle Probleme für mich ;)
Ich hatte letztens eine "normale" Gitarre umgehängt und dadurch ist mir wieder einmal bewusst geworden,
wie angenehm leicht doch die Paulownia Gitarren sind... :D
Bleibt nur die Frage, ob man das Eichengriffbrett durch Buche als Griffbrettholz ersetzten und Bundieren kann - werde ich aber irgendwann probieren.

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