Holzlöcher mit Zinn füllen

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Holzlöcher mit Zinn füllen

#1

Beitrag von Simon » 27.01.2022, 14:23

Hey liebes Forum,

da ich heuer zum ersten Mal bei einem Instrument Fehlstellen im Holz mit Zinn als Alternative zu Epoxi gefüllt habe, und im großen weiten Internet keinerlei brauchbaren Informationen zum Vorgang gefunden habe dachte ich, ich erstelle ein Tutorial. Vielleicht hilft es dem ein oder anderen später, wenn er mal das selbe Ziel vor Augen hat.

Es handelte sich um den Bass aus dem Galeriethread:
https://www.gitarrebassbau.de/viewtopic.php?f=9&t=9948

Folgende Utensilien wurden dafür benötigt:

-Heizplatte
-Temperaturmessgerät
-Gießlöffel
-feuerfeste Handschuhe
-Gesichtsschutz / Schutzbrille
-Zinn, in Reinform (99,9%), ich habe 1kg bestellt, damit ich genug zum testen habe
-Kupfernägel
-Lötkolben
-klares Epoxi
-passendes Holz

Bei mir handelte es sich um folgende Buckeye Burl Decke, welche große Fehlstellen hatte, welche gefüllt werden sollten:
272537820_320719109830949_40464909487439349_n.jpg
Nach dem Fügen wurde die Decke mit Epoxi auf den Body geklebt, welcher großzügig gechambert wurde. Der Hintergedanken ist, dass Zinn viel schwerer ist als Holz, und um später nicht bei über 5kg zu landen war dies nötig. Geklebt habe ich mit Epoxi. Leim wollte ich hier absichtlich nicht nehmen, da Zinn mit hoher Temperatur in die Hohlstellen gegossen wird, nicht dass sich dadurch später der Leim erwärmen würde.
IMG_4164.JPG
die Kanten der zu Füllenden Löcher wurden leicht unterschnitzt. Zinn kann ja mit Holz keine klebende Verbindung eingehen, darum ist dies nötig. Weiters habe ich Kupfernägel in die Löcher geklopft. Das Zinn sollte sich um die Nägel legen, und auch dies sollte dazu dienen, dass die Inlays später nicht rausfallen. Auch wurden die Kanten der Löcher mit Flussmittel bestrichen, damit das Zinn näher an die Kanten und in die Ritzen zieht!
IMG_4165.JPG
nun wurde das Zinn auf der Heizplatte in dem Tiegel geschmolzen. Mit einem Temperaturmesser habe ich immer überprüft, wann die Temperatur erreicht ist. Zinn hat einen Schmelzpunkt von 231,9°C, das ist noch nicht so heiß, dass es das umliegende Holz verbrennen würde.
IMG_4166.JPG
nach einiger Zeit beginnt das Zinn zu schmelzen. Einen Fehler den ich begangen habe, und nächstes Mal anders machen würde ist, dass ich nicht genug Zinn für jedes Inlay auf einmal geschmolzen habe. Deshalb waren im Inlay später die einzelnen Güsse zu sehen. Aber dazu später mehr.
IMG_4167.JPG
IMG_4169.JPG
IMG_4170.JPG
An Stücken, welche am Rand des Tops lagen, habe ich ein Hilfsstück geklebt, um eine passende Gießfläche zu haben. Dann konnte es losgehen.
Wichtig ist, ca einen bis zwei mm höher als das Top zu gießen, der Überstand wird zwar später entferne, aber ist noch nötig um eventuelle Fehler später auszubessern.
IMG_4171.JPG
IMG_4172.JPG
IMG_4173.JPG
bis alle Löcher gefüllt waren
IMG_4175.JPG
Das Zinn fließt nicht in jede noch so kleine Ritze. Dazu verwende ich eine Löstation mit voller Power, und ziehe den Zinn in kleinen Ausbuchtungen
IMG_4176.JPG
Nun muss der Überstand abgetragen werden. Das könnte man schleifen, aber speziell bei hellen Hölzern hat man dann das Problem, sich mit dem feinen Zinnstaub das holz zu verdunkeln. Deshalb habe ich den größten Überstand abgefräst. Unbedingt Schutzbrille und Schutzkleidung dabei tragen!
IMG_4177.JPG
so sieht es nach dem Fräsen aus
IMG_4178.JPG
der Rest wird nun mit einer Ziehklinge erledigt. Dabei wichtig ist, nur in eine Richtung zu ziehen. Ich habe mich für die Faserrichtung des Holzes entschieden. Nach der Ziehklinge habe ich mich gegen Schleifpapier entschieden, weil dieses zu viele Schleifspuren hinterlassen hat, und das Holz verdreckt hätte. Deshalb stieg ich nach der Ziehklinge auf Stahlwolle 0,00,000 & 0000 um.
IMG_4278.JPG
IMG_4279.JPG
IMG_4280.JPG
So sieht das Ergebnis dann bis hier aus:
IMG_4180.JPG
IMG_4182.JPG
Nun zu meinem Fehler, alles nicht auf einmal zu gießen. Deshalb bildeten sich zwischen den zwei Durchgängen Grenzen, welche leider nicht angeschmolzen wurden, wie ich es gehofft hatte. Gut zu sehen an den Bildern hier. Auch sieht man sehr gut, dass das Zinn sich nicht in jede noch so kleine Ritze ziehen lässt. Hier müsste man wohl mit Legierungen spielen, welche Blei oder Kupfer beigemischt haben. Dazu hatte ich aber bisher keine Zeit, und keine Verwendung. Dies vielleicht beim nächste Mal ;)
IMG_4181.JPG
IMG_4183.JPG
zuletzt habe ich dann noch die kleinen verbleibenden Fehler zwischen Inlay und Holz sicherheitshalber mit dünnflüssigem Epoxi ausgegossen. Damit auf keinen Fall das Inlay später rausfällt. Ob dies nötig ist wage ich zu bezweifeln, da die Buckeye Burl Decke aber sowieso stabilisiert werden musste waren es zwei Fliegen mit einer Klappe.
IMG_4185.JPG
nach dem Beischleifen des Epoxi kann jegliches Finish angewendet werden. Ich habe mich bei dem Bass dafür entschieden, danach Tru Oil aufzutragen und seidenmatt zu schleifen, mit Stahlwolle nass. :)

So, das wars. Bei Fragen bitte jederzeit melden! :)
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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#2

Beitrag von darkforce » 27.01.2022, 14:29

Spannende Sache! Danke für den ausführlichen Bericht! Ist mal was ganz anderes von der Optik.

Ich denke Zinn-Blei Legierungen, auch wenn sie schöner fließen, scheiden wohl eher aus gesundheitlichen Gründen aus. Da würde mir glaube ich eine dünne Schicht aus Öl im Alltag nicht reichen.

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#3

Beitrag von helferlain » 27.01.2022, 14:41

Schöne Anleitung! Würden Flussmittel helfen wie man sie vom Löten kennt (Zinn auf Holz und auch Zinn auf Zinn)?
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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#4

Beitrag von Simon » 27.01.2022, 14:46

helferlain hat geschrieben:
27.01.2022, 14:41
Schöne Anleitung! Würden Flussmittel helfen wie man sie vom Löten kennt (Zinn auf Holz und auch Zinn auf Zinn)?
AHHHH habs editiert; hatte ich vergessen. Natürlich habe ich die Kanten der Löcher damit eingestrichen vorm Gießen....

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#5

Beitrag von Janis » 27.01.2022, 14:49

Vielen Dank fürs Teilen! Mein lieber Scholli :D Das kommt wirklich richtig böse daher! Also böse im reizvollen Sinne :badgrin:
darkforce hat geschrieben:
27.01.2022, 14:29
Ich denke Zinn-Blei Legierungen, auch wenn sie schöner fließen, scheiden wohl eher aus gesundheitlichen Gründen aus. Da würde mir glaube ich eine dünne Schicht aus Öl im Alltag nicht reichen.
Besteht da nicht die Gefahr ledig in den Bleidämpfen und evtl. dem Hautkontakt und späterem Fingerlecken?
Mit Epoxy drüber und oder einer ordentlichen Schicht True Oil sollte das doch safe sein, oder?
Viele Grüße,
Jan

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#6

Beitrag von Simon » 27.01.2022, 15:01

darkforce hat geschrieben:
27.01.2022, 14:29
Spannende Sache! Danke für den ausführlichen Bericht! Ist mal was ganz anderes von der Optik.

Ich denke Zinn-Blei Legierungen, auch wenn sie schöner fließen, scheiden wohl eher aus gesundheitlichen Gründen aus. Da würde mir glaube ich eine dünne Schicht aus Öl im Alltag nicht reichen.
da bin ich ganz bei dir, auch wenn ich nach einer Schicht Epoxi weniger Bedenken hätte. Eher dann die Dämpfe....

Aber hier sollte man wirklich aufpassen was man nimmt. die meisten Zusätze, die zu einer höheren Flusseigenschaft oder Verringerung der Schmelztemperatur führen sind höchst gesundheitsschädlich!

ok, @Janis war schneller ;)

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#7

Beitrag von darkforce » 27.01.2022, 15:12

Ja, unter Epoxy würde ich mir da auch keine Sorgen machen, aber ich denke das müsste dann schon einigermaßen versiegelt werden, eine Gitarre fasst man ja dann doch öfter an ;).

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#8

Beitrag von capricky » 27.01.2022, 15:30

Ich würde reines Zinn verwenden, Schmelzpunkt etwa 230°C, das ist dann gesundheitlich unbedenklich.

capricky

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#9

Beitrag von Simon » 27.01.2022, 15:58

capricky hat geschrieben:
27.01.2022, 15:30
Ich würde reines Zinn verwenden, Schmelzpunkt etwa 230°C, das ist dann gesundheitlich unbedenklich.

capricky
genau das hab ich verwendet! :)
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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#10

Beitrag von the schweinhorn » 27.01.2022, 18:49

ah, jetzt kapier ich endlich die Decke von dem Baß; hab mich schon- seitdem du ihn präsentiert hast- gefragt, wie diese coolen symmetrischen Elemente zustandekamen. Nicensteiner! Aber ein nicht ganz ungiftiges Unterfangen, ich hoffe mal, du hast in erster Linie auf deine Lunge aufgepaßt. ( ernsthafte Besorgnis von jemandem, der so doof war, sich mit massig unmaskierter Airbrusherei während der 80er mittelschwere COPD einzuhandeln...)
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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#11

Beitrag von Simon » 27.01.2022, 19:02

the schweinhorn hat geschrieben:
27.01.2022, 18:49
ah, jetzt kapier ich endlich die Decke von dem Baß; hab mich schon- seitdem du ihn präsentiert hast- gefragt, wie diese coolen symmetrischen Elemente zustandekamen. Nicensteiner! Aber ein nicht ganz ungiftiges Unterfangen, ich hoffe mal, du hast in erster Linie auf deine Lunge aufgepaßt. ( ernsthafte Besorgnis von jemandem, der so doof war, sich mit massig unmaskierter Airbrusherei während der 80er mittelschwere COPD einzuhandeln...)
ja klar, fertig studierter Chemiker, und mit leichtem Asthma gesegnet; also lege ich sehr viel Wert auf Schutzmasken, in jedem Lebensbereich ;)

Aber ne Atemschutzmaske ist bei sowas natürlich empfehlenswert, wie bei den meisten Vorgängen in einer Werkstatt! Auch wenn metallisches reines Zinn für den Organismus recht unbedenklich ist, gefährlich sind nur organische Zinn Verbindungen....
oder man machts im Freien, wenn gut gelüftet. Das ist natürlich die beste Lösung :)

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#12

Beitrag von Simon » 27.01.2022, 19:08

Achja noch ein Nachtrag: man sollte Zinn natürlich nicht über den Restmüll entsorgen. Am besten kann man die Abfälle in jedem Wertstoffhof abgeben.
Ich habe allerdings alle Reste zusammen gekehrt und gesammelt, man kann sie wieder super einschmelzen und ein anderes Mal verwenden! :)

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Re: Holzlöcher mit Zinn füllen

#13

Beitrag von thoto » 28.01.2022, 12:37

Super Sache, Simon!

Vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast, das für uns zu dokumentieren! (clap3) (clap3)

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