Coole Story!
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"Paul's legendäre Mirror Ball Iceman ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man den Gitarrenbau ein Stück weiter pusht. Es fing mit einem Anruf von Paul an, der mir von seiner Idee einer Gitarre erzählte die wie ein zerbrochener Spiegel aussieht. Seine genauen Worte waren, wenn ich mich recht erinnere: "Ich möchte, dass es so aussieht als hätte jemand eine verspiegelte Gitarre mit einem Hammer genau auf den Pickups zerschlagen."
"Es klang eigentlich leicht. Ich habe mir einen 1/8" Spiegel besorgt, ihn in die Form einer Iceman geschnitten und habe mit einem Hammer auf die Stelle der Pickups geschlagen. Was übrig blieb sind ungefähr 10'000 Stückchen Spiegelstaub und drei größere Stücke. So funktionierte das also offensichtlich nicht. Ich musste also jedes Stück so ausschneiden so dass es so aussah als wäre der Spiegel geborsten. Ich zog los und besorgte mir mehr 1/8" Spiegel und eine Handvoll Glasschneider.
Angefangen mit einem Spiegel, den ich wieder in die Form von Pauls Gitarre schnitt dachte ich daran, einen Plan zu zeichnen und diesen auf den Spiegel zu übertragen. Letztendlich habe ich mich fürs Improvisieren entschieden und habe Spiegelstücke ausgeschnitten von denen ich dachte, dass sie cool aussähen. Ich brauchte einige Tage dafür und während ich um die Gitarre herumarbeitete bekam ich langsam ein Gefühl dafür. Ich war froh, dass ich noch alle fünf FInger besaß als ich fertig war. Wie es sich herausstellte war das Zurechtschneiden des Spiegels noch der einfache Teil. Während ich den Spiegel bearbeitete hatte mein Partner in Crime, Jim Heffner einen Quarter Inch von einer von Pauls GItarren abgetragen. Das ist richtig, wir haben den Spiegel auf eine bestehende Gitarre aufgetragen (retrofit). Jim hat das Abalone-Binding an der Gitarre belassen und der Plan sah vor ein bisschen Epoxy draufzuklatschen und die Spiegelstücke hineinzulassen.
Wir haben das Doppelte der Spiegelstärke abgetragen damit wir die Spiegelstücke jeweils in einem leicht unterschiedlichen Winkel anbringen konnten. Pauls Bühnenkonzept sah vor, die Gitarre mit einem Super Trooper Spotlight anzustrahlen und dadurch - ähnlich wie in einer Discokugel - Lichtstrahlen von der Gitarre in allen möglichen Winkeln zu reflektieren. Wir haben uns gedacht, dass eine 5 bis 15 Grad Abweichung zwischen den angrenzenten Stücken dafür ausreichend sein dürfte.
Ich habe Dübel mit Maskierband umwickelt um zu verhindern, dass das Epoxy die gesamte Fläche zusetzt und fuhr in die Stadt. Weil die Icement eine leicht gewölbte Decke besaß mußte ich einige Spiegelstücke neu schneiden, um sie der Wölbung besser anzupassen. Dieser Teil war mühsam und der Versuch, der Trockenzeit des Epoxy immer einen Schritt voraus zu sein ist nicht immer gelungen. Dennoch passten alle Stücke ziemlich gut.
"Später in der Nacht, mit allen Spiegelstücken an Ort und Stelle gingen Jim und ich mit der Axt nach draussen und haben einen Testlauf mit den Scheinwerfern meines Pickups durchgeführt. Ja, es funktionierte. Lichtstrahlen strahlten in alle Richtungen ab. Das einzige Problem war dass sie Spiegelscherben messerscharfe Kanten bildeten, weil sie ja in verschiedenen Winkeln untereinander angebracht waren. Du hättest Berge aus köstlichem Kohl mit dieser Veg-O-Caster raspeln können.
"Ich war darauf vorbereitet, diesem Problem mit einem klaren Polyurethanfinish zu beheben, welches ich über die Spiegel goß, mit dem Ziel, dass die Oberfläche schön und eben und sicher werden sollte. Am nächsten Morgen mischte ich das Polyurethan und goss es darüber. Ich ging einige Stunden anderen Geschäften nach und als ich wieder in meine Werkstatt zurückkehrte knotete sich mein Magen zusammen. Es trocknete trüb und ruinierte den gesamten Spiegeleffekt. Scheiße! Was nun?
"Bevor es steinhart wurde nahm ich einen Beitel und kratzte das Finish wieder herunter. Glücklicherweise hielt das Finish nicht sonderlich gut auf dem Glas und pünktlich zum Abendessen hatte ich beinahe das komplette Finish entfernt. Das Finish ließ sich zwischen den Bruchstücken nicht entfernen, aber genau das entpuppte sich als die Lösung für das Problem.
Ich füllte alle Zwischenräume mit Polyurethan, aber das hinterließ immer noch scharfe Kanten. Letztendlich nahm ich einen Dremel mit einem kleinen Schleifrad und schliff jede Bruchkante glatt und füllte weiter mit Polyurethan falls das notwendig war. Das hat ewig gedauert, aber das war die Lösung.
Letztendlich blieb nur noch ein paar Glasbohrer zu besorgen und alle Pickups und die Hardware zu montieren. Paul war aufgeregt um sie auszuprobieren und ein paar Augenhornhäute und Trommelfelle zu demolieren. Als ich sie schließlich auf der Bühne sah, ein paar Millionen Lumen auf sie ballernd sah das schon sehr eindrücklich aus.
Von all den Custom Gitarren die wir anfertigten blieb mir diese in Erinnerung, hauptsächlich weil ich ein paar Fotos fand um meinem Gedächtnis etwas auf die Sprünge zu helfen. Die Tatsache, dass es ein ungeheurer Aufwand in der Herstellung war und dass es beinahe nichts zum Universum der Gitarrentechnik beitrug wird es mir immer eine beliebte Erinnerung für mich sein.
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Grüße,
Sebastian