[Umbau] Headless fürs Büro und Urlaub

[helferlain]

Hallo,

nach langer Pause habe ich spontan ein Umbau Projekt gestartet, dass mir schon länger durch den Kopf geht. Diverse Travel Gitarren hier im Forum haben wesentlich zur Inspiration beigetragen.

Ziel ist eine Gitarre, mir der ich während der Mittagspause im Büro meine Spieltechnik üben kann. Herausforderung dabei ist der Bürostuhl mit den Armlehnen

Beim Stöbern im Netz bin ich zunächst auf diese für mich neue chinesische Headless Brücke mit der Bezeichnung "Licensed by KD" gestoßen:

https://www.ebay.de/itm/124800817347?ha ... 0AAOSwRApg

Tatsächlich ein neuer Entwurf, der es offensichtlich in die Serienfertigung geschafft hat. Und kurze Zeit später fand sich dann auch eine preiswerte Gitarre, die am Strandberg Design angelehnt ist. Für mich praktisch, da ich sie für die Benutzung im Sitzmöbel optimieren möchte.

Für 149,- als 2. Wahl, da die tiefe E Saite lt. Verkäufer am ersten Bund von dem Bundstäbchen rutscht. Das sollte zu reparieren sein bzw. spielt evtl. gar keine Rolle für diese Projekt.

Einen Tag nach Bestellung halte ich da Teil in der Hand. Erster Eindruck: Klein, leicht, im Sitzen gut spielbar, aber insgesamt schlecht eingestellt. Beim Finish beeindruckt zunächst die Decke mit transparentem Burst. Auf den 2. Blick entspricht es der Preisklasse und bietet eine damit zumindest eine Grundlage für Anpassungen.

Der Halsstab musste erst mal mit viel Kraftaufwand gelockert werden, danach ließ sich der Hals aber vernünftig begradigen. Die Stimmer lassen sich auch direkt an den Rändelschrauben bewegen, mit dem beiliegenden Mini Schlüssel geht es deutlich leichter.

Das Stimmverhalten hat den gleichen Nachteil, den ich auch von teuren ABM Mechaniken kenne: Die Übersetzung ist relativ niedrig, je tiefer die Saite, um so schwieriger wird das Stimmen.

Hier mal ein paar Bilder:

Größenvergleich:

Was ist geplant:
- Der Korpus muss im Bereich der Armauflage verkleinert werden (Armlehne vom Bürostuhl ist im Weg)
- Der Hals muss repariert werden (1. Bund neu). Alternativ denke ich über eine Kürzung um 1-2 Bünde nach, damit die Gitarre noch kompakter wird.

[helferlain]

Ein paar interessante Details während der Demontage.

Stimmmechaniken mit Saitenbefestigung (rot markiert):

Kopfende ohne Endstück:

Verarbeitung der Oberfläche. Die Radien und die Stirnseite sind gefühlt mit Korn 80 geschliffen und hatten noch nie Kontakt mit irgendeiner Art Versiegelung. Der Rest des Halses ist hauchdünn matt lackiert, das Griffbrett scheint ebenfalls nahezu unbehandelt zu sein. Also wird der gesamte Hals noch einmal geölt und gewachst.

[Titan-Jan]

Cooles Projekt!
Was ich jetzt noch nicht kapiert habe:
Hast du diese Bridge jetzt schon ersetzt? Oder hast du zufällig sowohl die Bridge als Einzelteil als auch verbaut auf einer Gitarre gefunden?

[helferlain]

Danke!

Tut mir leid für die Verwirrung. Ich habe eine Gitarre mit dem fertig verbauten Headless System gekauft.

Anbieter ist da derzeit nur Gear4music: https://www.gear4music.de/de/Gitarre-an ... Black/335Q

Auffallend an meinem Instrument bisher: alle maschinellen Arbeitsschritte der Serienfertigung , z.B. Fräsungen sind vernünftig ausgeführt. Die Tonabnehmer sind brauchbar, die Bünde sind (waren, s.u.) top eingepresst, die Lötarbeiten sind fehlerfrei, die Mechanik des Headless Systems schient auch gut durchdacht.

Aber alles was ein Gefühl für das Werkstück und Material beinhaltet, erfüllt noch nicht mal die Mindestanforderungen. Das Korpus Holz ist nicht vernünftig grundiert, es zeichnet sich im Stirnbereich die Maserung ab. Der Fehler am ersten Bund entpuppt sich als zu großzügige Schleifarbeit beim Abschrägen der Bundenden auf der Basseite des Griffbrettes. Bis zum 5. Bund ist da auch kräftig die Griffbrettkante abgeschrägt.

Nach dem Ziehen der betroffenen Bünde habe ich festgestellt, dass sich das Griffbrett selbst sehr rau anfühlt. Glücklicherweise hatte noch einen kompletten Satz Bunddraht in der Ersatzteilkiste. Also alle Bünde raus, Griffbrett schleifen. Dabei fiel auf, dass mein 16" Schleifklotz zuerst am Rand greift. Also ist werksseitig der Radius irgendwo zwischen 16+ Zoll und Flach. Es folgte das volle Schleifprogramm von grob bis 400, und nun hat das Griffbrett meinen bevorzugten 16" Radius.

Das Material selbst wird vom Hersteller als "Laminierte Pappel" bezeichnet. Es fällt mir schwer das optisch nachzuvollziehen. Nach kurzem googeln habe ich das Material bisher auch nur im Vertrieb von gear4music finden können. Die Fingernagelprobe wurde bestanden, das Schleifen geht trotzdem zügig voran. Ich werde zur Sicherheit eine Tube Sekundenkleber opfern und es abschließend damit versiegeln.

Da ich nun schon am schleifen bin, wurde die Rückseite des Mahagoni Halses ebenfalls überarbeitet. Jetzt habe ich dass Problem, das ich zur Oberflächenbehandlung nur ein Rest Holzöl habe, das nur über mehrere Wochen aushärtet und noch länger riecht. Das dauert mir zu lange. Extra etwas kaufen / bestellen möchte ich nicht. Dann gibt es noch eine 6 Jahre alte Flasche Titebond Holzleim, mal schauen ob sich das als Versiegelung verwenden lässt.

Es bleibt spannend ...

[helferlain]

Umbau abgeschlossen. Am Aufwändigsten war die komplette Überarbeitung des Halses, es hat sich aber auf jeden Fall gelohnt.

Der Korpus wurde im Bereich der Armauflage gekürzt und die Kante an der Rückseite des oberen Horns wurde abgeschrägt. Versiegelung / "Lackierung" erfolgte beim Korpus und beim kompletten Hals mit Sekundenkleber. Mit vernünftiger Belüftung geht das erstaunlich gut und vor allem schnell.

Einen Schönheitswettbewerb gewinne ich damit nicht, aber das Ziel einer Übungsgitarre für die Mittagspause, die sich bequem im Schrank verstauen lässt, wurde erreicht. Mit frischen Saiten und vernünftig eingestellt klingt sie auch am Verstärker gut. Die Headless Hardware, insbesondere die Verstellbarkeit der Saitenraiter, finde ich sehr gut konstruiert. Wäre schön diese Technik auch als Standard Brücke irgendwann zu sehen...