Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

Wie baue ich mir eine elektrische Gitarre?

Moderatoren: clonewood, wasduwolle

Antworten
Benutzeravatar
Arsen
Zargenbieger
Beiträge: 1632
Registriert: 22.05.2011, 20:43
Hat sich bedankt: 104 Mal
Danksagung erhalten: 76 Mal

Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#1

Beitrag von Arsen » 06.07.2019, 12:41

Hallo zusammen,

Ich habe das Gefühl, dass Pinch-Harmonics auf manchen Gitarren "besser" spielbar sind, als auf anderen Gitarren.
Damit meine ich Lautstärke und Klang / Qualität der Harmonics, aber auch wie leicht sie sich erzeugen lassen.

Deshalb frage ich mich schon länger, ob es eventuell konstruktive Merkmale gibt, die die Spielbarkeit von Pinch-Harmonics beeinflussen können.
Ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass meine Gitarre mit sehr steifem Hals (Bubinga + Wenge + Carbon + sehr dickes Griffbrett) schwächere Harmonics erzeugt als andere Gitarren die ich spiele... (think)
Gruß, Arsen

Benutzeravatar
thoto
Luthier
Beiträge: 3219
Registriert: 09.10.2013, 12:33
Wohnort: Braunschweig / Niedersachsen
Hat sich bedankt: 545 Mal
Danksagung erhalten: 525 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#2

Beitrag von thoto » 06.07.2019, 15:05

Eigentlich ist es nur die Technik.
Aber frische Saiten erzeugen bessere Harmonics, als alte.
Da der Flageolett-Punkt hinter dem Griffbrett liegen muss, damit man genügend Bewegungsfreiheit hat, könnte natürlich die Länge des Griffbretts entscheidend sein.

Aber ich merke eigentlich keinen Unterschied zwischen Strat und Les Paul bei Pinch Harmonics.

Interessante Frage!

Benutzeravatar
penfield
Luthier
Beiträge: 3430
Registriert: 27.11.2014, 14:38
Wohnort: Forest City
Hat sich bedankt: 93 Mal
Danksagung erhalten: 622 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#3

Beitrag von penfield » 06.07.2019, 19:24

Einfluss vom Griffbrett etc. kann ich mir nicht jetzt nicht vorstellen.
Schon eher die Saitenstärke, vielleicht die Pickups. (High Gain?)
Am Wichtigsten scheint mir aber, wie schon von Thoto angemerkt, die Spieltechnik.
SGmaster, Peacemaster 3P90, Double neck fretless/fretted,
Quickbird, Basslownia, FrameBird, Violin Bass Bausatz, Mystery Guitar, Semmelblonden JMs, Les Paulownia. Hab ausgemistet und eine Flying V begonnen, die liegt jetzt aber auch schon länger...

Benutzeravatar
bea
GBB.de-Inventar
Beiträge: 6002
Registriert: 06.05.2011, 11:28
Hat sich bedankt: 164 Mal
Danksagung erhalten: 376 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#4

Beitrag von bea » 06.07.2019, 23:29

Das ist doch eine spezielle Art und Weise, synthetische Flageolets zu erzeugen, nicht wahr?

Wenn ja, dann hat die Halssteifigkeit einen sehr merklichen Einfluss und damit indirekt auch das Griffbrett. Je steifer, desto ausgeprägtere Obertöne. Gitarren mit sehr dünnen Hälsen sind da im Nachteil. Aber es kommt wirklich auf die Gesamtkonstruktion an.

Auf 15er-Saiten sind Obertöne nicht so ausgeprägt wie auf 9ern. Dafür ist die Schwingung bei den fetten Saiten stabiler - und das erleichtert das Flageoletspiel ebenfalls. Weil meine Spieltechnik defizitär ist, kann ich sowas auf meinen Bässen leichter spielen als auf den Gitarren, und da am wenigsten auf den dünn besaiteten.

Ach so: Höhenblende leicht schließen, um das Anschlaggeräusch zu dämpfen.
LG

Beate

Benutzeravatar
Rallinger
Zargenbieger
Beiträge: 2424
Registriert: 27.02.2017, 12:05
Wohnort: Gröbenzell
Hat sich bedankt: 342 Mal
Danksagung erhalten: 693 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#5

Beitrag von Rallinger » 07.07.2019, 09:02

Schöne Frage, da kann man wunderbar spekulieren.

Ich könnte mir vorstellen dass die Mensur eine Rolle spielt. In dem Sinne dass die Sweet Spots bei einer Gitarre mit längerer Mensur leichter zu treffen sind. Beim Bass merke ich dass es zwar nur "den einen Punkt" für den Anschlag gibt, an dem der Oberton richtig schön steht, aber eben auch einen gewissen "Toleranzbereich". Und je länger die Mensur, desto größer ist auch dieser Toleranzbereich. Das widerspricht zwar ein wenig Thotos Aussage zum Thema Strat und Paula, aber da unterstelle ich jetzt mal zu meiner Ehrenrettung dass er einfach eine saugute Technik hat ;-)

Die Steifigkeit des Halses sollte sich eigentlich positiv auf die Entstehung von Obertönen auswirken.

Ein Faktor wäre ggf noch die Pickup-Höhe. Wenn die Klampfe mit Bubinga/Wenge/Carbon-Hals nur unbefriedigend Obertöne ausspuckt wäre es vielleicht einen Versuch wert, die Pickups etwas runterzuschrauben, damit die Saite freier schwingen kann ...

Benutzeravatar
thoto
Luthier
Beiträge: 3219
Registriert: 09.10.2013, 12:33
Wohnort: Braunschweig / Niedersachsen
Hat sich bedankt: 545 Mal
Danksagung erhalten: 525 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#6

Beitrag von thoto » 07.07.2019, 09:31

Also eine saugte Technik wäre das letzte, was man mir unterstellen kann.
Und die Harmonics kann man auch ohne Pickup-Umterstützung hören. Aber die ganze Verstärkerkette trägt schon wesentlich zur Einfachheit der Erzeugung bei, keine Frage.
Ich spiele seit einiger Zeit wieder dünne Saiten, um mir das Leben einfacher zu machen und weil ich höchstens mal Drop-D spiele, tiefer nicht.
Ich hätte jetzt vermutet, dass dünnere Saiten vorteilhafter wären, aber wen Bea das bei Bässen auch hinbekommt, wäre mensur und Saitenstärke eher egal.

Demnach wäre Halssteifigkeit eher ein Kandidat?

Benutzeravatar
Arsen
Zargenbieger
Beiträge: 1632
Registriert: 22.05.2011, 20:43
Hat sich bedankt: 104 Mal
Danksagung erhalten: 76 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#7

Beitrag von Arsen » 07.07.2019, 12:43

Danke für alle eure Beiträge! (dance a)

Zur Spieltechnik:
- Prinzipiell würde ich die bei wechselndem Instrument, aber dem selben Spieler als konstant ansehen.
- Was mir bisher aufgefallen ist, ist aber folgendes:
Es gibt schon auch Features an der Gitarre, die meine Spieltechnik für die Harmonics beeinflussen.
--> Carved- oder Flattop: Anderer Winkel des Unterarms & Ellenbogen zu den Saiten.
--> GB- und Brückenradius: Zugang zur einzelnen Saite

Mensur:
Dass der Toleranzbereich mit der Mensur größer wird, erscheint mir logisch - guter Punkt.

Halssteifigkeit, Saitedicke und -spannung:
Muss ich bei meinen verschiedenen Gitarren mal mehr darauf achten.

Pickup-Höhe:
Werde ich mal ausprobieren, hört sich logisch an.


Generell gibt es Gitarren die mehr oder weniger gut auf Harmonics anspringen, also auch auf Flageoletts.
Das macht sich vor allem im fünften Bund bemerkbar, am siebten und zwölften kommen sie meistens gut.
Also auch hier weitestgehend eine Frage der Halssteiffigkeit...? (think)
Gruß, Arsen

Benutzeravatar
bea
GBB.de-Inventar
Beiträge: 6002
Registriert: 06.05.2011, 11:28
Hat sich bedankt: 164 Mal
Danksagung erhalten: 376 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#8

Beitrag von bea » 07.07.2019, 13:08

Zur Beurteilung sollten man vor allem die weiteren Obertöne anregen, also um den 3. oder 4. Bund oder die diversen Obertöne zwischen dem 7. und dem 12. Bund.
LG

Beate

Benutzeravatar
thoto
Luthier
Beiträge: 3219
Registriert: 09.10.2013, 12:33
Wohnort: Braunschweig / Niedersachsen
Hat sich bedankt: 545 Mal
Danksagung erhalten: 525 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#9

Beitrag von thoto » 07.07.2019, 13:30

Ich habe gerade mal ein paar Gitarren trocken gestestet, also ohne Verstärkung.

Stahlsaitengitarre, alte Saiten (052-011), 642mm Mensur: schlechte Harmonics, dumpf
Strat, mittelneue Saiten (042-008), 646mm Mensur: Harmonics okay
Tokai LoveRock, neue Saiten (046-010), Mensur: 628mm: Harmonics klar und brillant,
Kindergitarre, mittelneue Saiten (040-007), Mensur: 550mm: schlechte Harmonics und schwer zu finden.

Ich würde die Theorie unterstützen, dass die Toleranz, Harmonics zu spielen mit der Mensurlänge steigt und neue Saiten bessere produzieren, als alte. Die Saitendicke scheint nicht so sehr entscheidend.
Aber besser wären natürlich Tests auf derselben Gitarre mit wechselnden Saitendicken und Alterungsgrad. Oder die gleichen Saiten auf verschiedene Gitarren bringen?

Edit: Gemeint sind hier: Pinch Harmonics, keine Flageoletts

Benutzeravatar
Rallinger
Zargenbieger
Beiträge: 2424
Registriert: 27.02.2017, 12:05
Wohnort: Gröbenzell
Hat sich bedankt: 342 Mal
Danksagung erhalten: 693 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#10

Beitrag von Rallinger » 07.07.2019, 14:53

Wenn du Obertöne pushen willst - egal mit welcher Spieltechnik sie erzeugt werden oder wie man sie nennen will - wär auch das Saitenmaterial einen Blick wert. Ich hab lange nur Nickels gespielt, bin aber vor inzwischen geraumer Zeit auf Stainless Steels umgestiegen. Die bringen in den Höhen einfach deutlich mehr "Knack".
Ich hab lieber einen brillanteren Saitenklang und dreh dann den Trebleregler zurück um sie zu zähmen. Klingt für meine Ohren runder.
Jedenfalls: Pinch-Harmonics sind auf dem Bass jetzt nicht so das Thema. Aber wenn du welche erzeugen willst, solltest du dir das Leben mit Stainless-Saiten erleichtern können. Einen Versuch ist es jedenfalls wert. Ich verwende die D'Addario Pro Steels.

Benutzeravatar
bea
GBB.de-Inventar
Beiträge: 6002
Registriert: 06.05.2011, 11:28
Hat sich bedankt: 164 Mal
Danksagung erhalten: 376 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#11

Beitrag von bea » 07.07.2019, 15:07

Hallo Ralf, wie Du drüben ja mitbekommen haben könntest, versuche ich mich ab und an mal an künstlichen Flageolets - und das trotz aller offenkundigen Nachteile sogar mit Halfrounds und White Tapes (wegen der geringeren Griffgeräusche) . Und es geht ganz gut, ist nur spieltechnisch anspruchsvoller. Pinch Harmonics sind wohl eher gitarrenspezifisch - mir geht es nur darum, dass es bei den physikalischen Voraussetzungen starke Überschneidungen geben dürfte.
LG

Beate

Benutzeravatar
Rallinger
Zargenbieger
Beiträge: 2424
Registriert: 27.02.2017, 12:05
Wohnort: Gröbenzell
Hat sich bedankt: 342 Mal
Danksagung erhalten: 693 Mal

Re: Konstruktive Voraussetzungen für Pinch-Harmonics

#12

Beitrag von Rallinger » 07.07.2019, 16:42

Drüben wo? Hör ich mir gerne an. Der Kommentar "wie man sie nennen will" war nicht auf dich bezogen, Bea. Ob man diese Töne nun Pinch-Harmonics oder künstliche Flageolets nennt, oder ob man sie mit Plektron oder à la Jaco Pastorius erzeugt. Letztlich geht's hier ja um "konstruktive Voraussetzungen" die diesen Zirpsound bei gleichzeitigem Abstoppen der Grundschwingung begünstigen. Den einen Punkt haben wir noch nicht gefunden. Aber ein Saitenmaterial das per se sehr starke Obertöne produziert ist sicher hilfreich. Dass man sich damit im Gegenzug wieder verstärkte Greifgeräusche einfängt ist richtig. Aber meistens ist es ja eh so, dass man irgendeinen Tod nunmal sterben muss ...

Antworten

Zurück zu „E-Gitarre“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 40 Gäste