Izou hat geschrieben:Du wirst mir sicher Recht geben, wenn ich sage, dass Nitrolack weicher ist als "normaler" 2K Lack, oder? Ferner hat nicht Nitrolack die Eigenschaft, durch die chemischen Verbindungen schneller mit anderen Stoffen zu reagieren? Und braucht nicht Nitrolack Monate um zu trocknen, während 2K-Lack schon nach wenigen Tagen trocken ist?
Nein, ich kann Dir in keinem Punkt Recht geben!
Erstens gibt es nicht "den Nitrolack" sondern unzählig verschiede Modifikationen davon. Da sind je nach Anwendungsanforderung Additive drin, also zusätzlich Weichmacher, Verzögerer, Füllstoffe, UV-Blocker, Farbstoffe, Harze usw.
Zweitens ist Nitrolack einer der am schnellsten trocknenden Lacke, das hat ihn ja so beliebt gemacht.
Drittens gibt es auch keine chemischen Reaktionen mit üblichen Lackiergünden wie Metall, Holz, Kunststoffe, Stein.
Was passieren kann, ist dass das enthaltene Lösungsmittel andere, als Grund ungeeignete Lacke anlöst - typisch bei Alkydharzlacken.
2K Lack härtet chemisch durch Polymerisation aus, also gleichmäßig durch die Schichtdicke und ist in der Regel nicht mehr anlösbar.
Nitrolack trocknet pysikalisch durch Verdunstung des Lösungsmittels. Also ungünstigerweise zuerst an der Oberfläche, das verzögert natürlich eine gleichmäßige Trocknung, deshalb werden auch nur dünne Schichten gespritzt. Wenn zu allem Überfluss der Untergrund saugend ist, wie bei allen Hölzern, dann wandert das Lösungsmittel in das Holz wie in einen Schwamm. Erle z.B. Kann das besonders gut. Dadurch sackt Nitrolack auch regelmäßig ein, wenn zu schnell zu viele Schichten ohne Zwischenschliffe gespritzt werden.
Deshalb wurde bei Fender früher (in den "Vintage Jahren") das Holz zu allererst versiegelt, mit einer nitroverdünnungsresistenten Beschichtung, namens Fullerplast und/oder Homoclad, darauf dann Nitrolack oder Acryllack (Dupli Color Autolacke) und zuletzt Nitroklarlack. Das ergibt insgesamt eine dicke Schicht, die dennoch schnell trocknete, weil man systematisch vorging, Es sparte dabei sogar noch Lack. Keine Massenhersteller von Gitarren kann es sich leisten, über Wochen Gitarren zum Trocknen aufzubewaren, das bindet enormes Kapital.
Izou hat geschrieben:Und wie viele Anläufe hast du gebraucht um ein erstes gutes Ergebnis zu erziehlen?
Eigentlich bloß einen. Zuerst als Azubi mal eine kleine Gleisbaumaschine in Nitrolack signalgelb, die war aber sehr fehlertolerant. Mit diesen Grundfertigkeiten dann einen Militär LKW im mattkhakigrün...ein Traum!
Dann Frontplatten und Verstärkergehäuse in mattschwarz, weiß und meßgeräteblau. Es folgten Kühlschränke, dutzende PKW's und dann endlich Gitarren. Da hatte ich dann einmal die Erfahrung mit dem nachsackenden Lack gemacht, nach bereits erfolgtem Feinschliff und Politur (weil ich es zu eilig hatte). Das war aber dank Nitrolack leicht zu beheben, weil es musste nur nachgeschliffen und noch einmal poliert (geschwabbelt) werden. ...Ach und eine Autolackierung habe ich vergeigt, weil ich bei 32°C Aussentemperatur lackieren wollte, das geht leider überhaupt nicht, der gesprühte Lack kam nur noch als "Pulver" am Blech an...
capricky