Ich will auch mal meinen Senf dazugeben, weil ich seit ein paar Tagen einen neuen Hobel habe.
Bisher war ich sehr glücklich mit meinen alten Stanleys. Ein etwa 120 Jahre alter No.4 und ein Einhand-Flachwinkler, ich glaube ein No.220. Beide noch mit ihren originalen Eisen, die sich wunderbar schärfen lassen, dafür die Scharfe aber nicht allzu lang halten.
Irgendwann ist noch ein weiterer No.4 dazugekommen, ein chinesischer Silverline. Der ist absoluter Schrott: Krumme Sohle, keine rechten Winkel zu den Seiten (die dazu noch ballig sind), wackeliger Frosch (weil nicht plangefräst, dafür aber dick lackiert) und überall scharfkantig weil nicht entgratet. Außerdem wackelige und schiefe Griffe, Schrauben, die nicht in ihre Gewinde passen und ein Spanbrecher, der Späne fängt, weil er nicht sauber auf dem Eisen aufliegt.
Für Hobel-Anfänger gilt also: lieber gebrauchte namhafte Marken kaufen, als für den gleichen Preis völlig untauglichen neuen China-Schrott, mit dem man niemals das Hobeln lernen wird.
Aber warum habe ich mir nun einen neuen Hobel gekauft, und das auch noch von einer Marke, die auch nicht gerade für ihre hohe Qualität bekannt ist?
Ganz einfach: So gut der Stanley 4er auch ist, er liegt mir schlecht in der Hand, genauso andere 4er Hobel in Standard-Bauweise. Meine Finger sind zwar schmal, aber lang. Und das sieht dann so aus:
Bei längeren Hobel-Sessions, wie z.B. Zargen und Böden dünner hobeln, gibts dann immer böse Hautabschürfungen und Blasen.
Also sollte etwas ganz Anderes her, wo meine Finger Platz haben. Im Auge hatte ich den Veritas-Flachwinkel-Putzhobel, der in etwa 4er Größe entspricht.
Und dann habe ich die Kunz "Plus"-Serie entdeckt, mit der Kunz weg vom Billig-Image und in die Oberklasse aufsteigen will. Und wo der 4er mit seinem kurzen Eisen und einem extra großen Griff wohl das ist, wonach ich suche.
Angeblich hat man bei Kunz die Konstruktion eines Hobels gründlich überdacht und vieles verbessert...
Also mal sehen, seit Freitag ist das Ding da. Und sieht auf den ersten Blick schon schick aus.
Erster Test: Meine rechte Hand passt
.
Na dann mal einstellen und loshobeln, soll ja "out of the box" nutzbar sein. Dazu muss der Frosch erstmal vieeeel weiter nach vorne. Und schon zeigt sich die erste Geschichte, die wohl doch nicht so ganz durchdacht ist: Der Frosch läuft nicht parallel zur Sohle, sondern in deutlichem Winkel. Verstelle ich den Frosch (mittels beiliegendem Inbus-Schlüssel) nach vorn, kommt das Eisen viel weiter heraus und man muss es zurückstellen, wodurch das Maul ja wieder größer wird. Also den Frosch noch weiter vor, das Eisen noch weiter zurück und so weiter und so fort... man muss sich an ein eng eingestelltes Maul mühsam herantasten.
Außerdem zeigt sich, als das Eisen weit hervorsteht, dass es mit Sicherheit nicht geschärft ist
. Na gut, dann eben alles auseinanderbauen. Klappenschraube (statt Stanley-üblichem) Exzenter gelöst und: Nanu, die Klappe geht nicht heraus. Schraube ganz herausgedreht und: Die zweite nicht zuende gedachte Geschichte. Die Klappenschraube ist innen hohl und sitzt über der Schraube, die Spanbrecher und Eisen zusammenhält.
Das spart zwar Platz, aber so lässt sich die Klappe nicht verschieben. Dazu muss auch die vordere Klappenschraube ´raus (Schlitzschraube, kein beiliegendes Werkzeug), das "Schlüsselloch" hätte man sich dann sparen können. Und so ist die Einstellung der Klappenspannung für die Katz´
.
Das Eisen sieht auf der Spiegelseite und auch auf der Fase so aus:
Was auch nervt: Es ist wirklich nichts entgratet, weder am Gusskörper noch an Frosch und Spanbrecher. Das garantiert blutige Finger.
Mein erster Gedanke: Zurückschicken.
Mein zweiter Gedanke dann aber: Die Basis ist brauchbar. Denn Pluspunkte gibt es auch: Die Sohle ist absolut eben, die Seiten rechtwinklig. Und die Eisen-Verstellung geht sehr feinfühlig und dabei auch leichtgängig. Also selbst überarbeiten.
Zuerst natürlich das Eisen. Erst die Spiegelseite,
dann die Fase. Und dann geschärft, danach alles zusammengebaut. Ein erster Span, dazu eine 3mm-Fichtenlatte am Messer entlang gezogen. Na, das ist doch was
.
Dann wieder alles zerlegt, rundum entgratet und auch den recht grob geratenen hinteren Griff ein wenig handschmeichlerischer gestaltet (wird noch geölt).
So sehen dann die ersten "richtigen" Späne aus:
Fazit: Der Kunz darf bleiben. Aber "out of the box" war er nicht benutzbar. Und "Oberklasse" sieht mMn. auch anders aus, immerhin werden hier etwa 175 Euronen aufgerufen. Außerdem scheinen die Ingenieure, die die "Verbesserungen" entwickelt haben, selber nie zu hobeln
, so manches ist leider nicht zuende gedacht. Und nichtmal eine Bedienungsanleitung liegt bei.
Aber mir ist hier nunmal das Wichtigste, dass mir das Ding gut in der Hand liegt.
Gruß
Markus