Um mal die Bodykontur als wesentlichen Punkt herauszugreifen: Man spricht ja auch von Tele-artigen. Eine Princess Isabella wird wohl niemand als Tele-Kopie ansehen, obschon die Grundform und fast alle wesentlichen Formelemente der Tele-Kontur wiederkehren. Wenn die Bodykontur direkt von einem Original übernommen oder nach einem genauen Plan gebaut ist, ist das für mich eine Kopie (erstmal nur der Bodyform). Ist die Form aus dem Gefühl heraus selbst gezeichnet, werden die Unterschiede offensichtlich, zumindest aber messbar sein. Wenn ich eine Original-Kontur hier und da retuschiere, wird ein klares Urteil problematischer; werden jedoch die tele-typischen kantigen Übergänge zu den Zargen markant verändert, ist das Ganze für mich kein Nachbau mehr. Selbst ein ziemlich originaler Tele-Body macht noch keinen Nachbau aus, wenn wesentliche Anbau- und Funktionsteile deutlich vom Tele-Stil abweichen (bspw. Bridge, Headstock). Da detaillierte Kriterien festzulegen, halte ich für müßig.
Letzten Endes wird jeder der gitarrenmäßig nicht Unbeleckten sich ein recht klares Urteil bilden können, ob ein zu bewertendes Projekt ein Nachbau ist oder als Eigenkreation durchgeht. Die oben erwähnte PRS-Strat ist für mich ganz klar kein Nachbau, sondern eine Strat-artige. Wenn jemand in der Kategoie 'Kopie' antritt mit einem Instrument, welches leicht erkennbare Unterschiede zum Original aufweist, hat er damit sicher weniger gute Karten als eine sehr exakte Kopie. In der Kategorie Eigenentwicklung sind natürlich ganz andere Kriterien wesentlich maßgeblicher, denn mit einer ziemlich exakten Tele-Kopie als Eigenentwicklung anzutreten wäre vermessen und würde auch bei höchster Qualität ein schlechtes Abschneiden, wenn nicht gar einen Ausschluss, bedeuten.
Also, ohne eine spezielle Kategorie 'Weiterentwicklung von Klassikern' haben Eigeninterpretationen von etablierten Modellen nicht die besten Voraussetzung Preise zu gewinnen. Man kann aber verständlicherweise nicht 50 Kategorien aufstellen, um jedermanns Vorlieben gerecht zu werden.