vor etwa einem Jahr bin ich umgezogen und habe nun endlich Platz für eine Werkstatt, die sich auch so nennen darf. Diese würde ich euch gerne mal hier vorstellen.
Vorher haben wir (zu fünft) auf ca. 60 qm gewohnt, mit einem ca. 6 qm "großen", feuchten Lagerraum im Keller und einem 2 qm Balkon, wo ich die meisten Bauangelegenheiten (v.a. Möbel, um die Wohnung auf den letzten cm auszureizen


Nebendran ist sogar noch ein kleiner weiterer Raum (ca. 9qm) der sich prima als Lager eignet. Dort ist noch das totale Chaos - daher gibt es davon keine Bilder

An dieser Seite der Werkstatt habe ich eine große French Cleat Wand befestigt, an der mittlerweile viel, aber bei weitem noch nicht alles hängt. Das System an sich ist super - leider ist es doch aber recht mühsam, für alle Werkzeuge Halter zu bauen. Dass man diese dann aber einfach überall hinhängen kann und auch mal mit in ein anderes Stockwerk oder den Garten mitnehmen kann, ist aber die Mühe wert. Seit ich die Wand hab, sind die Werkzeuge, die einen Halter haben immer aufgeräumt. Von den anderen spreche ich jetzt mal lieber nicht

Vor der French Cleat Wand steht eine uralte, sehr schlechte Hobelbank, die keine Zangen mehr hat und daher den Namen eigentlich nicht mehr verdient. Gegebenenfalls werde ich die mal austauschen, das ist aber nicht so dringend.
Links davon steht eine alte Schlosserwerkbank mit großem Schraubstock und einer Standbohrmaschine.
Oben drüber hängt unser alter Küchenoberschrank (aus Multiplex, sau schwer das Teil...) mit allerhand Kram drin, drauf und drunter. Die Makita Akku Werkzeuge und Akkus hängen in 3D gedruckten Aufnahmen, das ist wirklich sehr praktisch. Man kann alle einfach nach vorne rausziehen und sie sind immer griffbereit und nicht im Weg.
Der kleine Schaltschrank links am Ende der French Cleat Wand beherbergt einen Raspberry Pi mit Home Assistant - der übernimmt ein paar Aufgaben im Haus und - ganz wichtig - die Feuchtigkeitsregelung in der Werkstatt. Hierfür werden Innen- und Außentemperatur und -feuchte gemessen und bei Bedarf quergelüftet. Sollte das nicht reichen, geht das Fenster (gegenüber dieser Wand) zu und der Lüfter aus und ein Entfeuchter an. So schaffe ich es, den Entfeuchter meistens auszulassen und die Luftfeuchtigkeit trotzdem bei ca. 50-55% zu halten.
Das ist meine Tischkreissäge - eine Ulmia 1610, wie sie vermutlich viele hier kennen. Die Maschine ist ein absoluter Traum - zumindest, wenn man keine Gehrungen sägen möchte. Das habe ich einmal gemacht und mich dabei so unwohl gefühlt, dass ich das nicht noch einmal tun möchte. Glücklicherweise brauche ich das auch praktisch nie. Wenn doch, habe ich noch eine Bosch GTS 10 XC von einem Freund als Dauerleihgabe. Da die aber viel unsauberer schneidet, verwende ich die eigentlich nie.
Die Aufnahme links nimmt einen Schiebetisch auf, den habe ich nicht mitfotografiert. Kann ich aber gerne nachliefern, falls sich jemand dafür interessiert.
Rechts dahinter sieht man auch die Absaugung, eine in die Jahre gekommene Scheppach (Typ habe ich gerade nicht im Kopf) mit ca. 1000m³/h Volumenstrom. Den Spänesack, der eine wahre Feinstaubschleuder ist, habe ich entfernt und durch ein M5 Filtervlies ersetzt. Das ist sicher nicht perfekt, aber besser. In Zeiten von Corona ist die nächste FFP2 Maske ja eh nicht weit.
Da die Ulmia unter dem Tisch zu allen Seiten mehr oder weniger offen ist, hat die Absaugung bei mir aber nie wirklich gut funktioniert. Dem habe ich aber sehr simpel und schnell beikommen können: Das sind einfach ein paar Stücke Plexiglas, die ich mit (ausreichend Abstand zum Rand) mit 2min Epoxi auf die Einlegeplatte geklebt habe. Seitdem fliegt da nichts mehr durch die Gegend sondern landet alles im Staubsauger. Kann ich nur jedem empfehlen, der diese Maschine hat. Gehrungsschnitte gehen dann allerdings nicht mehr. Aber... siehe oben

Rechts neben der Kreissäge steht mein Neuzugang: eine Metabo 5378 Bandsäge, die ich für 50 € bei Kleinanzeigen erwerben durfte. Das war ein echter Glücksgriff! Viel kann ich noch nicht dazu sagen, weil ich noch nicht viel damit gesägt habe. Aber die 40 mm Mahagoni Treppenstufe (dazu kommt bei Gelegenheit ein Bauthread) hat die Säge nicht wirklich interessiert - ging durch wie Butter. Geschnitten mit einem uralten rostigen Sägeblatt

Rechts auf unserer alten Küchenarbeitsplatte steht mein 3D Drucker. Der ist nicht wirklich super, aber auch nicht ganz schlecht. Im Wesentlichen ein Ender-Klon, der aber seinen Job tut. Da ich keine dekorativen, sondern ausschließlich Funktionsteile drucke, stört mich das nicht, dass er tlw. nicht ganz so sauber arbeitet. Die meisten Teile sind sowas wie Saugadapter, Werkzeughalter und ähnliches. Da ich dem Ding nur bedingt über den Weg traue, läuft er nie unbeobachtet. Webcam und Rauchmelder passen immer auf

Gegenüber steht ein Kappsägenaufbau, den ich von einem Freund (der mit der Bosch TKS) geliehen bekommen habe. Er musste leider umziehen und hat im neuen zu Hause keinen Platz. Er war so nett, mich zu fragen, ob seine Maschinen so lange bei mir wohnen dürfen

Eine Kappsäge hätte ich mir sonst nie gekauft, möchte sie aber wirklich nicht mehr missen. Gerade für den Möbelbau extrem praktisch wenn man auf der TKS ein Längssägeblatt hat und auf der Kappsäge die Querschnitte machen kann.
Seit einiger Zeit kann ich mich glücklicher Besitzer einer "richtigen" Drehbank nennen. Vorher hatte ich eine kleine Proxxon, die zwar ihren Dienst getan hat, aber ein paar Gewichtsklassen unter der Leinen war

Diese Maschine wurde an einer Universität wegen Alter und nicht mehr erreichten Arbeitsschutzvorkehrungen ausgemustert und günstig verkauft. Der Zustand ist entsprechend gut, weil Uniwerkstätten weit weg von Serie arbeiten, dafür ihre Maschinen gut pflegen.
Mit dabei: 4-Backenfutter, 2x 3-Backenfutter, feststehende und mitlaufende Lünette, Spannzangensatz, Bohrfutter, ...
Die Maschine hat ca. 5.5 kW Antrieb und bringt knappe 500 kg Gewicht mit sich. Die in den Keller zu bringen war ein kleines Abenteuer

Die letzte Maschine, die noch erwähnenswert ist, ist meine neue CNC Fräse. Hier erstmal ein Bild von der Einhausung mit Steuerungsrechner. Die Einhausung ist einfach ein kleines Rahmengerüst mit OSB Verkleidung, sie erfüllt aber den Zweck: Staub aus der Werkstatt bleibt den Führungen und Spindeln fern, abbrechende Fräser fliegen mir nicht ins Auge und es geht deutlich leiser zu. Der Staubsauger ist tatsächlich der Grund, warum ich trotzdem einen Gehörschutz trage dabei.
Die Fräse ist ähnlich wie die von Michael Hayder von m-hoch-5 konstruiert. Die Tischachse (bei mir X) hat zwei Spindeln, die direkt über den Linearführungen sind. Im Vergleich zu dem typischen Portalfräsenaufbau mit Unterzug hat das den Vorteil, dass man das Kippmoment (Portalnicken) deutlich vermindert, sowie die Steifigkeit des Portals gegen Torsion (in der XY Ebene) erhöht. Für den Fall, dass einer der Motoren aussteigt, gibt es eine lose Zahnriemenkopplung am hinteren Ende der Kugelumlaufspindeln (sieht man nicht im Bild).
Das Portal und die Portalwangen sind aus 40er Alu (5083, plangefräst) und alle Führungsschienen bzw. deren -wagen sind vorgespannt. Auf der X- und Y-Achse gibt es pro Kugelumlaufspindel zwei Muttern, die sich mit Tellerfedern definiert gegeneinander verspannen lassen, sodass ich das Umkehrspiel einstellen/eliminieren/nachstellen kann. Auf der Z-Achse vertraue ich mal darauf, dass das Gewicht der Spindel als Vorspannung ausreicht

Die Motoren sind Closed-Loop Stepper von JMC mit je 3 Nm pro Motor. Eilgang in X und Y gehen bis 15 m/min, aber das fahre ich eigentlich nie. Mit ca. 760 mm x 440 mm x 125 mm Verfahrweg brauchts ja nicht so wahnsinnig schnell sein und fräsen tue ich eh nie schneller als 4 m/min.
Auf allen Achsen gibt es induktive Näherungsschalter als End- bzw. Referenzschalter. Wie genau die sind, habe ich noch nicht wirklich ausgemessen.
Die Frässpindel ist eine 2.2 kW luftgekühlte China-Spindel mit ER20 Aufnahme. Den Radiallüfter (bzw. die Sirene...) am oberen Wellenende habe ich demontiert und durch einen recht potenten, aber sehr(!) viel leiseren 48 V Lüfter ersetzt. Vorher war das nahezu unerträglich, der Spindel im Leerlauf zuzuhören.
Das ist jetzt eher eine etwas kurze Vorstellung eines Projekts, was sich über mehr als ein Jahr gezogen hat, bei Fragen kann ich da gerne mehr posten.
Soviel erstmal dazu.
Viele Grüße
Max