Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

wie und womit erreiche ich das gewünschten Finish?
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Julius347
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Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#1

Beitrag von Julius347 » 23.10.2023, 20:11

Hallo ihr Lieben,

ich bin gerade dabei für eine Freundin eine Akustikgitarre zu reparieren. Sie wurde anscheinend draußen mal auf dem Balkon vergessen, sodass sich danach das Griffbrett am Halsende gelöst hat. Leider war die Passform nicht mehr 100%ig gegeben, sodass ich den Spalt leider auffüllen und das Griffbrett entsprechend etwas anpassen musste. Mit der Schellackpolitur am Hals bin ich ehrlich gesagt schon recht zufrieden (Mein erstes Mal mehr oder weniger!). Dafür, dass ich fast die ganze Politur am Hals abgeschliffen hatte und die Schicht komplett neu aufgebaut habe, ist sie schön mir vorhanden Politur verschmolzen, sodass man gar keinen Übergang o.ä. wahrnimmt. So viel zum gelungenen Teil.

Leider habe ich aktuell Probleme mit der Auffrischung der Politur des Bodens. Die Politur ist auf der einen Seite klebrig, man sieht Schlieren, kleine Kratzer... wie gehe ich da am besten vor? Es ist die gleiche Politurmischung, die ich auch für den Hals benutzt habe (Deckpolitur Schellack im Verhältnis 1:3 + Tropfen Polieröl). Ich benutze einen Wollebausch, in den ich die Politur auftrage. Drumherum kommt ein Leinentuch und ggf. ein Tropfen Polieröl. Am Hals funktioniert es super, warum da nicht?! (think)

Über Feedback und Tipps würde ich mich sehr freuen!

Danke Euch!

Julius

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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#2

Beitrag von U. Fischer » 23.10.2023, 22:39

Vermutlich ist der Ballen zu nass. Du darfst erst wieder mit dem Ballen über die Oberfläche gehen wenn die Fläche nicht mehr klebt. Der Ballen darf dazu niemals stehen oder zu langsam geführt werden. Schlieren oder kleinere Kratzer sind kein Problem.
Ich gehe nach dem Aufbau wie folgt vor:
Polieröl abnehmen, mit Abziehpolitur, danach schleife ich mit sehr feinem Micromesh (2000 bis 10000), dann poliere ich mit dieser Politur bis die Fläche glänzt. Zur Kontrolle schaue ich, ob sich die Flasche in der Oberfläche spiegelt. Wenn ich die kleine Schrift lesen kann höre ich auf zu polieren. Die Politur heisst Scratch Remover 2 von Novus, der Tip stammt von Les Stansell. Bei Youtube hat er ein schönes Video dazu eingestellt.
Politur und Schellack.jpg
Lack2.jpg
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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#3

Beitrag von U. Fischer » 23.10.2023, 22:45


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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#4

Beitrag von Janis » 24.10.2023, 00:19

Hey Julius,
Schön, dass du dich der Gitarre annimmst! Auch wenn ich nicht verstehen kann, wie man eine Gitarre im Freien vergessen kann :oops:
Der Hals sieht wirklich schon mal gut aus. Ich habe die gleiche Erfahrung gemacht. Ballenauftrag, egal ob Holzsiegel oder Schellack, gelingt mir am Hals immer einfacher. Ich denke, durch die Kontur hat man eher ein gutes Verhältnis von Druck und Auftragsfläche. Aber wie @U. Fischer sagt und mit seiner Hammer-Politur zeigt, das bekommt man hin. 🙂
Ich finde das sieht auf den Bildern auch erstmal gar nicht soo böse aus. Starke Unebenheiten oder kreisförmige „aufgetürmte Wanderdünen“ sind deutlich nerviger.

Ich nehme an, diese Reaktion war beim ersten Kontakt oder hast du schon einige Schichten aufgetragen?
Bleibt es permanent klebrig?
Ich finde die Politur an sich schon herausfordernd, eine Reparatur birgt immer noch etwas mehr Unbekannte Faktoren.
Grundsätzlich, der Ballen darf nicht nass sein nur ganz ganz leicht feucht und die Bewegungen sollten immer gleichmäßig laufen. An einigen Reflexen wirkt es wie kreuzweise aufgetragen? Kreisende Bewegungen, eine 8 helfen, den Druck und die Geschwindigkeit konstant zu halten.
Eigentlich willst du ja, wenn ich es richtig verstehe hier nur noch glanzpolieren, also gar nicht mehr Schichten aufbauen, oder?
Ich würde erstmal abwarten, schauen ob es klebrig bleibt. Um die fehlerhaften Stellen besser zu fotografieren, halte am besten eine Lichtquelle direkt von oben drauf, so dass man die Schleier/ Kratzer schonungslos sieht.
Ich kann die Fotos mobil nicht wirklich ansehen, daher auch als letzter Tipp: lad sie direkt hier hoch.
Ich drück die Daumen, das wird schon werden!
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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#5

Beitrag von Julius347 » 24.10.2023, 14:20

Hallo, vielen Dank für Eure Beiträge und Tipps!

Ich vermute, dass ich die Politur "aufgerissen" habe. Wie gehe ich hier am besten vor? Die Politur plan "schleifen" oder gibt es noch eine andere Möglichkeit? Ich gehe davon aus, dass ich eine verhunzte Politur (mit Streifen, Schlieren, scheckig... etc.) nicht mehr schön poliert bekomme oder liege ich da falsch?
Oder ist es eventuell gar kein Schellack? :shock:

Danke Euch!

Julius

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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#6

Beitrag von Julius347 » 24.10.2023, 19:00

Fotos…
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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#7

Beitrag von Janis » 24.10.2023, 20:08

Puh ich kann’s nicht wirklich einschätzen! Manche Stellen sehen aus wie tiefe Kratzer oder Rillen, andere nur nach einem trüben Schleier. Fühlst du die Unebenheiten deutlich mit den Fingern?
Und was ist das denn genau für eine Gitarre? Schellack kenne ich nur von sehr alten oder sehr hochwertigen Instrumenten. Das Holz sieht hier auf jeden Fall nicht nach billiger Gitarre aus. Wenn der Alkohol den Lack wirklich anlöst, spricht das zwar für Schellack, andererseits habe ich auch schon Gitarren in der Hand gehalten, die durch den übereifrigen Putzversuch ihrer Besitzer mit Alkohol richtig stumpf waren, obwohl es definitiv keine Politur war. Ich meine auch, das man früher teilweise als letzte Schicht noch ein anderes, härteres Harz aufpoliert hat. Ob das jetzt so oder anders reagiert weiß ich allerdings nicht.
Wenn es ein wirklich altes hochwertiges Instrument ist, würde ich das mal von einem Meister begutachten lassen. Wenn du daran eh üben willst und es sich nicht mehr glatt polieren lässt, dann kannst du vorsichtig an bzw abschleifen und neu aufbauen. Bedenke dabei, die Poren sind, wenn es Schellack ist, vermutlich auch damit gefüllt, also aufpassen, dass du die Poren nicht freirubbelst.
Viele Grüße,
Jan

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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#8

Beitrag von U. Fischer » 24.10.2023, 22:09

Das ist genau der Grund, warum ich so arbeite wie oben beschrieben. Wenn ich die Fläche aufreisse oder Flusen und/oder Staub mit draufpoliert habe ist das kein Beinbruch, weil ich später glattschleife. Der Lack ist dann niveliert, matt, mit den immer feineren Papieren und der Politur bringe ich ihn später zum glänzen. Ich würde vorsichtig anschleifen und dann drüberpolieren. Aber nicht mit nassem Ballen, er sollte feucht sein. Beim Aufbau nehme ich Schellack und Alkohol im Verhältnis ca. 1:1.
Das sich Schellack mit irgendeinem Lack nicht verträgt, habe ich bisher noch nie erlebt. Gerade weil er sich z.B. auf Nitro oder Polyesterlacken auftragen lässt ist er bei mir Reparaturlack Nummer 1.
Du hättest die Probleme beim Halspolieren auch haben müssen, deshalb vermute ich, das der Ballen mittlerweile zu nass war.

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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#9

Beitrag von Janis » 25.10.2023, 00:13

Das ist interessant! Heißt das, du planst das Mattieren, feiner werdende Schleifen und anschließend Glanzpolieren fest ein oder ist das nur deine Lösung, falls es mal schief geht?
Ich schätzte Schellack grade weil man im Idealfall nach der Grundpolitur nicht mehr schleifen muss so sehr (whistle). So kenn ich das zumindest klassischer Weise.
Aber wenn ich mir deine Ergebnisse so anschaue und du das immer so machst, sollte ich die extra Meile vllt auch mal gehen.

Zum Mischungsverhältnis: setzt du die Stammlösung selber an? Das wäre ja für das 1:1 mischen für die deckschichten relevant.
Viele Grüße,
Jan

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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#10

Beitrag von U. Fischer » 25.10.2023, 01:01

Vihuela.jpg
Decke.jpg
Ja, genau so. Es gibt ja prinzipiell 2 Verfahren Lack aufzutragen, das Aufbauende und das Abbauende. Aufbauen heisst, hauchdünne Schichten auftragen bis man zufrieden ist. Abbauend bedeutet z.B. 15 Schichten Lack aufsprühen und 12 wieder herunterschleifen.
Ich mache eigentlich eher letzteres. Ein bisschen aus der Not geboren. In der Werkstatt ist es immer staubig, deshalb hatte ich immer das Problem die Oberfläche nicht optimal hinzubekommen. Wenn man mehr Schichten aufträgt und dann später herunterschleift und poliert ist es sicherer. Aber natürlich auch mehr Arbeit.
Zu Deiner Frage zurück: also eigentlich ja. Ging irgendwie immer schief. Aber so funktioniert es, zumindest bei mir und Les Stansell.
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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#11

Beitrag von Julius347 » 27.10.2023, 14:27

Hey! Danke für die Beiträge.

Eine Fehlerursache habe ich nun gefunden: Die Polierfläche bzw. mein Ballen war zu "trocken". Mit deutlich mehr Polieröl, bleibe ich nun nicht mehr "kleben". Ein weiterer Faktor könnte auch die geringe Raumtemperatur gewesen sein.

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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#12

Beitrag von Janis » 27.10.2023, 15:59

Erstmal schön, dass du eine mögliche Ursache finden konntest! Kriegst die Spuren noch raus oder hast du schon geschliffen?
Mich macht es etwas stutzig, dass du deutlich mehr Öl brauchst (think). Ich nehm für eine Korpusseite ein bis zwei nicht mal stecknadelkopfgroße Tropfen und das reicht eigentlich. Versteh mich nicht falsch, ich bin selbst kein Profi. Ich frage mich nur, ob der Fehler nicht in Technik oder Material liegt und er durch ordentlich Öl nur kompensiert wird. Tendenziell sollte der Ballen eher zu trocken als zu nass sein.
Ich würde vllt. nochmal die Einstellung der Politur (auch hier würde ich immer auf Verdacht dünner einstellen), die gleichmäßige Verteilung im Ballen und das Verhältnis von Druck und Auftragsgeschwindigkeit kontrollieren.
Vllt denke ich da aber auch zu kompliziert und jeder findet einfach seinen eigenen Weg, dann will ich nichts gesagt haben. (whistle)
Die Temperatur sollte tatsächlich nicht (weit) unter 20°C liegen.
Viel Erfolg weiterhin!
Viele Grüße,
Jan

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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#13

Beitrag von U. Fischer » 27.10.2023, 21:01

Wie auch immer, Hauptsache es funktioniert. Je mehr Öl Du nimmst, umso länger dauert die Trocknung. Ich habe ein Minivideo erstellt, polieren an einem Probestück. Ich habe hier extra gar kein Öl verwendet, der Ballen ist zu nass und normalerweise geht man nicht gleich wieder über die eben polierte Stelle. Bei schneller Bewegung klebt nichts, ausser später meinen Fingern.
Das Ergebnis ist schlierig, ich werde nach 2 Tagen nass schleifen und dann polieren. Das gibt dann noch ein kleines Video.
Die Politur eignet sich auch herrvorragend für Sattel und Stegeinlage, ist eigentlich für Plexiglas gedacht.
https://www.youtube.com/watch?v=NxEseCaVL8c
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Re: Hilfe bei Auffrischung der Schellackpolitur

#14

Beitrag von U. Fischer » 29.10.2023, 14:48

So, der Lack ist halbwegs getrocknet, reicht für eine Demo. Nachfolgend ein Bild, auf dem man die Schlieren besser sehen kann.
Dann 2 Videos, einmal vom Abschleifen des Lackes (Nassschleifpapier 600, dann 1200, Radiergummi als Schleifklotz, Wasser mit einem Tropfen Seife). Das 2.Video zeigt dann das Polieren des Lackes mit Novus Politur.
Das Holzstück im Video nehme ich immer mal wieder für kleine Demos, z.B. Löcher/Kratzer füllen mit Sekundenkleber etc.

Sieht hier alles easy aus, in der Realität ist das heftig Arbeit. Vollständig bei einer Gitarre dann so:
2x Grundieren mit sehr stark verdünntem Schellack, Pinselauftrag, leicht anschleifen
Poren füllen mit Schellack/Alkohol/Bimsmehl, Ballen, schleifen
7 Tage lang je 2x täglich Aufbau mit dem Ballen
3 Tage trocknen lassen, dann schleifen
3 Tage lang je 2x täglich Aufbau mit dem Ballen
3 Tage trocknen lassen, dann schleifen
3 Wochen trocknen lassen
7 Tage lang je 2x täglich Polieren
https://www.youtube.com/watch?v=Yn2suxbR0l0
https://www.youtube.com/watch?v=gVrdxI70PQU
fertiges Probestueck.jpg
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