Reparatur Cuatro

[glambfmbasdler]

Patient: Cuatro 5chörig, Mensur irgendwo zwischen 510 und 520 mm.
Symptome: Intonationsprobleme (insbesondere im 1. Bund), Stimmung hält nicht, Kabel klappern, evtl. Hals verzogen.
Im Vorfeld hat sich bereits herausgestellt, dass sich der Steg löst.

Steg mit entspannten Saiten. Dazu später (s.u.) mehr.

Kabel gebündelt und mit Silikon an die Decke geklebt ...

.. hält natürlich nicht.

Der Hals sieht auf dem Bild schlimmer aus, als er ist. Griffbrett fällt ab dem Halsübergang zum Steg hin ab, was nicht weiter problematisch sein sollte. Die leichte Biegung vor dem Halsübergang wirkt sich mit Lineal über die Bünde gemessen kaum aus. Max. 1/10 mm Luft bei zwei Bünden.

Der erste Bund sieht schon mit bloßem Auge verdächtig lang aus.

Der 5. und 6. Bund sehen verdächtig gleich aus. (s.u. mehr)

Und los gehts.

Zunächst wird erst mal alles abgebaut.

Dann wird erst mal der Steg vollständig abgelöst. Meine 3. Hand: eine Gitarrensaite, leicht unter Spannung.

Spachtel aufheizen..

.. und unter den Steg schieben.

Viel Nachhilfe braucht es nicht.

[glambfmbasdler]

Die Sperrholzdecke hat die erste Schicht, z.T. die zweite, schon abgegeben.

Am Steg, und auf der Decke sieht man auch gleich die vermutliche Ursache für die Ablösung: schlechte Verleimung wegen Lackrand.

Der Steg ist auch schon durchgebogen.

Weiter zur Bundierung.

Abstand vom Sattel zur Mitte des 12. Bunddrahtes deutet auf eine Mensur von 516 -517 mm hin. Die Abstände zwischen den Bünden, besonders in den unteren Lagen sind leicht abenteuerlich. Der erste Bund liegt um 1 mm daneben, Bund 5 und 6 sind gleich groß u.a.

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Tatsächlich hat Bundierung die größte Annäherung an eine Mensur von 516 ...

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... oder 517 mm. Richtig passen tut jedoch nix.

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So sehen die Differenzen aus, wenn ich von einer Mensur von 517 mm ausgehe.

Für die Verkürzung des ersten Bundes werde ich den Sattel ca 1 mm übers Griffbrett ziehen.
Nach meiner Einschätzung werden weiterhin die Bünde 3, 5 und 8 eine Korrektur brauchen und evtl auch Nr. 2.
Habt ihr andere Vorschläge??


Die Decke im Bereich des Stegs muss wieder verfüllt werden. Da ich schlechte Erfahrungen mit "Steg auf Spachtel leimen" habe (die Spachtel hat gehalten, aber der Leim nicht auf der Spachtel), tentiere ich zu einem Steg mit Pins, um die Zugbelastung von der Leimfuge unter die Decke zu verlagern.
Dazu habe ich gleich mal die Beleistung auf der Decke markiert.

Sstarke Taschenlampe in den Korpus. Licht aus und Leisten anzeichnen.

Die Pins des mittleren Saitenpaares müssten etwas zur Seite verschoben werden, damit die Leiste nicht angebohrt wird. Die Bohrung für das PU-Kabel hat eh schon eine Leiste erwischt.

[glambfmbasdler]

Für die Verkürzung des ersten Bundes werde ich den Sattel ca 1 mm übers Griffbrett ziehen.

Das ist natürlich Blödsinn. Dann würden sämtliche anderen Bundabstände ja nicht mehr stimmen. Da hab ich mich kurz von der Aussicht, auch gleich den Spalt vor dem Griffbrett zu überdecken, leiten lassen.

[Poldi]

Wieder mal ein absolut interessanter Thread von dir. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

[glambfmbasdler]

Heute hab ich mal schnell den Steg geschnitzt.

Der neue Steg wird geringfügig größer als der alte, damit die Ränder der gespachtelten (kommt noch) Leimfläche überdeckt werden.

Die Kompensation übernehme ich vom alten Steg. Die Steigung beträgt ca 2 mm auf 70mm. Ich muss den Rohling leicht schräg in die Fräslade klemmen, da diese für eine Steigung 3/70 ausgelegt ist.

Nach dem Fräsen der Nut und Bohren der Pinlöcher hoble ich den Boden schräg (nachträglich gemessen ca 1,5 - 2°), damit die Stegeinlage eine Neigung nach hinten kriegt.

Dann werden die Flügel angschliffen. Um das einigermaßen gerade hinzukriegen benutze ich einen Klotz als Gegenlager zur Schleifwalze. Der Klotz hat an der Unterseite eine Moosgummiauflage, damit er (trotz Festhalten) nicht so leicht verrutscht.

Dann wird auch die Oberseite noch nach hinten abfallend gehobelt.

Erstmal fertig.

Wenn der Steg positioniert ist, liegt die Mitte der Einlage auf 520 mm, das sind bei einer Mensur von 517mm 3 mm Grundkompensation. Sollte reichen.

[penfield]

Sehr anschaulich.
Du solltest ein Lehrbuch verfassen.

[glambfmbasdler]

Die Bindings müssen erst mal runter.

Dann entferne ich erstmal die Bünde, die korrigiert werden müssen, und entferne den losen Schmodder aus den Nuten.

Dann drücke ich Leim in die Nut ...

.. bestreiche ich Furnierstreifen mit Leim und drücke sie in die Nut.

Die Überstände werden ...

.. abgeschnitten.

Damit auch keine kleinen Spalten bleiben, drücke ich dann noch Holzkitt mit einer Spachtel in die ggf. vorhandenen Fugen.

Dann wird noch der Lackrand entfernt.

[glambfmbasdler]

Heute sind die Mechaniken und Rosetten angekommen. Die Rosette schneide ich gleich mal zurecht. Mal sehen, ob ich sie versenke oder aufleime. Ich tendiere fast zum Aufleimen (sie ist nur 0,8 mm dick), da ich die Nut sonst komplett freihändig herstellen müsste. Ein Ausrutscher - und Lackieren ist auch noch fällig.

Dann gehts weiter mit den Bünden. Ich zeichne zunächst mal die Mittelachse an, damit ich den Anschlag zum Sägen sauber ausrichten kann.

Mit Hilfe einer Leiste spanne ich einen kleinen Anschlagwinkel aufs Griffbrett. Der 90°-Anschlag kann natürlich nicht genutzt werden.

Dann wird der Bundschlitz mit Tiefenanschlag gesägt.

So funktioniert das Ausrichten. Ach ja - die anderen 3 Bünde in diesem Bereich habe ich auch entfernt. Das erleichtert die Arbeit

Die neuen Schlitze sind gesägt. Den Sattel habe ich inzwischen auch entfernt. Der war auch leicht schräg drauf.

Zum Abschluss hab ich heute noch die Decke gespachtelt.

[glambfmbasdler]

Die überstehende gehärtete Spachtelmasse wird erstmal grob mit der Ziehklinge abgezogen. Das Kreppband dient als Frühwarnsystem, wenn ich mit der Klinge zu tief komme.

Die Feinheiten erledige ich mit der Schneide eines Beitels.

Trotz Vorsicht, läßt es sich nicht vermeiden, dass der umliegende Lack leicht in Mitleidenschaft gezogen wird, deswegen vereinfache ich die Sache und schleife alles mit dem Klotz ab.

Nachdem ich jetzt den Lack eh wieder irgendwie aufbrezeln muss, fräse ich auch gleich noch eine Vertiefung für die Rosette.

Auch hier arbeite ich wieder mit dem Beitel nach. Insbesondere die Kanten müssen noch ordentlich abgestochen werden.

Die Rosette leime ich mit Hautleim ein. Sie wird erstmal mit Kreppband fixiert und dann mit Beilage und Zwingen vorsichtig eingepresst.

[glambfmbasdler]

Mit der Zentrierspitze des 5er Bohrers markiere ich die Löcher ...

... und bohre die Pin-Löcher mit einem 4er Bohrer. Sie werden später konisch aufgerieben. Ich hätte sie auch später bohren können, aber ich brauche sie als "Kontrollfenster" fürs Einleimen der Deckenverstärkung in diesem Bereich.

Da das Schallloch viel zu klein für meine Hände ist, baue ich für die Aktion ein kleines Hilfswerkzeug. Das Stegfutter wird aus zwei Teilen, jeweils links und rechts von der mittleren Fächerleiste, bestehen. Die Teile werden mit Teppichklebeband auf den kleinen Querriegel geklebt, beleimt, unter der Decke ausgerichtet und dann per Hebel von unten an die Decke gepresst.

Ein Klotz auf dem Boden sorgt für die richtige höhe des Hebels.

Erste Verstärkung ausgerichtet ...

... Hebel auf Zug bringen ....

... und fixieren.

Und dasselbe Spiel mit der zweiten Hälfte des Stegfutters.

Dann wird noch der Steg aufgeleimt

[thoto]

Was ist denn das für Spachtelmasse?

[glambfmbasdler]

Was ist denn das für Spachtelmasse?

https://www.bormawachs.com/dettaglio_ne ... 0XX&cat1=1

[thoto]

Ach, danke, und der hält den Saitenzug nachher aus? Oder schleifst du noch bis aufs Holz?

[glambfmbasdler]

Ach, danke, und der hält den Saitenzug nachher aus? Oder schleifst du noch bis aufs Holz?

Bis aufs Holz schleifen geht nicht, sonst bin ich ja wieder runter bis auf/unter die zweite Sperrholzschicht. Deswegen hab ich ja einen Pin-Steg gebaut und ein Stegfutter untergeleimt. Da wirkt der Zug zum größten Teil auf die Decke und nicht auf die Leimfuge.

Mit dieser Spachtelmasse hab ich mal eine Klassikgitarre (auch den Steg) repariert. Nach ca 6 Monaten hat sich der Steg wieder abgelöst. Die Spachtelmasse hatte gehalten, aber der Leim auf der Oberfläche nicht. Hab das dann nochmal mit Sekundenkleber gefixt - seitdem hält das Teil.

[glambfmbasdler]

Der Steg ist verleimt. Die Bohrungen werden mit der Reibahle passend aufgerieben.

Die Bindings am Griffbrett werden aufgeleimt und an Hals und Griffbrett angepasst.

Weiter mit der Bundierung. Hier mein Tang-Nipper mit Feilen-Bedienung.

Die Bünde werden abgerichtet...

... und mit dem Fret-Rocker überprüft.

Das Griffbrett wird abgeklebt, ...

... die Kronen geschwärzt und verrundet, danach noch mit Schleifleinen und Schleifvlies weiter bearbeitet.

Zum Schluss wird noch der Sattel aufgeklebt. Die alten Mechaniken habe ich inzwischen entfernt. Sie hatten z.T. großes Spiel im Getriebe.

[glambfmbasdler]

Der Lack ist aufgehübscht mit Danish Oil.

Griffbrett gölt mit Mohn-/Orangenöl-Mix.

Mechaniken sind bereits montiert.

Die Buchse wird mit Hilfe eines 6mm Rundstabes eingefädelt.

Kabel sind verstaut.

Die alte Kunsstoff-Stegeinlage habe ich durch einen Knochensattel ersetzt. Saiten sind drauf, Materialbox ist leer - FERTIG.

https://youtu.be/EBt6jYkX8P8

[Poldi]

Das hat sich ja mal wirklich gelohnt.
Danke auch für den ausführlichen Bericht

[penfield]

Wie immer super Arbeit und lehrreich sowieso. Danke.

[Drifter]

Unheimlich spannend und lehrreich.

Was hast Du den für Mechaniken genommen? Wieder die originalen?

lG

Norbert

[glambfmbasdler]

Was hast Du den für Mechaniken genommen? Wieder die originalen?

Es sind "Der Jung"-Mechaniken von MGP.

[ArminSchwerdt]

Hallo Edi,

das sieht alles nach echt sauberer Arbeit an meinem Cuatro aus und ich freue mich bereits darauf, endlich wieder das Gerät in Händen zu halten und spielen zu dürfen.

Ich bin begeistert, was Du aus der alten Sperrholzkiste gemacht hast. Herzlichen Dank vorab!


Herzliche Grüße
Armin

[glambfmbasdler]

Ein paar Wochen hat der Steg gehalten, dann lag das Cuatro wieder auf meiner Werkbank. Die Spachtel hatte gehalten, aber die nächste Schicht der Sperrholzdecke hat nachgegeben.
Also - Steg entfernt (musste nicht mal erwärmt werden), Reste der aufgerissenen Sperrholzschicht abgeschabt und, um eventuelle Reste der Leimschicht weg zu kriegen, auch noch die Oberfläche der nächsten Schicht.

Damit war die Decke an dieser Stelle dann noch ca 1,5 mm stark und aus der nächsten Schicht bröckelten bereits wieder Späne.Um an der Decke ordentlich arbeiten zu können, war jetzt das Entfernen des Bodens unumgänglich.

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Die Originalbeleistung. Ist das geplante Asymmetrie oder einfach schlampig? Bei den mittleren drei Leisten wurde entweder am Leim oder/und am Druck gespart. Der Leistenbruch wegen der PiezoBohrung ist mit Sicherheit nicht so geplant gewesen. Die bei der ersten Reparaturaktion eingeleimten Verstärkungen sind hier bereits entfernt.

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Die Verarbeitung im Inneren ist insgesamt nicht auf Sichtbarkeit ausgelegt. ;) Und ich mach mir schon einen Kopf, wenn ich die Leisten mal nur mit 80er Körnung bearbeite.

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Ich habe den gesamten Steg unterfüttert, die mittleren Leisten ersetzt, die Bohrung für den Piezoanschluß dabei ausgespart und, um das Drehmoment an der Vorderkante des Stegs abzufangen, eine Querleiste eingeleimt.

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Außerdem habe ich alle Leisten ausgefedert, um der jezt recht stabilen Decke (hoffentlich) wieder ein bisschen Schwingungsfreudigkeit zurück zu geben.

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Da ich dem Verbund der Decke überhaupt nicht mehr über den Weg traue, habe ich Steg und Stegfutter noch mit 2 Schrauben verbunden. Die bessere Stelle wäre hierfür eigentlich weiter hinten am Steg gewesen, aber da hat der Steg zu wenig Fleisch, so dass die Schraubenköpfe sichtbar geblieben wären.

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Dann wird die Kiste wieder zugeleimt. Ich möchte fast behaupten, dass sie noch nie so gut verleimt war. :)

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Die Schraubenköpfe verdekce ich mit Perlmutt-Dots.

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Die Binding-Nut bearbeite ich mit Stechbeitel und Feile nach. Zum Biegen der engen Radien verwende ich den Heißluftföhn und eine Isolierbandspule.

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Dann wird das Teil geschliffen und wieder lackiert.

Der Test verlief auf jeden Fall erstmal positiv. Jezt bleibt nur zu hoffen, dass der Steg diesmal hält.
https://youtu.be/HVQ7YSWsVfs