Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

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Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#1

Beitrag von Stratitis » 29.11.2020, 13:24

Hallo,
ich bin mir nicht im Klaren darüber, mit welcher Methode ich gelockerte Frets wieder im Griffbrett fest bekomme, aber auch im Reparaturfall wieder herausziehen kann, ohne das Griffbrett zu sehr zu zerstören. In den Fällen, wo Festklopfen mit dem Kunststoffhammer nicht dauerhaft geholfen hat (das war leider die Mehrheit der Fälle), fühlte ich mich genötigt, mit einem ungutem Gefühl Cyanoacrylatkleber zur verwenden. Bekommt man den Kleber durch Erhitzen des Frets mit einem Lötkolben so weich gekocht, daß man den Fret ohne Griffbrett-Zerstörung heraus bekommt? Oder wäre die Verwendung von Fisch/Knochenleim besser (ich wollte halt die lange Zwingzeit vermeiden).

Ich meine in einem Video von PRS gesehen zu haben, daß dort die Frets bei der Erstmontage eingeklebt wurden.

Andererseits finde ich folgendes Zitat auf der Webseite von Lakewood:
"Bunddraht wird nicht eingeklebt, da man ihn zu Servicezwecken entnehmen können muss, ohne das Griffbrett zu zerstören."
https://www.lakewood-guitars.de/faq_top ... ,q=geklebt

Ich stelle die Frage "Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?" daher ganz bewußt nur an die professionellen und semi-professionellen Gitarrenbauer bzw. sehr erfahrenen User hier im Forum.
Antworten bitte mit Bezug auf die erfolgreiche Wieder-Entnahme der Frets!

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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#2

Beitrag von capricky » 29.11.2020, 14:33

Superkleber ist seit Jahrzehneten ein gestandener und bewährter Zauberstoff zur Lösung auch dieses Problems.
Lakewood ist berüchtigt für wunderliche statements. 8)

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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#3

Beitrag von Sven » 29.11.2020, 14:55

Ich selbst klebe Bunddraht nie ein. Denn wie sollen die auch von selbst herausfallen, wenn ich schon einen Hammer brauche, um sie reinzuschlagen? ;-)
Wenn der Schlitz aber bereits ausgeleiert ist, ist das ein ganz andere Sache. Die von dir erwähnten Klebstoffe können alle mit Hitze gelöst werden, mit unterschiedlichem Aufwand. Entweder mit dem Bügeleisen über alle Bundstäbchen gehen, oder, wenn es nur ein einzelnes sein soll, mit dem Lötkolben erhitzen.
Um das Bundstäbchen dann aus dem Schlitz zu bekommen, kannst du Deinen Bunddrahtschneider nehmen, denn die Schneide hat an der Außenseite keine Fase. Damit kommst du seitlich unter die Krone des Bundstäbchens. Wichtig ist es, langsam zu arbeiten. Das hatte bei mir am Besten funktioniert.
Um nochmal auf die Frage des Klebers zurückzukommen. Wenn du kleben willst oder sogar musst, dann wirst du mit Fischleim wahrscheinlich am besten fahren, denn der lässt sich mit Hitze am leichtesten wieder lösen. Aber auch das Griffbrettholz selbst kann eine Rolle spielen, bei der Entscheidung, welchen Kleber du nimmst, denn der Klebstoff/Leim kann zu ungewünschen Verfärbungen führen. Am besten an einem Stück Verschnittholz ausprobieren.
Ach ja. Wenn du Bundstäbchen austauschen willst/musst und nicht weißt, ob und mit welchem Kleber sie fixiert wurden, dann kannst du sie heiß machen und daran riechen. Die verscheidenen Kleber haben jeweils einen eigenen Geruch.

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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#4

Beitrag von Stratitis » 29.11.2020, 16:46

Ich vermute mal, Cyanoacrylatkleber schmilzt bei etwa ähnlichen Temperaturen wie ein eventuell vorhandenes Griffbrettbinding.
Sollte man bei vorhandenem Griffbrettbinding dann besser Fischleim verwenden, oder besteht auch bei CA-Kleber keine Gefahr für das Binding beim "Freibrennen" mit dem Lötkolben?

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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#5

Beitrag von hatta » 29.11.2020, 17:29

Ich hab bisher nur Fischleim genommen bei einer Neubundierung und einmal als ich eine Bundierung vergeigt hatte und 80% nochmal ziehen musste. Weiters bei meiner T-Style an der ich komischerweise Probleme beim Bundieren hatte 🤦🏿‍♂️
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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#6

Beitrag von jhg » 29.11.2020, 18:34

Ich klebe Bunddraht in der Regel auch nicht ein. Bei den meisten Neubundierungen war das auch nicht nötig. Man merkt das ja beim Einsetzen der Bünde, ob die ordentlich klemmen oder nicht. In den Fällen, wo du Schlitze ausgelutscht waren habe ich CA verwendet. Der löst sich auch wunderbar wenn man ihn heiß macht mit dem Lötkolben - also von daher unkritisch. Bei einem neuen Instrument halte ich Kleber auf für überflüssig - man sollte eben die richtige Kombination von Bunddraht zu Schlitz verwenden.
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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#7

Beitrag von Stratitis » 30.11.2020, 19:38

Danke für Eure Anworten.

Zum aktuellen Reparaturfall:
Der 1. Fret hatte etwa 12" Radius, das Griffbret nur 10", daher hatte er ziemlich viel Spannung im eingebauten Zustand, und sich im Laufe der Zeit einseitig "befreit". Da er sich nicht im Griffbrett auf Griffbrettradius dengeln ließ, habe ich ihn komplett ausgebaut. Ging ganz gut mit der Lötkolben-Methode raus, Stück für Stück ganz langsam, immer wieder zwischendurch nachgeheizt. Gezogen habe ich ihn mit einem Elektronik-Seitenschneider ohne seitliche Fase. Vom Griffbrettholz ist nur ganz wenig weggesplittert, ließ sich durch CA-Kleber-Holzschleifstaub wieder gut auffüllen. Klebstoff wurde offenbar bei der Erstmontage nicht verwendet, die Nut war eigentlich komplett frei, und am Fret keinerlei Ablagerungen.

Habe dann den Fret auf Griffbrettradius nachgebogen und mit Fischleim wieder reingehämmert und mit Zwinge fixiert.

Vorher habe ich alle anderen lockeren Frets von Rand her mit CA-Kleber fixiert (ließ sich durch pulsierenden Druck auf den jeweiligen Fret gut in den Spalt "einmassieren"). Diese Frets hatten sich einseitig nur 1-2/10 mm aus dem Griffbrett herausgedrückt, waren auf der jeweils anderen Seite aber noch fest.

Bin gespannt, ob damit das Saitenscheppern auf etwa dem halben Griffbett verschwunden ist (morgen werde ich es sehen, bzw. hören).
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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#8

Beitrag von Herr Dalbergia » 01.12.2020, 07:34

Dein Bunddraht muss einen kleineren radius haben als das Griffbrett.
Dazu muss er perfekt gelichmäßig vorgebogen werden, vorzugsweise auf einem Fret Bender.

Bei Reps wenn Bünde getauscht werden hämmer ich sie ein, dann presse ich sie alle nach unten mit einem Jig, dann wird wässriger Sekundi von der seite reinlaufen gelaseen, dann passt das.

Wenn ich selber baue, ist das nicht nötig ;)
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Re: Frage an die Gitarrenbauer: Frets/Bunddrähte einkleben - ja oder nein?

#9

Beitrag von Stratitis » 01.12.2020, 19:43

Ja, Frets fixieren hat leider nur teilweise geholfen, mußte aber sein. Habe die Frets (hauptsächlich #2 bis ca #8) auch noch abrichten müssen, da der neu gesetzte (#1) einige 1/10 mm tiefer im Griffbrett sitzt, als die restlichen. Hätte ich beim Einkleben besser aufpassen und vielleicht doch nicht bis zum Anschlag eindrücken sollen.
End-Kontrolle mit Aluschiene und Fret-Rocker war OK.

Tendenziell ist das Saitenschnarren etwas besser geworden, aber immer noch inakzeptabel (ist mehr Sitar-Sound als echtes hartes Saiten-Schnarren). Betroffen sind hauptsächlich die Bünde 1-12, darüber ist es eigentlich OK

Der Hals ist leicht konkav eingestellt (0,3-0,4mm), Saitenlage 12. Bund E: 1.6mm e: 1,4mm.
Habe irgendwie die T-O-M-Brücke oder das Stop-Tail-Piece in Verdacht, nachdem es der Sattel nicht sein kann (ausgebaut, kontrolliert, wieder eingeklebt, Saiten mit Fingernagel fest in Nut eingedrückt, Sitargeräusch bleibt). Habe auch schon versucht, eventuell lose Saitenreiter, Schrauben und Federdraht an der Brücke mit dem Finger anzudrücken, aber das Geräusch ändert sich nicht...

Mehr Halskrümmung hat das Problem wie zu erwarten nur auf die Bünde >12 verlagert, und höhere Saitenlage hilft nur begrenzt, bevor die Klampfe schlecht bespielbar wird. Jetzt bleibt noch andere Saiten zu testen.

Eigentlich stelle ich bei meinen Klampfen den Hals fast gerade ein und 1,6mm Saitenlage als Standard.
Manchmal reicht das aber offenbar nicht...

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