Hallo zusammen,
heute ist mir eine hübsche kleine Gitarre vermutlich aus den zwanziger Jahren zugelaufen. Ich wollte das eigentlich nach meinem letzten Projekt https://www.gitarrebassbau.de/viewtopi ... 14#p160614 nicht mehr machen. Jetzt hat es mich aber doch wieder erwischt.
Aber nachdem ich damit die Corona-Zeit im März 2020 begonnen hatte wäre es sehr schön, sie so auch zu beenden.
Bestimmt würde ich jetzt vieles besser machen.
Einiges ist zu tun. Vielleicht habt ihr ja den einen oder anderen Rat.
Die Bünde sind alle schlecht erneuert gewesen und mittlerweile entfernt. Die Decke ist leider ziemlich krumm.
Hat jemand Erfahrung damit, eine Decke wieder gerade zu bekommen? Irgendwo habe ich hier malwas dazu gelesen.
Zagen und Boden sind auch sehr hübschem Riegelahorn. Die Decke ist sehr matt. Wurde sie wohl mal abgeschliffen oder der Schellack entfernt?
Die Mechaniken scheinen mit echten Knochenachsen gemacht zu sein.
Leider sind die Leisten im Inneren lose.
Außerdem hat der Hals hinten einen Riss.
Der dürfte aber unproblematisch zu richten sein.
Meint ihr man kann so ein altes schiefes Griffbrett einfach neu bindigeren und entsprechend abrichten?
Neben dem Griffbrett ist wie auf beiden Seiten ein langer Riss, den ich von unten mit Patches reparieren würde. Zuletzt waren leider Stahlseiten aufgezogen.
Den Boden würde ich wahrscheinlich abnehmen um die Beleistung zu reparieren beziehungsweise neu zu konzipieren. Es ist aber nicht ganz erkennbar, ob die dort ausgeführten Reparaturen wirklich mit reversiblen Leim gemacht waren. Armin Dreyer hatte mir vor einiger Zeit für die alte Gitarre meines Vaters eine neue Beleistung gemacht, die den Klang sehr verbesserte. Hat jemand eine Adresse, wo ich eine Anleitung für eine selbst konzipierte Fächerbelastung finde? Im Moment hat die Gitarre einen Leiterbeleistung
Ich werde mich wieder melden. Und ich freue mich natürlich auf Rückmeldung von euch.
Achso: es geht nicht um eine historische Restauration sondern um ein Wiederherstellung der Spielbarkeit inklusive Klangverbesserung und natürlich Bundreinheit - für Ausflüge oder auf der Arbeit. Ich würde Nylonsaiten aufziehen.
kleine Parlorgitarre richten
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Re: kleine Parlorgitarre richten
Moin,
Schönes Projekt, wenn auch sehr arbeitsintensiv.
"Gerade" sind die Decken akustischer Gitarren üblicherweise nicht sondern weisen eine Wölbung auf.
Du fertigst also neue Leisten mit adäquater Wölbung an, sofern die alten nicht mehr zu retten sind. Stellst eine gute Kontaktfläche her, entfernst also das ganze oxidierte, schmutzige und mit Kleberresten verseuchte Material bis runter auf das "frische" Holz. Für das Verleimen wird in der Regel ein Wölbungsstock (=Schüssel) verwendet, in welchem die Decke liegt, während die Beleistung mithilfe von z.b. Karbonleisten hineingepresst wird. Einfach mal "Himmelbett" in diesem Zisammenhang googeln, das macht es verständlicher. Im Bereich unterhalb des Griffbrettes solltest du möglichste gerade, ungewölbte Leisten verwenden, der Deckenteil oberhalb des Schalllochs ist nämlich in der Regel flach. Vielleicht macht es an dieser Stelle sogar Sinn den gesamten Deckenteil unterm Griffbrett mit Fichte zu unterfüttern, die Fasern sollten im 90° Winkel zu den Deckenfasern stehen - die Risse hier sind wirklich ungünstig. Unter Saitenzug tendiert die ganze Decke eh schon dazu in das Schallloch zu kollabieren, die Risse sind also kräftetechnisch an einem äußerst ungünstigen Punkt.
Zur Beleistung werden dir andere hier sicher weiterhelfen können, oder du schaust dir halt einfach ein paar Beispiele an und "konzipierst" frei Schnauze
Schönes Projekt, wenn auch sehr arbeitsintensiv.
Die beiden Punkte gehören offensichtlich zusammen, genau wie dieser:
Den Boden ab zu nehmen ist hier m.M.n. eine gute Idee - sofern du kein Arsenal von weitausladenden Zwingen aufweist- und wird dir sicher viel nervige Fummelarbeit ersparen. Beachte allerdings: Dieser Schritt bedeutet auch, dass du später ein neues Binding machen musst. Und die Wahrscheinlichkeit, dass der Boden zickig sein wird, sich verzieht und keine Lust hat wieder auf den Korpus zurückzukehren ist ziemlich groß.
"Gerade" sind die Decken akustischer Gitarren üblicherweise nicht sondern weisen eine Wölbung auf.
Du fertigst also neue Leisten mit adäquater Wölbung an, sofern die alten nicht mehr zu retten sind. Stellst eine gute Kontaktfläche her, entfernst also das ganze oxidierte, schmutzige und mit Kleberresten verseuchte Material bis runter auf das "frische" Holz. Für das Verleimen wird in der Regel ein Wölbungsstock (=Schüssel) verwendet, in welchem die Decke liegt, während die Beleistung mithilfe von z.b. Karbonleisten hineingepresst wird. Einfach mal "Himmelbett" in diesem Zisammenhang googeln, das macht es verständlicher. Im Bereich unterhalb des Griffbrettes solltest du möglichste gerade, ungewölbte Leisten verwenden, der Deckenteil oberhalb des Schalllochs ist nämlich in der Regel flach. Vielleicht macht es an dieser Stelle sogar Sinn den gesamten Deckenteil unterm Griffbrett mit Fichte zu unterfüttern, die Fasern sollten im 90° Winkel zu den Deckenfasern stehen - die Risse hier sind wirklich ungünstig. Unter Saitenzug tendiert die ganze Decke eh schon dazu in das Schallloch zu kollabieren, die Risse sind also kräftetechnisch an einem äußerst ungünstigen Punkt.
Mir fehlt jetzt eine Gesamtaufnahme vom Griffbrett, aber es wirkt so als sei es verdreht. Wenn das stimmt sollte das Griffbrett an sich abgerichtet werden. Da es schwarz geheizt ist, wird dabei die Natufarbe des Holzes wieder rauskommen (vermutlich Ahorn).
Zur Beleistung werden dir andere hier sicher weiterhelfen können, oder du schaust dir halt einfach ein paar Beispiele an und "konzipierst" frei Schnauze
Aktuell:
Meine bisherigen Projekte:
Eigenwillig und elektrisch
Parlor Nr.1 (Nylon)
Parlor Nr.2 (Steelstring)
Superstrat im Naturlook
Wieder klein und nussig: Parlor Nr.3
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Re: kleine Parlorgitarre richten
Oh Mann, ich habe es befürchtet.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Ja die Decke scheint tatsächlich zum Schallloch hin einigesackt zu sein.
Das hilft mir schon sehr weiter. Vor Herbst wird es dann aber vermutlich nichts.
Vielleicht bleibe ich auch doch beim Ladder bracing. Dann kann ich es mit meinen alten Tools (Magnet, Spannvorrichtung, Luftkissen) von oben herrichten. Die Decke war offensichtlich schon mal unten und ich bin mir nicht so ganz sicher, mit was sie wieder geschlossen wurde. Schön ist, dass es außer dem Riss am Griffbrett und am Hals gar keine Risse gibt.
Im Anhang noch mehr Bilder…
Vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Ja die Decke scheint tatsächlich zum Schallloch hin einigesackt zu sein.
Das hilft mir schon sehr weiter. Vor Herbst wird es dann aber vermutlich nichts.
Vielleicht bleibe ich auch doch beim Ladder bracing. Dann kann ich es mit meinen alten Tools (Magnet, Spannvorrichtung, Luftkissen) von oben herrichten. Die Decke war offensichtlich schon mal unten und ich bin mir nicht so ganz sicher, mit was sie wieder geschlossen wurde. Schön ist, dass es außer dem Riss am Griffbrett und am Hals gar keine Risse gibt.
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Re: kleine Parlorgitarre richten
Schlichter Gedanke: Wenn ich die Decke von innen bedampfe und erwärme und dann mit einem Luftkissen spanne, könnte das klappen? Es wär halt eine echt sehr einfache Lösung... Könnte das klappen? Oder ich installiere eine Art Stimmstock. Das hatte ich bei meinem letzten Projekt auch zwischenzeitlich gemacht und ich hab auch schon solche Reparaturen gesehen.
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