The Grebe...

Sonstige Saiteninstrumente wie Ukulelen, Mandolinen ... auch elektrische

Moderator: jhg

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The Grebe...

#1

Beitrag von bea » 30.06.2016, 00:21

hatte vor einigen Jahren ein älter britischer Geigenbauer, der sich auf E-Violinen spezialisiert hatte, seine Skelettgeige genannt. Vor mittlerweile auch schon 13 Jahren hatte ich ein ganz ähnliche Idee und traute mich, sie auch umzusetzen, als ich das Bild jenes Instruments fand. Die Geige selbst dürften einige ja kennen - sie ist im Nachbarforum mein Avatarbild. Als Hommage an das Vorbild hat sie den gleichen Namen: The Grebe.

Seit nunmehr auch schon 5 Jahren ist sie nicht mehr spielbar :-(
Zu den Ursachen gibt es bei Nachbars eine Diskussion: http://www.gearbuilder.de/fn/viewtopic.php?f=6&t=1607

Zusammengefasst: der Hals und der Halsklotz müssen ausgebaut werden, der Halsklotz muss vermutlich ersetzt und dabei vergrößert. Leider hatte ich lange Zeit viel Streß und andere Projekte waren wichtiger. Aber jetzt endlich kann ich auch hier beginnen.

Hier mal das Schadensbild:
DSC_3168.2.JPG
Vorher noch den Wirbelkasten fertig ausstechen - auch da wurde in China geschludert.
DSC_3170.2.JPG
Und jetzt nach und nach den Boden entfernen - ein altes angeschliffenen Fischmesser und ein nicht ganz so antiker Fön, Bj 1975, 500W - machen da einen guten Job.
DSC_3173.2.JPG
DSC_3174.2.JPG
DSC_3175.2.JPG
LG

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Re: The Grebe...

#2

Beitrag von bea » 30.06.2016, 00:32

Weiter gehts...

Die Decke ist ab und leider auch in Stücken. Bei diesem Holz ein Wunder, dass es nicht schlimmer kam.
DSC_3177.2.JPG
Hier mal der Schaden und die Flickspuren.
DSC_3179.2.JPG
DSC_3181.2.JPG
Zum Abschluß des Tages habe ich die Bruchstücke wieder zusammengefügt.
DSC_3184.2.JPG
LG

Beate

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Re: The Grebe...

#3

Beitrag von bea » 05.07.2016, 01:32

So nach und nach füge ich die Bruchstücke wieder zusammen. Immer schon brav ein Teil aufleimen und mindestens einen halben Tag in den Zwingen, damit der Leim trocknet.

Auch so ein Projekt der totalen Unvernunft ... eine billigst-China-Deko-Geige, unspielbar, chemisch stinkend, gruseliges Material (weiches Sperrholz, das bei jedem Huster auseinander fliegt), noch gruseligere Verarbeitung. Bei jeder Modifikation ein bisschen mehr auseinanderfallend. Aber schon beeindruckend, was man trotzdem mit so einem Ding erzielen kann.

Mal sehen, ob ich sie heile zusammen bekomme. So ganz einfach und selbstverständlich ist das diesmal nicht :-(
LG

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Re: The Grebe...

#4

Beitrag von bea » 29.07.2016, 01:43

Bevor es weitergeht, hole ich mal auch hier die Baudoku nach, die ich bei Nachbars gerade wiederhergestellt habe.

Es begann mit einer Billigst-Deko Geige, irgendwie zusammengeschustert von chinesischen Arbeitssklaven.

Bild

Auffallend war vor allem der üble Geruch nach einem undefinierbaren Chemikalien-Cocktail. Ein Test des originalen Tons förderte Schreckliches zu Tage - es kam nicht mehr als ein ziemlich dumpfes Krächzen heraus. Jede schlecht eingestellte quäksige Schülergeige klingt im Vergleich hervorragend. Also sind keine Skrupel notwendig, die Decke aufzusägen.

Bild

Griffbrett entfernt. Es war mit schultafellackähnlicher Farbe geschwärzt. Als nächstes wird die Decke abgelöst.

Bild

Das Geheimnis des schlechten Klangs: Bassbalken in der Mitte, Stimmstock irgendwo, nur nicht dort, wo er hinsoll. Man beachte die Dimensionen der beiden Endklötze. Angesichts dieses Befundes spielte es schon keine Rolle mehr, dass auch die Furnierpresse zu heiß war und das Holz versengt hatte.

Jetzt also mit der Laubsäge die Decke aussägen.

Bild

Und die beiden Balken einleimen. Die Rundung der Oberkante hatte ich vorher von der Decke abgenommen.

Bild

Dabei natürlich noch die Endklötze anpassen.

Bild

Decke drauf, Boden ab...

Bild

... und diesen aussägen.

Bild

Jezt ist die stinkende Farbe endlich ab (und die Nacht herum). Im Hintergrund übrigens der V-Bass vor dem endgültigen Formen des Halses - eines der wenigen Bilder, das etwas vom Bau dieses Instruments zeigt.

Bild

Zusammenbau, erste klangliche Abstimmung. Die Mühe hat sich gelohnt, die Violine machte sofort Spaß.

Bild

Bild

Eine erste Schicht Schellack-Mattierung. Verwendet habe ich Clou Schellackmattierung, die ich von meinen Eltern "geerbt" hatte.

Bild

Vor diesem Bild liegen etliche Stunden Feintuning - Verbesserung der Mattierung, besseres Einpassen der Wirbel (lässt immer noch zu wünschen übrig), Steg einschneiden, Zusatzmassen am Zargenkranz gegen unerwünschte Resonanzen und auch schon erste Reparaturarbeiten wegen der problematischen Halsbefestigung.

Bild

Einen Tonabnehmer besitzt sie inzwischen auch, aber ohne Elektronik klingt sie leider doch so dünn wie meine Yamaha SV-120 trotz Elektronik.

Bild
LG

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Re: The Grebe...

#5

Beitrag von bea » 29.07.2016, 02:12

Weiter im Text.

Beim Abnehmen der Decke hat es dieses Mal ziemlich viel Bruch gegeben, den ich so nach und nach zusammenleimen durfte. Es ist mir auch fast ordentlich gelungen.


Bild

Bild


Einen neuen Halsklotz anfertigen... Weil ich noch so schöne Reste Erle vom Goldbass über hatte und Erle so angenehm zu bearbeiten ist, also Erle. Leicht auf Übermaß gefertigt und zwischen die Balken eingepasst; das Übermaß habe ich an den beiden Ahornbalken weggenommen. So herum fand ich es am einfachsten.

Bild

Weil in der Geige so eng ist, musste ich die Leimzwinge mit einer Schraubzwinge zusammenziehen und auch sonst ein wenig kreativ mit Klemmhilfen umgehen. Morgen früh düfen sie ab. Dann muss gleich die eine Zarge wieder angeleimt werden. Der Hals saß eigentlich in einem V-Ausschnitt. Den musste ich beim Auseinandernehmen wegsägen. Sobald klar ist, dass der Halswinkel stimmt (er ist in den Halsfuß eingebaut und sollte eigentlich korrekt sein, aber man weiß ja nie...), werde ich noch zwei Keile einpassen, das V wiederherstellen und alles sauber verputzen, soweit möglich.

Der Schellack hat über die Jahre kräftig Staub eingefangen. Mal sehen, ob ich ihn wieder sauber bekomme.
LG

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Re: The Grebe...

#6

Beitrag von Poldi » 29.07.2016, 05:17

Ich hab zwar keine Ahnung von Geigen aber das was Du da zeigst sieht schon ganz gut aus.

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Re: The Grebe...

#7

Beitrag von thoto » 29.07.2016, 12:17

Vielen Dank für diese Einblicke, ich habe auch keine Ahnung, aber interessant ist es alle Mal.

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Re: The Grebe...

#8

Beitrag von bea » 01.08.2016, 11:38

Als nächstes muss der Hals eingepasst werden. Also Halzklotz egalisieren, dann mit mit Schnitzbeitel, Schneiderkreide und noch mehr Ruhe alle Flächen Flächen des Halsfußes und des Oberklotzes plan und möglichst genau angleichen und dabei den Halswinkel einstellen (hoffentlich korrekt...). Weil ich den alten Oberklotz mit der Säge entfernen musste, mussten die schrägen Flanken nachgebildet werden. Zwei Schnitze Apfel von einem Griffbrettrohling.
DSC_3202.JPG
Beim Anpassen der Leimflächen habe ich natürlich zu viel Material weggenommen. :-( Also mit zwei Lagen Furnier auffüttern und den Hals einpassen. Hier muss sehr behutsam gearbeitet werden; ein paar hundertstel mm beinflussen die Position des Halses merklich. Bei einem fertigen Instrument hat man eher weniger Toleranz als bei einem Neubau.
DSC_3205.JPG
Verleimen. Obewohl der Hals trocken gut passte, habe ich es nicht ganz so genau hinbekommen wie erhofft. Es kann sein, dass ich den Steg etwas höherlegen muss. Mal sehen, vielleicht habe ich ja Glück. Wenn die Leimfuge belastbar ist, muss ich den Halsfuß nochmals egalisieren (Abschleifen). Dann kann der "Boden" drauf.
DSC_3206.JPG
DSC_3207.JPG
LG

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Re: The Grebe...

#9

Beitrag von Haddock » 01.08.2016, 12:42

Hallo Bea,

ist nich mein Gebiet, aber schaut schon nach einem heftigen Umbau aus. Toll!

Gruss
Urs

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Re: The Grebe...

#10

Beitrag von bea » 02.08.2016, 23:01

Ein Umbau ist es eigentlich nicht, eher eine Reparatur. Aber sie greift schon ziemlich tief in die Substanz ein. Trotzdem Danke!

Leider steht mir noch ein weiterer Neck-Reset bevor. Beim Sorgenkind. Das wird, fürchte ich, nochmal ne Nummer schwieriger werden.

So, und jetzt gehts weiter im Text. Die beiden Halsklötze plan schleifen, Bodenring aufleimen. Vor allem am Oberklotz ist eine große Auflagefläche sowohl des Plättchens als auch der Platte am Hals erforderlich. Diese Verbindung trägt wesentlich zur Stabilität dieser Halsverbindung bei.
DSC_3209.JPG
Bilder des üblichen Schraubzwingengebirges...
DSC_3210.JPG
Leider gibt es hier ein Problem. Mangels genügender Anzahl Zwingen konnte ich diese Lücke nicht schließen. Da muss ich nachträglich ran. Es sollte aber möglich sein, Leim in die Fuge zu geben und sie zusammenzuziehen.
DSC_3211.JPG
LG

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Re: The Grebe...

#11

Beitrag von bea » 04.08.2016, 22:53

Alles verleimt, Finish aufgehübscht. Erster Eindruck: sie ist wieder stabil.
Halswinkel in korrekter Größenordnung.
DSC_3214.JPG
DSC_3215.JPG
LG

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Re: The Grebe...

#12

Beitrag von bea » 23.08.2016, 23:57

Heute habe ich die Saiten aufgezogen. Vorher noch die Silber-Umspinnung der G- und der D-Saite deoxidiert. Zum Glück sind das Kunststoffsaiten. Man kann sie gemeinsam mit einem Stück Alu(folie) in heißes Salzwasser legen. Nach dem ersten Mal waren die Saiten noch ein wenig scheckig, daher Wiederholung.

Bild

Sie Saitenlange ist viel zu gering. Es wäre auch ein seltener Zufall gewesen, wenn die Saitenlage genau passend zum alten Steg herausgekommen wäre. Jetzt muss ich das Instrument mal für einige Tage an die Saitenspannung anpassen. Erst dann kann man sicher sagen, um wieviel höher der Steg werden muss (wies aussieht 1-2 mm). Abweichen von der reinen Lehre denke ich übrigens daran, den Steg einfach mit ein wenig Furnier zu unterfüttern.

Bild

Bild

Und natürlich konnt eich es nicht lassen, sie anzuspielen. Im ersten Moment enttäuschend. Nasal, dünn, tot. Ach so, der Stimmstock fehlt - auch diese Konstruktion benötigt ja eine Stimme.

Bild

Mal grob in eine halbwegs sinnvolle Position gebracht. Genauer lohnt nicht, solange die Saitenlage noch zu flach ist. Aber das klingt schan ganz anders, fast wie in alten Zeiten.
LG

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Re: The Grebe...

#13

Beitrag von bea » 07.12.2017, 20:34

Eigentlich ....

wollte ich ja nur einen kleinen Buffer für den Piezo bauen und dann mal versuchen, mit meinen Bodentreter-Equalizer einen vernünftigen Ton hinzubiegen. Oder meiner anderen E-Geige, einer Yamaha SV-120 einen vernünftigen Klang anzuerziehen. Für beide (sie klingen tendentiell ähnlich) wünscht man sich Wissen über den "Frequenzgang" eines Geigenkorpus. Dessen Resonanzen beeinflussen den Ton. Bei den E-Geigen fehlen sie natürlich und der Piezo reicht treu und brav das dünne Klangbild des Instruments an den Verstärker weiter.

Für beide Instrumente liegen erste Erfahrungen zur Entzerrung vor: ohne ein Tiefpass erster Ordnung mit einer Übergangsfrequenz von 400 Hz klingt es einfach nur schrecklich. Aber auch das lässt Wünsche offen...

Hier finden sich Meßergebnisse (und glücklicherweise gibt es die Seite noch!) http://newt.phys.unsw.edu.au/jw/violintro.html

Da wird auf ein Spektrogramm zweier eingespielter höherwertiger Violinen im Nahfeld verwiesen. Bei billigeren Instrumenten ist entspr. einer im Artikel referenzierten Studie der Einbruch nahe 800 Hz praktisch nicht vorhanden.

Bild

Was man da sieht, beunruhigt mich doch ein wenig: einen leicht abfallenden Frequenzgang, garniert mit zwei gewaltigen Resonanzen: dem Peak von 30 dB (!) um die 300-400 Hz und dem ähnlich starken Einbruch bei der Oktave darüber.

Hier nochmal was:

http://www.kreitpatrick.com/

Bild

Und hier weitere Messungen, nicht nur an Violinen; ziemlich weit hinten ein über 60 Instrumente gemittelter Schrieb:

http://www.zweisteintrading.eu/ViolinAc ... nghoff.pdf

Konsistent und wohl klanglich entscheidend ist die Helmholtz-Resonanz und die nächst höheren Moden des Korpus.
Ein ziemlich komplexe Angelegenheit, an die ich und wohl nur schrittweise herankomme.
LG

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