Meine erste Akustik-Gitarre

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Moderator: jhg

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Meine erste Akustik-Gitarre

#1

Beitrag von KNGuitars » 24.06.2021, 09:51

Nach nun schon einigen gelungenen E-Gitarren versuche ich meinen Horizont etwas zu erweitern.

meine nächste gitarre soll eine Akustik-gitarre werden. nur fehlt es mir hier noch an theorie und praxis.
ok, die praxis wird sich nicht großartig von e-gitarren unterscheiden, aber die theorie macht mir kopfzerbrechen.

meine vorstellungen:

Korpusform: Parlor mit F-löchern.
flaches top
Zargen und boden laminiert.
keine tonabnehmer

die größten kopfschmerzen hab ich bezüglich des klanges. bei den e-gitarren macht 90% der tonabnehmer, und wenn der klang nicht passt dreht man halt am verstärker rum. wenn der klang einer Akustik-gitarre nicht passt ist sie brennholz (etwas überspitzt formuliert)

nun mal meine frage vorab:
krieg ich mit F-löchern einen brauchbaren klang hin? vor allem mit flachem top (akustik-gitarren mit flachem top und f-löchern scheinen fast nicht gebaut zu werden). dann noch in kombination mit dem kleinen korpus. und dann noch sperrholz-zargen und boden ... also alles andere als ideale faktoren :lol:

meine lieblings-akustik ist eine "gretsch jim dandy" (billige sperrholz-parlor gitarre), die klingt zwar im vergleich zu einer dreadnought oder jumbo wie ein schuhkarton mit saiten, aber lässt sich aufgrund des kleinen korpus halt extrem leicht spielen.

bei akustik-gitarren gibts ja so viele dinge die theoretisch den klang beeinflussen, auf was muss ich besonders wertlegen?

vielleicht könnt ihr mir den ein oder anderen tip geben um den bau in die richtige richtung zu lenken (whistle)

... ich erwarte jetzt nicht dass meine 1. akustik ein top instrument wird, bei den e-gitarren sind auch einige im ofen gelandet bis mal was halbwegs brauchbares rausgekommen ist :lol:
lg klaus

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Re: Meine erste Akustik-Gitarre

#2

Beitrag von Gerhard » 24.06.2021, 10:18

KNGuitars hat geschrieben:
24.06.2021, 09:51
die größten kopfschmerzen hab ich bezüglich des klanges.
Willkommen.. in der Welt der Mutmaßungen und Rätselraterei.
Mein Tip vorab: Wenn du ein brauchbares Instrument bauen willst, baue erstmal nach einem bewährten Rezept. Dann, wenn du die Techniken gelernt hast, kannst du dir ein eigenes Konzept zurechtdenken.
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Re: Meine erste Akustik-Gitarre

#3

Beitrag von Düsentrieb » 24.06.2021, 11:00

Vorab: Ich bin weit davon entfernt hier den Experten spielen zu wollen, ich geb vor allem Privatüberzeugungen und Bücherwissen wieder. Aber noch vor Material und Modell würd ich den Spieler als maßgeblichen Faktor für den Klang beurteilen. Mark Knopfler klingt sicher auch noch brauchbar mit nem Schuhkarton ;)

Zu den Fragen bezüglich Modell/Material: Es schwirren so viele teilweise konträre Meinungen im Akustikgitarrenbau herum, was z.b. No-gos in Bezug auf Beleistung, Hals-Korpusverbindung, Schallochpositionierung, Material etc. angeht. Entsprechend werden am laufenden Band toll klingende und stabile Instrumente gebaut, die sich komplementär unterscheiden. Meine Schlussfolgerung ist, dass man da sehr entspannt rangehen kann und sich aus den Lagern wild bedienen kann. Gerhards Rat, mit Altbewährten zu beginnen stimme ich zu, falls du vorhast mehr als nur ein Instrument zu bauen und entsprechend Erfahrungen sammeln möchtest, deine Traumgitarre halt noch warten kann. Wenn es bei der einen speziellen Parlor bleiben soll (an dem Punkt war ich vor meinem ersten Bau), versteh ich nicht warum du erstmal etwas völlig anderes bauen solltest.
Genug Palaver, konkreter zu einigen deiner Bedenken:
Laminierte Zargen werden von einigen Herstellern zur Zeit richtig gefeiert und massiven Zargen ob ihrer Steifheit vorgezogen.
Ein kleiner Korpus klingt erstmals nicht besser oder schlechter, sondern hat andere Grundeigenschaften als ein großer. Aber das spielt ja nur auf der Ebene des persönlichen Geschmacks eine Rolle.
Die F-Löcher ziehen Implikationen für die Beleistung nach sich, da wirst du halt erfinderisch sein müssen damit alles stabil ist. Aber wir haben hier ja genug Experten, die deinen Bauplan bereitwillig auf Herz und Zargen prüfen werden.

Soviel erdtmal von mir, ich freu mich auf den Baubericht!
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Re: Meine erste Akustik-Gitarre

#4

Beitrag von jhg » 24.06.2021, 14:21

Die F-Löcher werden dir vor allem mit einer herkömmlichen X-Beleistung in die Quere kommen. Deswegen landest du dann eher bei einer V-Beleistung. Die wiederum ergibt eine andere statische und klangliche Konstellation für die Decke.
Das Problem bei eher "experimentellen" Deckenkonstruktionen ist, dass sie sich klanglich noch weniger vorhersagen lassen wie eine normale Beleistung.
Also der Witz ist bei einem Nachbau mit bewährten Mustern und Abmessungen, dass man hinterher so ungefähr dahin kommt, was das Vorbild klanglich hergibt.
Alles Andere ist ein Experiment bei dem du frühestens nach dem Schließen der Schachtel einen klanglichen Eindruck bekommst, wenn du die Decke (richtig) abklopfst - und das auch nur, wenn du ungefähr weißt, wie sich das anhören sollte.

Herzlich willkommen in der wunderbaren Welt der akustischen Gitarren!
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Re: Meine erste Akustik-Gitarre

#5

Beitrag von ValentinS » 24.06.2021, 16:25

Ich habe mir viele Gedanken gemacht wie ich eine steile Lernkurve erreichen kann. Als sehr hilfreich hat sich dabei meine Idee mit der "Wartungsöffnung" im Boden herausgestellt, so konnte ich am fertigen Instrument das Feintuning der Beleistung durchführen. Findest Du in der Galerie wenn Du Dir das abgucken magst.
Auch sinnvoll war, dass ich mich für ein paar Samstage bei einem Gitarrenbauer eingekauft habe, so konnte ich mir in ca 40 Stunden die wichtigsten Handgriffe und Arbeitsweisen zeigen lassen. Was mir an Techniken nicht gefiel hab ich dann so optimiert dass es für mich passt.
Kennst Du das "Koch"-Buch? isbn 9 783901 314063
Und dieses prima Forum gibt es ja auch.
Viel Erfolg! :D
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Re: Meine erste Akustik-Gitarre

#6

Beitrag von Sven » 24.06.2021, 22:22

Viel Erfolg für Deinen ersten Anlauf! Ich sehe wirklich nicht, was schief gehen sollte!

Nun als Tipps von mir:

1. Youtube-Videos gucken!
Es gibt sehr viele, sehr gute Videos zum Thema Gitarrenbau. Beschränke dich dabei nicht auf Videos zum Stahlsaitengitarrenbau, denn ein handwerkliches Aha-Erlebnis kannst du auch bei einem Flamenco-Bauer finden.
Folgende Channels kann ich empfehlen:
https://www.youtube.com/user/redkitekk/videos (Pablo Requena)
https://www.youtube.com/user/OBrienGuitars/videos (Robert O'Brien)
(Bei diesen Jungs bin ich praktisch in die virtuelle Lehre gegangen :D )

2. Gutes Werkzeug
Da du schon E-Gitarren gebaut hast, hast du sicher bereits das meiste, was du brauchen wirst. Aber das eine oder andere Werkzeug wirst du dir wahrscheinlich noch besorgen müssen. Wenn es dabei irgendwie möglich ist, dann greife nicht zum Billigsten.
(Ja, ich weiß. Das ist ein Rat, den man nicht immer befolgen kann)

3. Geduld
Setze dir für die erste kein Zeitlimit. Wenn es ein Jahr dauert: egal.

Viel Erfolg!

Sven
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Vom Handwerk kann man sich zur Kunst erheben,
vom Pfusch nie.
(Goethe)

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Re: Meine erste Akustik-Gitarre

#7

Beitrag von jhg » 26.06.2021, 09:35

Ach so, es gibt noch ein kleines Problem mit den F-Löchern:

Du musst irgendwie den Steg aufleimen. Ohne Schallloch geht das zumindest nicht/schlecht mit Zwingen oder Schrauben. Dann wirst du wahrscheinlich mit einer Vakuumbrille arbeiten müssen. Es sei denn, du machst eine Wartungsöffnung in den Boden, wie Valentin es vorgeschlagen hat.

Zum Klang noch eine Überlegung:
Die Klangübertragung bei einer Akustikgitarre funktioniert völlig anders wie bei klassischen Instrumenten (Geige etc.) mit F-Löchern. Da du keine Wölbung hast ist die Statik anders aber auch die Flächen, die letztlich den Schall "verstärken" und "projezieren". Mit den F-Löchern unterbrichst du einen Teil der schallabstrahlenden Fläche der Decke, die du eigentlich haben möchtest (vor allem für die tieferen Frequenzen). Bei einer elektrischen Gitarre ist das völlig einerlei, weil der Klang sowieso zum größten Teil durch die Tonabnehmer generiert wird. Bei einer akustischen Gitarre möchtest du die "Membran" so groß wie möglich haben, um einen vollen Ton zu bekommen. Das war letztlich die geniale Erfindung von Martin mit ihren "riesigen" Dreadnought Gitarren und der X-Beleistung.

Bei der Auslegung, die dir da vorschwebt (Parlor, F-Löcher, flache Decke), würde ich mal vermuten, dass die Gitarre am Ende sehr mittenbetont, eher nasal oder topfig klingt. Wenn man das mag, ist das völlig in Ordnung.
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