Abschlussbericht

Alles zu akustischen Gitarren und Bässen

Moderator: jhg

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papillon
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Abschlussbericht

#1

Beitrag von papillon » 25.12.2020, 18:17

Hallo zusammen,

gestern konnte ich den Bau meiner ersten Gitarre zum Abschluss bringen. Habe hier ja schon mehrfach darüber berichtet. Zuletzt ging es darum, unter dem Steg eine Verstärkung aus Hartholz einzubauen, damit die Saiten nicht andauernd nachgestimmt werden müssen. Dazu war vorgesehen, den eher nur provisorischen Sattel aus Kunststoff gegen einen aus Knochen auszutauschen. Außerdem bedurfte das Griffbrett einer Überarbeitung und die verwendeten Bünde passten mir auch nicht so richtig.

Bevor ich weiter erzähle, noch ein paar Details zu Bauweise und Materialauswahl:
Decke aus Bergfichte, Qualität AA, Hals aus Wenge, über 40 Jahre gelagert, Boden aus drei Schichten Eichenfurnier und einer Deckschicht aus Wengefurnier, Zarge 2 Schichten Eichenfurnier mit Deckschicht aus Wengefurnier - mit "wasserfestem" Weißleim verleimt, Steg, Griffbrett und Kopfplatte aus Ebenholz. Die Furniere sind Längs verleimt und nicht kreuz und quer wie bei "richtigem" Sperrholz. Die Saiten sind "flatwound" in Stärke 0.11, wie ich sie auf meinen Gitarren seit Jahrzehnten ausnahmslos verwende.

Dass die oben genannten Arbeiten notwendig sind, erkannte ich vor rund einem Monat. Das notwendige Material (Sattel, Bunddraht) war schnell bestellt, doch das Paket ging verloren. Die Nachlieferung kam dann auch nicht so schnell. Wollte aber mit dem Einleimen der Verstärkung unter dem Steg erst dann beginnen, wenn alles Material vorhanden war.
Für die Verstärkung verwendete ich ein sehr hartes Holz, dessen Namen ich mir nie merken kann. Ist jedenfalls so hart, dass es fast besser ist, ein Gewinde rein zuschneiden, statt Holzschrauben zu verwenden.
Eingeklebt habe ich die Verstärkung mit reichlich Epoxykleber, auf dem Gitarrenboden Papier ausgelegt. Schrauben durch drei der Pinbohrungen, das Gewinde ordentlich gefettet, damit sich die Schrauben nach dem Aushärten des Klebers noch rausdrehen lassen, hielten das Teil bis zum Aushärten des Klebers. Dann kam die Prozedur mit dem entfernen der Bünde, Griffbrett abrichten, nachschneiden der Bundschlitze (die neuen Bünde haben dickere Stege...). Dazu habe ich das Sägeblatt einer PUK-Säge entsprechend dünner geschliffen. Das ging weit besser als befürchtet.
Die Zeit zum Schlitze nachsägen, Bünde montieren, abrichten und polieren, reichte zum Aushärten des Klebers aus. Nach dem Bespannen stellte sich heraus, dass die Stegeinlage noch einer "winzigen Korrektur" bedarf. Das habe ich dann gestern erledigt.

Meine Leute im Haus (Frau, Tochter, Schwiegersohn) wollten dann das Werk begutachten. Mein Eindruck ist, dass die Gitarre einen sehr ausgewogenen, klaren Klang hat und sich sehr gut spielen lässt. Irgendwie für mich erwartungsgemäß, aber doch enttäuschend, schien mir die Klangfülle weniger ausgeprägt zu sein, wie bei der besseren meiner beiden Kaufgitarren. Meine Leute aber behaupteten, der Eigenbau würde kräftiger klingen. Mit der Lautstärke-App auf dem Handy meines Schwiegersohns gingen wir dem auf den Grund.

Eine Akkordfolge mehrmals gespielt, erbrachte folgendes Ergebnis: Kaufgitarre 78 bis 79 db, der Eigenbau 82 bis 83 db. Habe dabei nach jeder Folge die Gitarre gewechselt und mich bemüht, so gleichmäßig wie möglich zu spielen. Was dabei heraus gekommen ist, hat mich dann doch überrascht. Welche glücklichen Umstände beim Bau dazu beigetragen haben weiß ich mangels jeglicher Erfahrung nicht. Jedenfalls bin ich mit meinem Eigenbau zufrieden und glücklich - auch wenn die Lackierung nicht wunschgemäß ausgefallen ist. Dafür hält sie jetzt die Stimmung, als wenn die Saiten schon wochenlang drauf wären.
Wie sich die Gitarre beim Zusammenspiel mit z.B. einem Akkordeon oder mit einer anderen Gitarre bewährt, wird sich nach dem Lockdown heraus stellen. Der einzige Nachteil dürfte sein, dass ich selbst die Gitarre beim Spielen nicht so kräftig zu hören bekomme...

Grüße, Heinz

PS: Und hier noch ein Foto
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Re: Abschlussbericht

#2

Beitrag von Düsentrieb » 25.12.2020, 21:05

Klasse! Das war dann wohl eine der seltenen Gelegenheiten, in der man gerne eines besseren belehrt wird. Auch ein sehr schöner Tipp das Sägeblatt passend zu schleifen, genial. Hätte mir damals die stundenlange Suche in den Metaller-läden meiner Region erspart! Ob das auch mit nadelfeilen geht, um günstig an sattelfeilen zu kommen...? (think)

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Re: Abschlussbericht

#3

Beitrag von papillon » 26.12.2020, 10:05

Hallo Düsentrieb,

das mit dem Einfeilen der Rillen beim Sattel ist wohl einer der Schwachpunkte beim Eigenbau. So exakt und sauber wie bei fertig gekauften Sätteln wird das wohl nie. Mit zugeschliffenen Feilen lässt sich das wahrscheinlich auch nicht hin bekommen. Früher waren die Ecken größerer Dreikantfeilen mehr gerundet wie heute (sofern Erinnerung und Augenmaß keinem Irrtum unterliegen). Da hätte man sich einen Satz Sattelfeilen zusammenstellen können...

Einen Versuch wäre es vielleicht wert, beim Blatt einer Eisensäge die Zahnung mit unterschiedlichen Radien zu runden.

MfG Heinz

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Re: Abschlussbericht

#4

Beitrag von Poldi » 26.12.2020, 10:20

Das sieht doch schon sehr gelungen aus und wenn sie dir klangmäßig gefällt dann hast du doch alles richtig gemacht.

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Re: Abschlussbericht

#5

Beitrag von Bermann » 26.12.2020, 13:50

Heinz,
das Zauberwort ist Kollektor-Handsäge:
https://scheiing.de/shop/326290/0/0//ko ... handsaegen

Gibts auch von anderen Anbietern

Gruß Hermann

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Re: Abschlussbericht

#6

Beitrag von cabriolet » 26.12.2020, 14:43

Ich bin eigentlich ganz froh darüber, inzwischen schön scharfkantige Dreikant-Nadelfeilen gefunden zu haben, mich haben die runden Kanten meiner alten Feilen immer gestört.
Und genau zum Sattel feilen brauche ich die. Die nicht umwickelten Saiten sind so dünn, die liegen egal in welcher Saitenstärke im gefeilten "V" sauber auf, bei den dickeren umwickelten Saiten kann man die Feile auch seitlich beim Feilen ein wenig kippeln und damit den Grund der Nut verrunden. Oder im Nachhinein mit gefaltetem Schleifpapier den Nutgrund verrunden.
Nur wenn man die Saiten mehrere Millimeter im Sattel versenken will, sieht´s dann sch... aus weil die Nuten dann auf der Satteloberseite entsprechend breit ausfallen. Ich arbeite dann aber die Satteloberseite entsprechend herunter, dass die Saiten nur gerade so weit versenkt sind, dass sie auch bei hartem Anschlag von Leersaiten nicht herausspringen können.

Aber da hat jeder wie immer seine eigenen Vorlieben und Herangehensweisen.

Gruß
Markus
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Re: Abschlussbericht

#7

Beitrag von papillon » 26.12.2020, 17:25

das Zauberwort ist Kollektor-Handsäge:
Die Kosten: "Der genaue Preis wird in der Auftragsbestätigung angegeben..."

Da kauft man natürlich gerne ein... ;-)
Ich baue ziemlich sicher noch eine Gitarre, möglicherweise auch zwei. Da lohnt es sich, an eigenen "Sägelösungen" herum zu basteln.
Trotzdem, danke für den Tipp.
Ich bin eigentlich ganz froh darüber, inzwischen schön scharfkantige Dreikant-Nadelfeilen gefunden zu haben, mich haben die runden Kanten meiner alten Feilen immer gestört.
An scharfkantigen Dreikantfeilen habe ich keinen Mangel. Mir fehlt es an passenden Feilen für die Rillen der umwickelten Saiten - von D abwärts. Dürfte beim Stimmen ein Nachteil sein, wenn die dicken Saiten in V-Rillen "eingeklemmt" sind.
Ist überhaupt eine elendigliche Tüftelei mit dem Feilen der Rillen. Bei der nächsten Gitarre achte ich darauf, dass ein fertig gekaufter Sattel passt.

Grüße, Heinz

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