Besaitung & Restaurierung einer alten Gitarre

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Gerhard
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Besaitung & Restaurierung einer alten Gitarre

#1

Beitrag von Gerhard » 26.07.2019, 15:29

Liebes Forum,
jetzt muss ich auch mal was nachfragen, jaja, der Meister weiß eben auch nicht alles. Ich hab hier zur Reparatur eine alte Gitarre, laut Besitzer über 100 Jahre alt. Ich hab von dieser Sorte schon mehrere auf dem Tisch gehabt, aber ich bin mir immer bei der Besaitung unsicher! Stahlsaiten oder nicht? Die Mensur ist 605mm.
Für Stahl spricht: Schmaler Sattel (44mm), schmales Griffbrett. Steckerlsteg. Massive Deckenbeleistung. Fetter Hals. Metallwellen bei den Mechaniken.
Gegen Stahl spricht: Kein Halsstab. Flaches Griffbrett. Wenig abgenutzte Bünde.
Bin dankbar für Ideen und Hinweise,
lg Gerhard
DSC09579.JPG
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DSC09585.JPG
Achja, die Saitenreste sind ziemlich sicher Jon Pearse von Thomastik, also Nylon mit Stahlkern... ok, aber womit war die Gitarre ursprünglich besaitet?

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Re: Besaitung alte Gitarre

#2

Beitrag von glambfmbasdler » 26.07.2019, 15:59

Hi Gerhard.
Hab zufällig grad ein Buch mit historischen Gitarren durchgeblättert. Frühe Martin-Gitarren waren so für Nylonbesaitung gebaut.
Mehr Infos annst du evtl. auch hier erhalten: https://www.metmuseum.org/exhibitions/l ... ly-guitars
Seite etwas nach unten scrollen, dort gibts ein Video über alte Martins.
Grüße
Edi

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Re: Besaitung alte Gitarre

#3

Beitrag von Simon » 26.07.2019, 16:42

Ich habe ne ähnliche Gitarre zuhause; Capricky hat mir dafür mal die „Silk & Steel“ Saiten empfohlen, die funktionieren hierfür super! :)
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Re: Besaitung alte Gitarre

#4

Beitrag von capricky » 26.07.2019, 17:11

Nylonsaiten oder die speziellen Stahlsaiten von Pyramid, die die gleiche Zugspannung wie Nylonsaiten haben. Ich such gleich mal deren Bezeichnung raus....

capricky

edit: Pyramid 304/​100 Acoustic
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Re: Besaitung alte Gitarre

#5

Beitrag von Gerhard » 26.07.2019, 17:15

Ausgezeichnet. Danke!

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Re: Besaitung alte Gitarre

#6

Beitrag von capricky » 26.07.2019, 18:08

liz hat geschrieben:
26.07.2019, 17:15
Ausgezeichnet. Danke!
Halt stop!!! :shock:
Zu früh bedankt, es ist der Satz 301/100... so passieren Unglücke... :oops: :cry:

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Re: Besaitung alte Gitarre

#7

Beitrag von Gerhard » 26.07.2019, 20:19

capricky hat geschrieben:
26.07.2019, 18:08
liz hat geschrieben:
26.07.2019, 17:15
Ausgezeichnet. Danke!
Halt stop!!! :shock:
Zu früh bedankt, es ist der Satz 301/100... so passieren Unglücke... :oops: :cry:

capricky
also es ist nicht so, dass ich jetzt besagte Saitensätze auf Lager hätte oder auf die Schnelle besorgen könnte. Die Gitarre ist ja auch noch ein, zwei Wochen von der Besaitung entfernt. Also alles Gut!
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Re: Besaitung alte Gitarre

#8

Beitrag von Sven » 26.07.2019, 21:23

liz hat geschrieben:
26.07.2019, 15:29
[...]
Gegen Stahl spricht: Kein Halsstab. Flaches Griffbrett. Wenig abgenutzte Bünde.
[...]
Gegen Stahl würde auch die Breite der Sattelkerben sprechen. Es sei denn, ich täusche mich durch das Foto.
Bei einem so alten Instrument ist die Frage nach der Originalbesaiting aber vielleicht sowieso akademisch. Mir scheint, die Decke wird ihre alte Stärke nie wieder erreichen...
Wie auch immer. Von Dr. Thomastik gibt es die "Künstler Seilsaiten". Das sind für Nylongitarren geeignete Stahlsaiten. Ob es die für 60er Mensur gibt, weiß ich nicht.

Viele Erfolg bei der Reparatur! Oder wird es eine Restaurierung?

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Re: Besaitung alte Gitarre

#9

Beitrag von kehrdesign » 27.07.2019, 00:22

Ich kann mich aus meiner Schulzeit in den 60er Jahren an ältere Fund-Gitarren erinnern, die mit Stahlsaiten bestückt waren. Die optische Besonderheit waren farbige, textile Büschel am stegseitigen Ende. Ob diese Saiten Ballends oder Ösen hatten, kann ich mich nicht entsinnen.
Seither habe ich ähnliches nicht wieder gesehen, bis mir das bei diesem Thema urplötzlich wieder in den Sinn kam. Kennt jemand diese alten "Drähte" und sind diese mit den „Silk & Steel“ bzw. mit den dünnen 301er Pyramids vergleichbar?

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Re: Besaitung alte Gitarre

#10

Beitrag von bea » 27.07.2019, 00:34

Waren Halsstäbe bei Stahlsaitengitarren damals überhaupt schon üblich? Noch dazu bei der kurzen Mensur? Wie war das bei "Wandergitarren" noch aus den 60/70er Jahren - Stahlsaiten und flache Griffbretter, oft auch kürzere Mensur?
Meine alten Isanas haben ebenfalls keine Stahlstäbe... und das sind Archtops, und daher ganz sicher nicht für Nylonsaiten gedacht - hier erfolgte der Übergang zu Stahlstäben so +- 1960 herum
LG

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Re: Besaitung alte Gitarre

#11

Beitrag von Herr Dalbergia » 27.07.2019, 08:48

Silk and Steel, also etwas mit Seiden oder Nylonkern, dazu mit Stahl o.ä. Umwickelt.
Im Jahnel ist ein Kapitel über Saiten, das ist sehr lesenswert in dem Zusammmenhang.
Solche Saiten gibt es von allen Verdächtigen.
Ich habe gute Erfahrungen mit Thomastik und Lenzner und Pyramid gemacht, wobei die Thomstik schon am „besten“ sind.
Solche eine Besaitung ist auch immer ein einfacher „Rettungsversuch“ wenn bei Stahlsaitengitarren die Deckenwölbung und / oder die Halsneigung zu stark sind und man einfach mal sehen möchte wie die Geometrie mit weniger Kräften aussieht...

Cheers, Alex
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Re: Besaitung alte Gitarre

#12

Beitrag von Gerhard » 27.07.2019, 21:01

Sven2 hat geschrieben:
26.07.2019, 21:23
liz hat geschrieben:
26.07.2019, 15:29
[...]
Gegen Stahl spricht: Kein Halsstab. Flaches Griffbrett. Wenig abgenutzte Bünde.
[...]
Gegen Stahl würde auch die Breite der Sattelkerben sprechen. Es sei denn, ich täusche mich durch das Foto.
Bei einem so alten Instrument ist die Frage nach der Originalbesaiting aber vielleicht sowieso akademisch. Mir scheint, die Decke wird ihre alte Stärke nie wieder erreichen...
Wie auch immer. Von Dr. Thomastik gibt es die "Künstler Seilsaiten". Das sind für Nylongitarren geeignete Stahlsaiten. Ob es die für 60er Mensur gibt, weiß ich nicht.

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Hallo Sven, es wird tatsächlich eine Reparatur. Die Decke wird wieder tipi topi, soviel sei gesagt!

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Re: Besaitung alte Gitarre

#13

Beitrag von capricky » 28.07.2019, 11:59

Es gibt natürlich auch Nylonsaiten mit Ballends, falls das auch noch ein Aspekt der Eingangsfrage war.

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Re: Besaitung alte Gitarre

#14

Beitrag von cabriolet » 28.07.2019, 13:36

Ich würde an deiner Stelle beides testen: "Silk and Steel" oder ähnliche Stahlsaiten mit niedrigem Zug und auch Nylonsaiten, entscheidend ist hinterher ja, wie dir der Klang am besten gefällt.

Vermutlich waren da ursprünglich Darmsaiten drauf, Stahlsaiten waren zu der Zeit ja eher ein amerikanisches Ding.
Und dabei nicht von den dünnen Wellen der Mechaniken irritieren lassen, das hat Gewichtsgründe. Weil die Darmsaiten bei so engen Wicklungen und trockener Luft aber gern reißen, wurde bei sehr hochwertigen Gitarren da dann ein Überzieher aus Knochen aufgesteckt (daher der Name "Beinwellen"), erst mit den neuartigen Kunststoffen wie Nylon wurde das dann zum Normalfall für Darm- bzw. Nylon- besaitete Gitarren.

War da eigentlich mal eine Schnitzerei im Schalloch? Sieht so zerfranst aus.

Gruß
Markus
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Re: Besaitung alte Gitarre

#15

Beitrag von capricky » 28.07.2019, 13:54

Nochmal zur "richtigen" Besaitung - alles kann (was nicht offensichtlich durch die Saitenzugkräfte die Struktur der Decken-Stegkonstruktion beschädigen wird), nichts muss!

capricky

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Re: Besaitung alte Gitarre

#16

Beitrag von cabriolet » 28.07.2019, 14:19

Genau das meinte ich ja: Einfach ausprobieren, was klanglich am besten gefällt.

Gruß
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Re: Besaitung alte Gitarre

#17

Beitrag von bea » 28.07.2019, 15:00

capricky hat geschrieben:
28.07.2019, 13:54
Nochmal zur "richtigen" Besaitung - alles kann (was nicht offensichtlich durch die Saitenzugkräfte die Struktur der Decken-Stegkonstruktion beschädigen wird), nichts muss!
Außerdem muss ja die Kompensation passen. Diese nachzumessen gäbe wohl einen brauchbaren Hinweis.

Was die Nylonsaiten angeht: ganz bestimmt nicht. Dafür ist die Gitarre schlich zu alt. Wenn keine Metallsaiten, dann wohl eher Darm oder andere historische Saitenmaterialien.
LG

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Re: Besaitung alte Gitarre

#18

Beitrag von Gerhard » 29.07.2019, 09:06

Hallo an Alle, danke für die vielen Inputs und die rege Diskussion!
capricky hat geschrieben:
28.07.2019, 11:59
Es gibt natürlich auch Nylonsaiten mit Ballends, falls das auch noch ein Aspekt der Eingangsfrage war.
Nein, das war nicht der Anstoß meiner Frage - aber gut, dass du es angesprochen hast!
cabriolet hat geschrieben:
28.07.2019, 13:36
Und dabei nicht von den dünnen Wellen der Mechaniken irritieren lassen, das hat Gewichtsgründe. Weil die Darmsaiten bei so engen Wicklungen und trockener Luft aber gern reißen, wurde bei sehr hochwertigen Gitarren da dann ein Überzieher aus Knochen aufgesteckt (daher der Name "Beinwellen"), erst mit den neuartigen Kunststoffen wie Nylon wurde das dann zum Normalfall für Darm- bzw. Nylon- besaitete Gitarren.

War da eigentlich mal eine Schnitzerei im Schalloch? Sieht so zerfranst aus.
Hallo Markus, die Wellen der Mechaniken sind tatsächlich sehr leicht - die sind nämlich hohl! Eine hochwertige Gitarre war das auf jeden Fall nicht, eher billigstheimer. Dafür hat sie aber richtig lang überlebt. Der Wert dieses Instruments ist hier im emotionalen Bereich anzusiedeln. Daher vermute ich auch nicht, dass da jemals eine Schnitzerei im Schalloch war - sicher kann ich es nicht sagen, da das Originalholz fehlt, aber ich denke da war einfach eine Rosette mit Randspan, die irgendwann herausgebrochen ist.
bea hat geschrieben:
28.07.2019, 15:00
capricky hat geschrieben:
28.07.2019, 13:54
Nochmal zur "richtigen" Besaitung - alles kann (was nicht offensichtlich durch die Saitenzugkräfte die Struktur der Decken-Stegkonstruktion beschädigen wird), nichts muss!
Außerdem muss ja die Kompensation passen. Diese nachzumessen gäbe wohl einen brauchbaren Hinweis.
Was die Nylonsaiten angeht: ganz bestimmt nicht. Dafür ist die Gitarre schlich zu alt. Wenn keine Metallsaiten, dann wohl eher Darm oder andere historische Saitenmaterialien.
Gute Idee Bea, mit der Kompensation! Leider hier nicht möglich, da die Gitarre schon mehrmals laienhaft repariert wurde, sowohl am Hals als auch am Steg. Da stimmen die Abstände nicht mehr.

Ich habe im übrigen nicht vor, die Gitarre wieder mit Originalsaiten zu beziehen - die Frage nach dem Original war eher akademischer Natur. Ich werde anhand der Lösungsvorschläge ein bisschen rumprobieren. Ziel ist es nicht, ein Konzertinstrument draus zu machen, sondern einfach dass es spielbar und schön ist und wieder lang hält.

Liebe Grüße, Gerhard

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Re: Besaitung alte Gitarre

#19

Beitrag von capricky » 29.07.2019, 10:53

Aber gerade die verranzte Decke trägt doch einen großen Teil diesen Vintage Charmes ...ich würde versuchen, die zu stabilisieren und zu retten. (macht auch weniger Arbeit ;) )

capricky

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Re: Besaitung alte Gitarre

#20

Beitrag von Gerhard » 29.07.2019, 11:25

capricky hat geschrieben:
29.07.2019, 10:53
Aber gerade die verranzte Decke trägt doch einen großen Teil diesen Vintage Charmes ...ich würde versuchen, die zu stabilisieren und zu retten.
Genau mein Gedanke! "Stabilisieren" ist mir aber nicht genug. Die Gitarre soll wieder sehr lange halten, damit sich die Reparatur auszahlt. Daher hab ich das gute Stück bereits in alle Einzelteile zerlegt. Die Risse werden gerade gehobelt und mit neuem Holz ergänzt. Ich nehme dafür Thermofichte, damit der Farbunterschied nicht zu krass wird. Zusätzlich habe ich die Unterseite etwas abgehobelt und mit einer neuen, gesunden Decke laminiert und wieder auf die ursprünglichen Stärken gearbeitet. Dadurch bekomme ich wieder gute Leimflächen für die Beleistung, die Ränder und die Rosette. Die Deckenbeleistung ist komplett neu, nach altem Vorbild aber eben gesund. Aktueller Zwischenstand:
DSC09709.JPG
Die Retusche wird natürlich eine Heidenarbeit, wird aber wieder schön :)
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Re: Besaitung alte Gitarre

#21

Beitrag von Gerhard » 29.07.2019, 11:47

Zusätzlich zur Decke waren da übrigens noch einige andere Baustellen:
- Boden geschrumpft - Zargen dadurch zu lang, Bodenbalken durch die Zargen gestoßen
- Zargen geschrumpft, dadurch haben die Klötze die Decke in der Mitte nach außen gedrückt
- Boden rundherum offen - eh klar, weil geschrumpft
- Beleistung mangelhaft, sensationell schlechte Balken an der Decke
- Laienhafte Reparaturversuche, die ausgemerzt werden müssen
- Hals mehrmals ausgebrochen und wieder verleimt
- Hals generell schlecht eingepasst
- Griffbrett nicht gerade
- Steg abgelöst
- Ränder fehlten teilweise
- Rosette fehlt teilweise
- usw.

Daher auch die Entscheidung, das Instrument komplett zu zerlegen und von Grund auf neu aufzubauen. Alles in allem ein Fall für die Tonne, aber der Eigentümer will das Teil repariert haben, was ich gut verstehe. Anbei ein paar Bilder vom Zustand:
DSC09580.JPG
DSC09583.JPG
DSC09586.JPG
Hier hat der Balken durchgestoßen
Hier hat der Balken durchgestoßen
super eingepasster Hals, oder wie?
super eingepasster Hals, oder wie?
raus damit. weg mit den Mistbalken auf der Decke.
raus damit. weg mit den Mistbalken auf der Decke.
Das Stegfutter ist sägerauh aufgeleimt worden. Mit Waldkante.
Das Stegfutter ist sägerauh aufgeleimt worden. Mit Waldkante.
Zargen lösen
Zargen lösen
DSC09594.JPG
Mist
Mist
Mist
Mist
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Re: Besaitung alte Gitarre

#22

Beitrag von Gerhard » 29.07.2019, 12:00

die Durchgedrückten Stellen an den Zargen mussten wieder reingedrückt werden. Dazu das Holz befeutet und über Nacht eingespannt. Das Reifchen wurde dazu entfernt.
die Durchgedrückten Stellen an den Zargen mussten wieder reingedrückt werden. Dazu das Holz befeutet und über Nacht eingespannt. Das Reifchen wurde dazu entfernt.
Die Bodenbalken sind besser als die Deckenbalken, die habe ich wieder verwendet. Sie mussten jedoch vorher abgelöst, sauber gemacht und sauber aufgeleimt werden.
Die Bodenbalken sind besser als die Deckenbalken, die habe ich wieder verwendet. Sie mussten jedoch vorher abgelöst, sauber gemacht und sauber aufgeleimt werden.
Das ist ganz gut geworden
Das ist ganz gut geworden
DSC09627.JPG
Das Reifchen musste dann auch ersetzt werden.
Das Reifchen musste dann auch ersetzt werden.
Während der Deckenreparatur..
Während der Deckenreparatur..
Klötze ersetzen, diesmal mit der richtigen Faserrichtung
Klötze ersetzen, diesmal mit der richtigen Faserrichtung
Rosette ersetzen. Ich hab hier keine Wissenschaft draus gemacht, was das Design angeht.
Rosette ersetzen. Ich hab hier keine Wissenschaft draus gemacht, was das Design angeht.
DSC09684.JPG
neue Deckenbeleistung
neue Deckenbeleistung
Zuleimen
Zuleimen
Späne laminieren für die Ränder, moderne Späne passen hier nicht dazu
Späne laminieren für die Ränder, moderne Späne passen hier nicht dazu
DSC09695.JPG
neue Ränder biegen
neue Ränder biegen
Ränder einleimen
Ränder einleimen
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Re: Besaitung alte Gitarre

#23

Beitrag von bea » 29.07.2019, 12:15

Krass.

Sie wird aber hoffentlich auch möglichst deutlich besser klingen als jemals zuvor - damit sich der Aufstand auch wirklich lohnt!
LG

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#24

Beitrag von Gerhard » 29.07.2019, 13:10

bea hat geschrieben:
29.07.2019, 12:15

Sie wird aber hoffentlich auch möglichst deutlich besser klingen als jemals zuvor - damit sich der Aufstand auch wirklich lohnt!
Der Vergleich wird wohl schwierig. Dennoch, der Kunde hat keinen Wunsch zur Klangveränderung geäußert. Daher orientiere ich mich beim Wiederaufbau an den Originalmaßen.

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Re: Besaitung alte Gitarre

#25

Beitrag von capricky » 29.07.2019, 13:37

Das Erstaunliche nicht nur bei alten Instrumenten ist, dass selbst bei größeren Deckenrissen (solange keine Teile fehlen), im Klang oder der tonalen Entwicklung kaum vorher - nachher Unterschiede zu bemerken sind.
Die größten Unterschiede bringen immer Saitenmarken, -typen, -stärken und -alter.

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