Ich schreibe dies als Warnung an alle, die sich vom Sog einer Idee mitreissen lassen und rufe ihnen zu "Haltet ein, bevor es zu spät ist!".
Manchmal kommt man bei einer einfachen, kleinen Idee auf einmal "von Hölzchen auf Stöckchen", und die Idee wird nicht nur immer größer, sondern auch immer unsinniger.
Aber der Reihe nach.
Was ist geschehen?
In meinem aktuellen Bauprojekt baue ich vier Gitarren gleichzeitig, und als die Decken an der Reihe waren, musste ich die Balken für vier Gitarren machen. Da ich nun immer nur nach Feierabend eine Stunde oder so Zeit hatte, und es mir angewöhnt habe immer meine Werbank aufzuräumen, bevor ich für den Tag Schluss mache, habe ich recht schnell die Übersicht verloren, welche Balken jetzt schon fertig sind, wo ich die jetzt wieder hingelegt habe, welches Holz ich noch spalten muss, etc., etc. Mein Versuch die Balken zu beschriften war zu kurz gedacht, denn was nützt eine Beschriftung, wenn ich die Balken teilweise gar nicht wiederfinde?
Also war klar: Ein Sortierkasten musste her!
Und ich hatte auch schon passend einen alten Besteckkasten in der Werkstatt. Leider stellte der sich sofort als ungeeignet heraus, da er nicht die richtige Anzahl Fächer hatte und die Fächer auch nicht in den richtigen Längen. Also musste etwas selbst gebautes her.
Zum Glück hatte ich noch einiges an 3 mm Sperrholz herumliegen, das ich damals für meine allerersten Zargenbiegeversuche verwendet habe.
Nun brauchte ich nur noch ausrechnen, wie ich die Fächer für die zwei Querbalken, den Ramirezbalken, die sieben Fächerbalken, die zwei V-Balken und den kleinen Stabilisierungsbalken auf einer rechteckigen Fläche anordnen musste, so dass keine Lücke blieb.
Knifflig.
Und dann kam jener unselige Moment. Als mein Blick ziellos durch die Werkstatt schweifte, und ich mir den Kopf zerbrach, fiel mein Blick auf drei Dinge, die in der selben Richtung waren: Mein Gitarrenbauplan nach Ramirez, ein Sperrholzbrett, auf das ich einen Gitarrenumriss gezeichnet hatte und eine der gebogenen Sperrholzargen von vor anderthalb Jahren, verstaubt in der Ecke.
Und schwupps, war sie einfach da, die Idee eines Gitarrenförmigen Sortierkastens für Deckenbalken. Ein solcher hätte nicht nur logischerweise die richtige Anzahl Fächer, diese hätten darüberhinaus auch alle die richtige Länge. Genial!
Die Sperrholzzarge habe ich rasch auf der Bandsäge in zwei dünne Streifen gesägt, für den Außenrand des Kastens.
Aus anderen Sperrholzresten habe ich die Trennwände für die einzelnen Fächer gemacht.
Oh! Natürlich mussten die jetzt noch, wie die Deckenbalken, ausgeschnitzt werden (Die Idee war bereits unaufhaltbar). Ich schwöre, ich hab das Ding sogar abgeklopft, wie es klingt!
Da die Querbalken und die Ramirezbalken etwas länger sein müssen, habe ich an den entsprechenden Stellen die Zargen durchbrochen.
Zum Glück habe ich mich dann doch noch gegen eine Schellackpolitur entschieden, da ich mich irgendwie vage erinnern konnte, dass ich doch eigentlich Gitarren bauen wollte.
Und dann war es getan.
Als mein Blick auf meine Tat fiel, fragte ich mich: "Was hast du getan?"
Nun bin ich also Besitzer des ersten und einzigen Deckenbalken-Sortierkastens der Welt, statt gleiche Balken einfach mit einem Gummiband zusammenzubinden.
Ich warn euch, weils euch auch passieren kann.
Sven
Epilog:
Das "Ding" wurde zeitgleich mit den Decken fertig, so dass ich es jetzt erstmal nicht mehr brauche. Und selbstverständlich steht es mir ständig im Weg rum, weil ich eigentlich überhaupt keinen Platz für sowas habe.
Ich hätte schwören können, dass nur Douglas Adams in der Lage wäre sich so etwas abstruses auszudenken.
Alkohol war nicht im Spiel, aber dennoch. Die Erinnerung ist etwas neblig...
