Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#101

Beitrag von Titan-Jan » 17.05.2016, 13:59

Cool! Das teste ich auch mal gerne aus! Man braucht allerdings entsprechend tiefe Fräsungen in der Gitarre ;-)

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#102

Beitrag von MiLe » 17.05.2016, 14:09

tief nicht, das Ganze baut rund 18 mm hoch.
Allerdings breit und lang. Ist ja auch nur ein Experiment. Würde man das Ganze gebrauchfertig aufbauen, würde man wohl kürzere Slugs verwenden - spart ca. 5 mm. Und im Idealfall gleich Ferritklingen, spart nochmal 6 mm. Die Länge wäre schon OK, wenn man den Bobbin-Überstand entfernt. Dann wäre das Ganze schon im HB-Format. So wie es ist, passt es tatsächlich in keine Fräsung.
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#103

Beitrag von Titan-Jan » 17.05.2016, 15:51

Hä, Moment, dieses Ding wird nicht "gestellt", sondern "gelegt"? Na das ist ja ein Ding... Dann müsste man sich also noch eine Befestigung/Höhenverstellung überlegen. Ist ja echt interessant!!!

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#104

Beitrag von MiLe » 17.05.2016, 15:57

So was gibts aber schon länger, ich glaube, der Lace Sensor ist so aufgebaut und noch einige andere. Wobei ich nicht sicher bin, daß auch alle Hersteller die Sache mit der optimalen Magnetausrichtung verstanden haben.
Der Vorteil ist, daß man Brummunterdrückung mit einem Abtastpunkt erhält, ohne daß wie beim Stacked die untere Spule so weit von den Saiten weg ist, daß sie zur Signalerzeugung nur noch wenig beiträgt. Beim Splitcoil ist nur jeweils eine der Halbspulen für die Signalerzeugung relevant, während bei SC-förmigen Humbuckern das Magnetfeld durch die nahe beieinanderliegenden Pole eher suboptimal ist. Es geht also nur um Effizienz ;)
Vintagemäßig klingelig oder bratenheiß kann man eigentlich jede der Bauformen wickeln, der FGang wird am wenigsten durch die Bauform bestimmt. Nur kommt bei vintagemäßig klingelig und ineffizienter Bauweise eben kaum noch was raus ;)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#105

Beitrag von MiLe » 18.05.2016, 12:02

Bevor's in einem anderen Thread untergeht:

Sollte es aus irgendwelchen Gründen einmal notwendig sein, einen PU recht weit von den Saiten entfernt zu positionieren, könnte dessen werkseitiges Magnetfeld für diesen Anwendungsfall etwas zu schwach sein. Das lässt sich über Zusatzmagnete "boosten".
Der Effekt ist nicht der gleiche wie den PU näher an die Saiten zu bringen, da der Abstand Saite-Spule auch noch eine Rolle spielt, aber in einigen Anwendungsfällen besser als nix.
Es bringt auch wenig, in normalen Einbausituationen zu boosten, weil das macht leicht Stratitis, der PU muss weiter weg von den Saiten und am Ende ist nix gewonnen.

Achtung, es kann u.U. passieren, daß man selbst Ferrite dauerhaft schädigt, wenn man mit starken Magneten wie Neodym falsch an die Sache herangeht, z.B. Nord auf Nord gegen die anfängliche Abstoßung zusammenführt. Also besser mit moderaten Magneten anfangen und Polung vorher prüfen. Eine Simulation mit FEMM zeigt, daß bei einem Standard-Humbucker eine Verdoppelung des Magnets wie in der Skizze unten die Feldstärke sowohl an den Polen als auch durch die Wicklung nahezu verdoppelt. Es müssen also nicht immer gleich die kleinen Kraftpillen sein, obwohl die in kleinen Abmessungen auch geeignet sein können und leichter zu beschaffen sind als Ferrite oder Alnicos.

Folgende "Booster-Anordnungen" sollten gut funktionieren:
PU-Booster.jpg
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#106

Beitrag von capricky » 18.05.2016, 12:38


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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#107

Beitrag von MiLe » 18.05.2016, 12:56

gleiches Prinzip, gleiches Ergebnis: Verblüffend 8)

Frage: Hat denn mal jemand den Zusammenhang

Wicklungszahl zu

-Induktivität
-Resonanzfrequenz
-Güte
-Output

bei ansonsten gleichbleibenden Konstruktionsfaktoren getestet und veröffentlicht? RDC ist klar linear (wenn man die außen größer werdenden Wicklungsumfänge mal ignoriert).

Mich beschleicht das Gefühl, daß der nicht überall zwingend linear ist, drücke mich aber noch davor, einen Test-PU zu bauen und alle 1000 Wicklungen anzuhalten und alles durchzumessen :oops:

Rechnerisch, beobachtet aus den bisherigen Messergebnissen, bedingt eine Verdoppelung der Wicklungszahl:
- eine Verdoppelung des Widerstandes (linear)
- eine Verdoppelung der Induktivität (linear)
- eine Verdoppelung des Output in mV (linear)
- eine Verringerung der Resonanzfrequenz um den Faktor Wurzel w = 1,414)

Wenn ich also ohne andere Konstruktionsänderungen die Resonanzfrequenz halbieren will, muss ich die Wicklungszahl vervierfachen :oops: Mann - das gibt aber dicke Spulen :D

Wenn das tatsächlich so einfach ist, dann könnte man ja jeweils auf Basis verschiedener Konstruktionen die notwendige Wicklungszahl für eine gewünschte Resonanzfrequenz berechnen.

Grund-Konstruktionstypen wären

a) SC mit Alnico-Rods
b) SC mit Ferritbalken und Stahlrods
c) SC mit Alnicobalken und Stahlrods
d) SC mit Ferritbalken und Stahlklinge
e) SC mit Alnico-Klinge
f) SC mit Ferritklinge

Humbucker sind ja nur eine serielle oder parallele Kombi aus den o.g. Bauweisen (Gibson-HB z.B. 2x c) und so ziemlich jede übliche Bauweise ist eine Abwandlung davon, selbst ein Splitcoil oder ein Sidewinder. Sollte es wirklich so einfach sein? Dann bräuchte man ja für jede Grundkonstruktion nur die Messwerte für RDC, H, Output, Fs und Q und könnte daraus alle möglichen Kombinationen berechnen.
So eine Art Pickup-Fastfood-Kochbuch ;)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#108

Beitrag von MiLe » 18.05.2016, 20:59

Noch 'n kleines Experiment:

Der Viva HB 04 mit 4 Stahlklingen war für meinen Geschmack etwas zu tief abgestimmt und die Resonanz war sehr schwach ausgeprägt. Hauptverdächtiger für das Verhalten waren für mich die durchgehenden Stahlklingen, die als Höhen- und resonanzdämpfende Wirbelstromgeneratoren ganze Arbeit leisten.

Um das zu überprüfen, habe ich von einem Spulenpaar die Stahlklingen entfernt und durch eine Reihe schwarz lackierter (gibts so zu kaufen) 1,6x26mm Paneel-Stifte ersetzt. Schade, daß der Name "Nailbomb" im PU-Bereich schon besetzt ist ;)
Das Prinzip ist das Gleiche wie bei Trafoblech, nur wesentlich einfacher umzusetzen und eventuell etwas weniger effizient.
Nailbomb-a.JPG
Das Ergebnis sieht für mich schon mal deutlich besser aus: (schwarz Klingen, rot Nagelreihen)
Nailbomb.jpg
Datenvergleich Klinge-Nagelreihe bei 569 pF und 328 KOhm Last:

Fs: 2240 Hz - 2775 Hz
Q: 1,5 dB - 4,5 dB
L: 6,5 H - 4,87 H (ca. halbe Eisenmenge in den Spulenkernen)
B: 40 m T - 31 mT (kleinere Oberfläche, geringere Permeabilität)
U: 170 mV - 150 mV

Aus den letzten beiden Faktoren (Induktivität und Feldstärke) würde ich einen geringeren Ausgangspegel schließen, Ein Verlust von 170 auf 150 mV halte ich aber angesichts des Zugewinnes von Resonanzfrequenz und Resonanzausprägung für einen sehr fairen Preis.

Fazit: Würde ich den Viva HB04 verbauen, dann sicher in der Variante mit Nagelreihe. Zumindest eine Hälfte, denn die Auswahl zwischen 2 brummkompensierten Schmalspur-Humbuckern mit unterschiedlicher Übertragungskurve zusätzlich zur seriellen und parallelen Verschaltung hätte auch einen Reiz.
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#109

Beitrag von MiLe » 18.05.2016, 21:40

Einen hab' ich noch:

Wieviel ändern Stahl-Polepieces bei Bauweise b) aus dem vorletzten Post (107) ?

Dazu habe ich einen Singlecoil mit Ferritmagnet unten und Stahl-Slugs 17x5 mm seiner Polepieces beraubt.
Das Ergebnis sollte dank wegfallender Wirbelströme eine deutlich höhere und ausgeprägtere Resonanz sein, eigentlich genau so, als würden statt dessen Ferrit-Polepieces oder eine Ferrit-Klinge drinstecken. Ist auch so ;)
Viva HB04 mit-ohne Slugs.jpg
Von 4186 Hz/+4 dB auf 6431 Hz/+9 dB ist eine klare Ansage.

Der absolute Pegelvergleich fällt bei diesem Experiment natürlich aus, denn ohne Magnete kein Output mit Saite.

Der Abfall der Induktivität vom 2,0 auf 1,7 H legt aber den Schluss nahe, daß der Pegelabfall nicht berauschend wäre (-1,4 dB?) Leider habe ich keine Ferrit-Zylinder da, um das genau checken zu können.

Folgender Verdacht keimt in mir: Mit Ferrit kann man wesentlich höhere Outputs generieren, da für die gleiche Resonanzfrequenz wie mit Alnico oder Stahl in der Spule wesentlich mehr Windungen erforderlich sind. Die dementsprechend höhere Induktivität ist höher als der induktivitätsgewinn durch Eisen im Kern, macht unterm Strick effizientere Pickups. Sind aber aufwändiger herzustellen, da wesentlich mehr Wicklungen mit dünnerem Draht hergestellt werden müssen. (Paltzprobleme)
PUs mit Ferrit-Klingen mit vergleichbaren Wicklungszahlen wie andere PUs klingen natürlich erst mal etwas gläsern. Das liegt aber eben nicht daran, dass Ferrit "kalt klingt", sondern daß die Wicklungszahl schlicht nicht der geänderten Bauweise angepasst wurde.
Ähnliches gilt für aktiv betriebene PUs, wenn man den Parallelkondensator und -Widerstand als Kabel-Potisimulation vor dem Buffer weglässt ;)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#110

Beitrag von MiLe » 19.05.2016, 12:36

Also folgende Zusammenhänge scheinen klar:

Bei gleicher Grundkonstruktion (Spulengeometrie, Magnet- und Eisenanordnung) einer Spule bewirkt eine

Verdoppelung der Wicklungszahl:

- RDC verdoppelt sich
- Induktivität verdoppelt sich
- Resonanzfrequenz sinkt um den Faktor Wurzel (2) = 1,414
Diese Zusammenhänge sind universell und auf jede Grundkonstruktion anwendbar. Beweis: Bei Serienschaltung von 2 beliebigen, gleich aufgenbbauten PUs tritt genau das ein - RDC und Induktivität verdoppeln sich, die Resonanz sinkt um den Faktor 1,414.

Für die Grundkonstruktion Spule um Ferritklinge bei 60 mm Klingenlänge bedeutet das:
Wickeldaten Ferrit 60.jpg
Ich werde versuchen, einen ähnlichen Zusammenhang noch für andere Bauformen herauszufinden und darzustellen (Polepieces in der Spule und Magnet drunter, Alnicos in der Spule), dann hätten wir die wichtigsten Parameter zusammen, um vor dem Bau eines PUs ziemlich genau zu wissen, was am Ende rauskommt. Die Auswirkungen von Serien- und Parallelschaltung 2er Spulen sind ohnehin klar, ebenso der Kammfiltereffekt bei mehr als einem Abtastpunkt. Es wird also richtig planbar. (dance a)

Neben der Induktivität ist für den Output noch entscheidend, wie gut die Magnetfeld-Koppelung Saite-Spule ist, also wie dicht das Magnetfeld die verschiedenen Wicklungebereiche "durchströmt" und wie nah die Spule im Durchschnitt an der Saite ist. Und natürlich die Feldstärke der Pole, welche die Saite magnetisiert.

Was mir noch nicht klar ist ist der Einfluss von RDC, also, ob es einen relevanten Unterschied macht, ob ich eine Spule mit 8000 Windungen 0,05er oder 0,06er Draht mache. Es könnte ja sein, daß der bei höheren Wicklungszahlen höhere Widerstand dem positiven Edffekt der gleichlaufenden Induktivitätserhöhung zum Teil zunichte macht (think)
Mal sehen, ob sich das auch noch rausfinden lässt ohne meinen Bestand an Kupferdraht allzu sehr zu strapazieren ;)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#111

Beitrag von MiLe » 19.05.2016, 15:48

Ergänzung:

Aus den bisherigen Messungen habe ich schon mal die Daten für Pickups mit untenliegendem Keramik-Magneten und 6 Einzelslugs ergänzt. Auch wenn bei einem Wert die Unterschiede nicht gewaltig aussehen, haben sie doch weitreichende Wirkungen.

Beispiel: Ich möchte einen humbuckenden 1-Pol-Abtaster (aka Singlecoil), der mit seriell 5000 und parallel 2500 Hz Resonanz an 328 KOhm und 569 pF Last liefert. Dazu muss jede Einzelspule rund 3500 Hz liefern.
PU-Wickeldaten.jpg
Mit Ferritkern brauche ich dazu je Spule ca. 18.000 Wicklungen :shock: , mit unverbundenen Stahlrods nur ca. 8000. Gewaltiger Unterschied!!
Allerdings brächte die wirbelstromfreie Ferrit-Variante auch satte 5,9H/Einzelspule, also seriell 11,8H, während die Stahlslug-Variante nur ca. 2,6H pro Spule bringt, also 5,2 H als serieller Humbucker. Also nur gut den halben Output bei unveränderter Spulengeometrie.

Wahrscheinlich wird die übliche HB-Bauweise (Rods und Schrauben) bei der Induktivität kaum besser abschneiden, während die Resonanzfrequenz deutlich stärker sinken wird. Durch die elektrische Verbindung der Einzelpole dürften die Wirbelstromverluste noch deutlich zunehmen. Weitere Kurven folgen also ;)

Aus dem fehlenden Widerspruch hier könnte ich nun 2 Dinge ableiten:
1. Es ist alles korrekt und es gibt nichts zu beanstanden
oder
2. Ich habe Euch alle totgelabert (whistle)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#112

Beitrag von capricky » 19.05.2016, 16:11

MiLe hat geschrieben:
Aus dem fehlenden Widerspruch hier könnte ich nun 2 Dinge ableiten:
1. Es ist alles korrekt und es gibt nichts zu beanstanden
oder
2. Ich habe Euch alle totgelabert (whistle)
Ich habe auf Grund erhöhten "Arbeitsaufkommens" kaum Zeit inhaltlich folgen und mitdenken zu können. So arbeite ich z.B. immer noch daran zu verstehen, warum der sidewinder eigentlich aperturfrei sein soll... man läßt mich einfach nicht den Gedanken zu Ende denken....
Ansonsten bin ich aber sehr dankbar, daß sich jemand wie Du in traditioneller Forschermanier opfert, um hier den dumpfen Massen praxisnah ein wenig Licht in ihre geistige, tonabnehmerische Umnachtung zu spenden! (clap3)

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#113

Beitrag von MiLe » 19.05.2016, 16:30

neenee - die dumpfe Masse liegt eher hinter meinen Augen - gibt's denn hier nirgendwo ein Prozessor-Upgrade? :idea:
capricky hat geschrieben: So arbeite ich z.B. immer noch daran zu verstehen, warum der sidewinder eigentlich aperturfrei sein soll... man läßt mich einfach nicht den Gedanken zu Ende denken....
Daran schwurbeln sich meine Hirnwicklungen auch noch ;)
Dazu müsste ich zuerst begreifen, wie genau die Spannungserzeugung in der Spule funktioniert - sprich - wo am Konstrukt greift die Kraft der Saite an? Ich sehe da aktuell 2 Möglichkeiten:

1. Klinge/Pol magnetisiert Saite => Saite hat Magnetfeld. Saite mit Magnetfeld bewegt sich und schwurbelt durch die Wicklungen.
Bei dieser Variante wäre die Anzahl der Pole/Klingen/Abtastpunkte Banane und für den Kammfilter wäre nur die Spulenbreite wichtig. Ein P90 müsste demzufolge reichlich Auslöschungen produzieren. Bei dieser Variante wäre es auch egal, woher die Magnetisierung der Saite kommt - könnte dann auch über der Saite liegen und man könnte sich den Magneten im PU sparen.

2. Klinge/Pol magnetisiert Saite => Saite hat Magnetfeld. Saite mit Magnetfeld bewegt sich und schwurbelt das Magnetfeld, das die Wicklungen durchfließt (von dem integrierten Magneten erzeugt). Je nach Ansatzpunkt könnte dann die Saite punktuell auf den PU wirken, wahrscheinlich im Bereich Pol/Abtastpunkt. Dann dürfte ein P90 keine Auslöschungen haben.

Da bisher von allen Seiten (Lemme, Zollner) davon die Rede war, daß der Abstand der Spulenmitten für die Auslöschung ursächlich ist, bin ich von Fall 2 ausgegangen. Ich kann aber auch nicht ausschließen, daß dieser Abstand nur stellvertretend für die damit zusammenhängende Spulenbreite betrachet wird. Dann wären wir wieder bei Fall 1 :(

Ich sehe momentan noch keine Möglichkeit für mich, das valide zu messen, aber ich arbeite dran ;)

Ungeachtet dessen sind die Zusammenhänge oben ja ohnehin für eine Spule aufgestellt, da ist zumindest diese Frage zweitranging ;)

Obwohl - was passiert denn beim Singlecoil mit Frequenzen, deren Schwingungsknoten genau über dem Abtastpunkt liegt? Diese Knoten dürften beim SC doch auch nicht übertragen werden. Beim HB könnte so ein Knoten zumindest noch vom 2. Abtsatpunkt erfasst werden.

Fragen über Fragen - in Gänze ist das Ganze so komplex, daß ich es nie ganz erfassen werde - da haben wir sie wieder - die dumpfe Masse. Ich will ja aber auch nur ein Stück in die Richtung 8)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#114

Beitrag von MiLe » 20.05.2016, 10:30

capricky hat geschrieben:So arbeite ich z.B. immer noch daran zu verstehen, warum der sidewinder eigentlich aperturfrei sein soll... man läßt mich einfach nicht den Gedanken zu Ende denken....
Was mir dazu noch einfällt: Der GL-6 von QTuner (auch 'n Sidewinder) soll sich ja gerade dadurch auszeichnen, daß man über die 3 Reihen verstellbarer Polepieces die Breite der Apertur einstellen kann, angeblich sogar patentiert (Guitar Letters) . Das spricht dafür, daß der Abtastpunkt maßgeblich ist, nicht der geschwurbelte Bereich der Wicklung. Ist aber auch nur ein Indiz - kein Beweis ;)

edit: Im Internet gibts auch ein Video dazu mit 3 verschiedenen Einstellungen der 3 Polepiece-Reihen:
https://www.youtube.com/watch?v=AmFdlgNkptQ

- alle gleich hoch
- mittlere Reihe abgesenkt
- äußere beiden Reihen abgesenkt

Die Unterschiede sind sehr deutlich, die dritte Aufnahme klingt für mich im Vergleich zu den ersten beiden schon sehr "singlecoilig"., also 1:0 für die Abtastpunkt-Theorie gegen die Spulenbreite-Theorie (thumb)
Ich hätte allerdings keine Muße, für eine Klangänderung an 33 Inbus-Madenschrauben rumzutüdeln :(
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#115

Beitrag von MiLe » 22.05.2016, 18:53

Die Frage, welchen Unterschied es macht ob man einen PU mit z.B. 8000 Wicklungen 0,05er oder 0,07er Draht wickelt, kann man eventuell auch mit einem Serienwiderstand beantworten? Gemessen habe ich mit 1 KOhm, 10 KOhm und 67 KOhm Serienwiderstand an einem 6 KOhm Singlecoil:
Serien-R 1-10-67 KOhm an ML-Strat-PU 6 KOhm.jpg
Iinduktivität bleibt gleich, klar. Der Widerstand steigt mit dem dünneren Draht.
Auswirkungen auf den Output konnte ich nicht in nennenswerter Größenordnung beobachten, die Resonanzfrequenz bleibt nahezu die gleiche. Nur bei der Güte scheint sich etwas zu tun, jedoch brauchts da schon erheblich Widerstands-Zuwachs, um hörbare Effekte zu erreichen: Erst bei 10 KOhm Zusatzwiderstand an einem 6 KOhm-PU kostet der Spaß 2 dB in der Güte, gemessen an dem enormen Unterschied 6 zu 16 KOhm, den man kaum mit einer Änderung des Wickeldrahtes erreicht, ein günstiger Preis.

Hauptkriterium für die Drahtstärke scheint also die Verarbeitbarkeit zu sein und wie viele Wicklungen man auf einem bestimmten Wickelkörper/Volumen unterbringen möchte.
Dazu kommt u.U eine höhere Störanfälligkeit des hochohmigeren Signals auf dem Transportweg vom PU zum Amp.
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#116

Beitrag von farin_u » 29.05.2016, 10:57

hi,

Ich habe den Thread durchgelesen und verstand auch Teile davon. (dance a)

Bezüglich Sidewinder finde ich das Open-Hardware Projekt Cycfi interessant.
https://www.cycfi-research.com/product/ ... humbucker/
Edit: Hier ein besserer Link zum Thema: http://www.cycfi.com/2014/09/sidewinder/

OpenHardware: Zeichnungen und Schaltungspläne sind für jeden zugänglich und sehr "hackerfreundlich".
Es gibt auch einen Quad-Sidewinder. (passiv oder aktiv ist auswählbar)
Wie gut die Dinger sind kann ich nicht sagen, aber dass der Typ Ahnung hat ist nicht von der Hand zu weisen und es wird auch bei den Komponenten nicht gespart. Hier überlegt er sich die besten OpAmps für die Schaltungen zB:
http://www.cycfi.com/projects/six-pack/op-amp-shootout/
Es ist zusätzlich ein Polyphoner-Pickup namens "Nu" sowie ein Polyphoner Sustainer in Planung.

Nein, ich bekomme kein Geld dafür Werbung zu machen, überlege selbst ob ich dort was kaufe. (think)
Ich bin gespannt auf eure Reaktion!

lg farin

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#117

Beitrag von MiLe » 29.05.2016, 11:37

moin farin,

über die Teile bin ich auch schon gestolpert :)

Handwerklich scheinen die schon toll gemacht zu sein. Aber ich finde es übertragungstechnisch keine allzu große Herausforderung, das Konzept aktiv umzusetzen, insbesondere muss man da nicht auf das relativ aufwändige Design eines Sidewinders zurückgreifen. Ein Singlecoil mit Dummycoil wäre auch gegangen, denn wen jucken im niederohmigen Bereich schon die Resonanzfrequenz und Güte? Beides ist niederohmig ohnehin extrem hoch. Auch der gegenüber dem Singlecoil erwähnte höhere Wirkungsgrad ist bei eh' aktivem Betrieb nicht mehr sooo wichtig.
Und ob's für die 86 mT unbedingt Neos braucht? Egal, schadet auch nix und gibt eventuell wegen der geringen Baugröße mehr Freiheitsgrade bei der Konstruktion.

Wenn so was dann am Ende klingen soll wie ein üblicher Pickup, muss allerdings noch einiges an Kapazität und Widerstand vor dem Preamp parallel geschaltet werden. Oder aber der auch angebotene Resonance Filter, dr wohl dem bekannten SVR entsprechen dürfte.
Die aufgerufenen Preise für die Elektronik finde ich übrigens hochinteressant - mal abgesehen vom 9V Batterieclip und der Ausgangsbuchse. SVR für 40$, Peramp mit Vol. 20 $: Das ist mal 'ne Ansage!

Wenn man das alles berücksichtigt, kann das scon OK sein und optisch finde ich die Teile schon hochinteressant
Liebe Grüße,
Michael

farin_u
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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#118

Beitrag von farin_u » 29.05.2016, 18:32

Wenn so was dann am Ende klingen soll wie ein üblicher Pickup, muss allerdings noch einiges an Kapazität und Widerstand vor dem Preamp parallel geschaltet werden.
Entweder dass oder falls man Anhänger eines modernen digitalen Amps (Kemper, Axe, Line6 Helix etc) ist, macht es ein resonanter HighCut auch. Der ist zusätzlich leichter mit einem Fußpedal zu bedienen
Aber ich finde es übertragungstechnisch keine allzu große Herausforderung, das Konzept aktiv umzusetzen, insbesondere muss man da nicht auf das relativ aufwändige Design eines Sidewinders zurückgreifen.
Ich glaube der ganz große Wurf werden die Nu6 weil damit jede einzelne Saite einzeln verarbeitet wird.
SVR für 40$, Peramp mit Vol. 20 $: Das ist mal 'ne Ansage!
Ich werde wenn dann gleich die aktive Variante nehmen, diese ist dann schon mit PreAmp, denn braucht man nur bei der passiven Variante hinzuzunehmen, falls ich das richtig verstanden habe.

Ich frage mich gerade ob einfach die Dual Coil Single Width Humbuckers oder die Quad Coil Full Sized Humbuckers besser geeingnet ist. Wobei ich nicht den Mehrwert der Quad Variante sehe.
Die Verbindungen sehen aus als ob normale JumperKabel wie bei Arduinos und Raspberrys funktionieren würden.

Versandkosten sind laut Homepage 35 $, was ganz okay ist. ICh glaube Einfuhrsteuer und Zoll dürften noch dazu kommen? Kennt sich da jemand aus?

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#119

Beitrag von MiLe » 29.05.2016, 19:27

farin_u hat geschrieben:Entweder dass oder falls man Anhänger eines modernen digitalen Amps (Kemper, Axe, Line6 Helix etc) ist, macht es ein resonanter HighCut auch. Der ist zusätzlich leichter mit einem Fußpedal zu bedienen
Das bin ich durchaus (Line6 Helix :D ), möchte aber dennoch nicht auf dne Möglichkeit verzichten, einen "üblichen" Sound ab PU konventionell einzuspeisen. Spart Rechenleistung und Arbeit, weil ich nicht für jede Gitta dann eigene Presets anlegen muss.
farin_u hat geschrieben:Ich glaube der ganz große Wurf werden die Nu6 weil damit jede einzelne Saite einzeln verarbeitet wird.
Dafür habe ich für mich noch keinen sinnvollen Anwendungsfall gefunden, aber das kann sich ja auch noch ändern ;)

farin_u hat geschrieben:Ich werde wenn dann gleich die aktive Variante nehmen, diese ist dann schon mit PreAmp, denn braucht man nur bei der passiven Variante hinzuzunehmen, falls ich das richtig verstanden habe.
Sehe ich auch so, allerdings fällt dann eben die möglichkeit weg, per R und C einen passiven PU zu simulieren, weil man wahrscheinlich nur schwer an die Verbindung PU-Preamp rankommt.
farin_u hat geschrieben:Ich frage mich gerade ob einfach die Dual Coil Single Width Humbuckers oder die Quad Coil Full Sized Humbuckers besser geeingnet ist. Wobei ich nicht den Mehrwert der Quad Variante sehe.
Ich denke der Hauptunterschied liegt in der 2poligen Abnahme beim Quad, wodurch (annähernd) die selben FGang-Auslöschungen auftreten wie beim normalen Humbucker Gibsonscher Bauart. Das hat mit der elektrischen Übertragungskurve des PUs nichts zu tun und zeigt sich auch nicht in den Frequenzgängen, weil die eben nicht mit Gitarrensaiten ermittelt werden.
Ist halt die Frage, ob man den daraus resultierenden "weicheren" Klang mag, denn es falls ja Obertöne weg.
Liebe Grüße,
Michael

farin_u
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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#120

Beitrag von farin_u » 01.06.2016, 00:12

Nun habe ich mich getraut und ein XR Flex SSS-Set samt Switch Filtern und Active Preamp bestellt.

Jetzt bin ich echt gespannt. Ja die besten Entscheidungen trifft man Mitten in der Nacht nach einem Bier :D

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#121

Beitrag von MiLe » 01.06.2016, 00:19

Da wäre ich echt neugierig, wie Deine Erfahrungen damit ausfallen :) Ist ja 'ne ordentliche Investition, aber die Optik kann schon sehr interessant werden und die Anzahl an möglichen Sounds erst Recht.
Ich denke, die Vergleichbarkeit zu konventionellen PUs (so man das überhaupt will) steht und fällt mit der Auslegung des Resonance Schaltkreises. Und am Ende muss man sehen, ob man in der schier unendlichen Auswahl an Möglichkeiten einmal für gut befunderne Kombinationen auch wiederfindet ;)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#122

Beitrag von MiLe » 02.06.2016, 23:18

Neuer Versuch, Thema:

Auswirkungen von verschiedenen Materialien in und unter dem Spulenkern
(diverse Materialkombinationen in und unter der selben Spule)

Ausgangsbasis war ein einfacher Strat-Singlecoil, ursprünglich mit 6 Stahlrods 5x17 mm, darunter ein Ferritmagnet.
Der ist zum einen günstig und bietet dank relativ wenig Wicklung mit hoher Fs und hoher Güte eine hervorragende Basis für Vergleiche. Der Spulenkörper wurde modifiziert, indem zusätzlich zu den Rod-Bohrungen noch ein 3 mm breiter, bis nach unten durchgehender Kanal eingefräst wurde, der zusätzlich zu Slugs alle Arten von Klingen aufnehmen kann. Somit kann ich alle möglichen Materialien und Bauformen mit ein und derselben Spule analysieren um herauszufinden, welche Maßnahme an welcher Stelle welche Auswirkung hat.
ML-Strat Test-PUJPG.jpg
Die Spule selbst ist 64 mm lang und 12 mm hoch. Anhand der Induktivität als Luftspule ohne Kernmaterial von 1,5H gehe ich grob von 5000 Wicklungen aus, bei einem RDC von 5,84 KOhm kommen wir dann auf einen Draht-Durchmesser von 0,05mm + Isolation.

Ich versuche, die Ergebnisse zuerst mal in Tabellenform darzustellen. Die Induktivität wurde bei 100 Hz gemessen, der Ausgangspegel mit einer rotierenden Stahlsaite bei ca. 130 Hz. Resonanzfrequenz und -Überhöhung bei einer Last von 569 pF und 328 KOhm.
ML-Strat-PU Modifikationen.jpg
Das Ergebnis überraschte mich in einigen Punkten, denn bisher hatte ich die verschiedenen Materialien noch nie in ein und derselben Spule gegeneinander vergleichen können. Bei einigen früheren Messungen mag dann noch ein Spulenschluss in's Spiel gekommen sein, leicht unterschiedliche Wicklungszahlen und -Geometrien, das führt dann leicht zu Fehlschlüssen.
Dieses Mal sind die Ergebnisse nach meinem Emessen absolut zuverlässig und aussagekräftig, wenn man die Rahmenbedingungen (z-B. unterschiedliche Feldstärke der Magnete) beachtet. Aber Alnico-Slugs mit der gleichen Feldstärke wie ein Ferrit-bar sind halt schwer zu finden ;)

1. Überraschung für mich:
Die Stahlklingen verhalten sich kaum anders als einzelne Stahlrods - sind im Erhalt der Güte sogar etwas besser. Ich hätte mir die Bildung der Wirbelströme anders vorgestellt und vermutet, daß Klingen die Resonanzfrequenz und Güte mehr beeinflussen.

2. Überraschung für mich:
Alnico-Bar und Alnico-Rods unterscheiden sich so gut wie gar nicht, zumindest nicht für mich messbar. In keinem Punkt.
Insgesamt liegen Resonanzfrequenzen und Güten zwischen Luft/Ferrit und Stahl - das war allerdings auch zu erwarten.

Keine Überraschung (mehr): Das Kernmaterial in der Spule spielt die entscheidende Rolle bei gleichem Spulenaufbau. Hieraus resultiert wohl auch die Klassifizierung "Alnico-Sound" vs. Stahlplug-Sound vs. Ferrit-Sound.
Ferrit tut so gut wie nichts, Alnico dämpft Resonanzfrequenz und Güte, Stahl dämpft beides nochmal mehr.
Dafür bringt Stahl/Eisen in der Spule den größten Zugewinn an induktivität und Ausgangspegel, Alnico, egal ob als Slugs oder als Klinge, bringt hier nur verhältnismäßig wenig.

Noch eine kleine Gegenüberstellung der typischten Vertreter:
ML-Strat-SC Modifikationen.jpg
Damit sollte ein grundlegender Baustein der PU-Grundlagen erschlagen sein, der zumindest meinem Verständnis der Materie auf die Sprünge hilft.
Dies in Zusammenhang mit den Spulen-Grundlagen (Windung vs. Polarität) und Magnetfeld-Geometrien sollten dann auch eingentlich den überwiegenden Teil der Zusammenhänge abdecken die es braucht, um einen PU halbwegs vorhersagbar zu entwickeln.
Natürlich gibt es dann noch Feinheiten wie Wicklungskapazität durch Art der Wicklung, Isoliermaterial und Wachstränkung oder nicht, aber angesichts der dominanten Faktoren sollten das nur Nuancen sein.
Über die Vergleichbarkeit der Geberspulen-Messung mit den Realitäten echter schwingender Saiten kann ich mangels geeignetem Messaufbau noch nicht viel sagen - andere aber offenbar auch nicht ;). Aber ich arbeite dran :D
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#123

Beitrag von zappl » 03.06.2016, 00:28

Wiedermal: (clap3)

Könnte mir aber vorstellen, dass der Unterschied zwischen Bars und Rods gerade bei Bendings (was ein denglisch) Unterschiede zeigen... aber das ist reine Spekulation von mir. ;)

Wie sieht'n dein Aufbau zur Messung des Outputs nun aus? Oder habe ich etwas überlesen?

Edit: Bin aber auch etwas überrascht von den Ergebnissen. Auf Basis meiner Erfahrung mit verschieden Pickups war ich der Meinung, dass gerade die eher "schlechten" Pickups, also meiner Einstufung nach solche mit geringem Output und wenig Brillianz oder "Detailtreue" diese mit Ferrit drunter und Strahlrods drinnen sind. Aber soviele untereinander vergleichbare PU-Typen hatte ich auch noch nicht im Einsatz und ich bin auch gerade viiiel zu müde um deine Ergebnisse weiter zu hinterfragen (sorry!). (whistle)

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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#124

Beitrag von helferlain » 03.06.2016, 06:32

(clap3) (clap3) für so viel Mühe und Experimentierfreude!

Ich war einige Beiträge früher schon etwas irritiert, das dort Rückschlüsse auf Klingen-PUs gezogen wurden, die ich so nicht bestätigen kann. Wie deine aktuelle Messung zeigt, ist eine gewisse Dämpfung der Fs vorhanden, muss aber nicht zwingend nachteilig sein. Im Idealfall landet man sogar in einem sehr angenehmen Bereich?

Ich bin mit mehreren Klingen PUs sehr zufrieden. Falls du Kapazität frei hast, kann ich Dir gern eine Ladung zum durchmessen zuschicken :)
Grüße, helferlain
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Re: Pickup - physikalische Grundlagen und Zusammenhänge?

#125

Beitrag von MiLe » 03.06.2016, 09:52

moin,

wieder Danke für die Blumen :)
zappl hat geschrieben:Könnte mir aber vorstellen, dass der Unterschied zwischen Bars und Rods gerade bei Bendings (was ein denglisch) Unterschiede zeigen... aber das ist reine Spekulation von mir. ;)
Aber eine korrekte Spekulation ;)
Genau das war der Grund, warum ich unbedingt mit Klingen bauen wollte. Macht sich naturgemäß am stärksten bei Bendings in hohen Lagen und Neck-PU bemerkbar, aber auch da weniger, als es die reinen Messwerte vermuten lassen. Aber wenn ich bende, soll das meistens ein Akzent sein und der soll ja nicht weniger Output bringen als der Rest.
zappl hat geschrieben:Wie sieht'n dein Aufbau zur Messung des Outputs nun aus? Oder habe ich etwas überlesen?
Hast Du ;) http://gitarrebassbau.de/viewtopic.php? ... =75#p99448
Aber Vorsicht: Der per AC-Voltmeter gemessene Output hängt vom Batteriezustand und damit der Drehzahl ab (naughty)
Der PU-Output hängt ab von Saitendicke (immer gleich), Entfernung zum PU (möglichst auch immer gleich), Saitenaplitude (solange Saite nicht verbogen ist immer gleich) und Saitenschnelle senkrecht zum PU (variiert mit der Drehzahl variiert mit dem Batteriezustand).
Deswegen mache ich alle Messungen, die direkt gegenübergestellt werden, immer kurz hintereinander, auch wenn ich einen PU schon zig mal gemessen habe ;)
Aber auch da ist Vorsicht bei der Interpretation geboten, denn während bei dieser Messung die Fakoren immr gleich sind, sind sie es in der Realität nicht. Beispiel: Ich könnte die Rods auch aus Neodym nehmen. Dann wäre der so gemessene Output wahrscheinlich noch deutlich höher (besser?????) aber die Saiten würden an den Magneten kleben. Also Abstand PU_Saite vergrößern, aber was bleibt dann noch vom höheren Output?. Der Messvorrichtung ist das Banane, der Motor ist stark genug ;)
Deswegen habe ich ja in der Tabelle auch noch die Feldstärken der verwendeten Magneten angegeben. Die rund 90 mT der Alnico-Rods dürften in der Praxis einen etwas größeren Abstand erzwingen, was den Pegelvorteil (zum Teil) wieder aufheben sollte.
zappl hat geschrieben:Edit: Bin aber auch etwas überrascht von den Ergebnissen. Auf Basis meiner Erfahrung mit verschieden Pickups war ich der Meinung, dass gerade die eher "schlechten" Pickups, also meiner Einstufung nach solche mit geringem Output und wenig Brillianz oder "Detailtreue" diese mit Ferrit drunter und Strahlrods drinnen sind. Aber soviele untereinander vergleichbare PU-Typen hatte ich auch noch nicht im Einsatz und ich bin auch gerade viiiel zu müde um deine Ergebnisse weiter zu hinterfragen (sorry!). (whistle)
Willkommen im Club (gähn ;) )
Bei gut und schlecht bin ich vorsichtig, das kommt zu sehr auf Geschmack und Einsatzzweck an. Der auch für das Experiment gequälte Singlecoil kostet 3.- €. Hat Stahlrods und Ferritbar und gefällt mir klanglich so gut, daß ich (endlich erfolgreich) versucht habe, zumindest eine Doppelspule meines Quad-Coil-Sidewinders genau in diese Richtung zu bringen.
Man muss halt echt aufpassen, was man vergleicht, denn ganz schnell schiebt man ein bestimmtes klangliches Ergebnis einem Konstruktionsmerkmal zu, das eigentlich gar nicht dafür verantwortlich ist - genau deshalb ja das Experiment mit immer gleicher Wicklung.
Zumindest messtechnisch kann man die Ferrit-Stahl-Variante ganz leicht wie die Alnico-Slug-Variante aussehen lassen - indem man einfach mehr Wicklungen draufpackt ;) Oder aber die Alnico-Variante dünner, indem man Wicklungen einspart. Die Kombination macht's.
Nach dem, was ich bisher zu wissen glaube, erziele ich bei einer gegebenen Resonanzfrequenz und Güte aber einen höheren Output mit Ferrit + mehr Wicklungen als mit Alnico oder Stahl und weniger Wicklungen. Es wird halt irgendwann ein Handling-(dünner Draht) oder Platzproblem. Zudem meine ich langsam herauszuhören, daß besonders hochohmige PUs (dünner Draht, viele Wicklungen) bei HighGain ein vernehmliches Rauschen (nicht Brummen!) erzeugen als moderatere Konstruktionen. Da scheint man also auch an Grenzen zu Stoßen.
helferlain hat geschrieben:Ich war einige Beiträge früher schon etwas irritiert, das dort Rückschlüsse auf Klingen-PUs gezogen wurden, die ich so nicht bestätigen kann.
Ja meine Güte - warum meckerst Du dann nicht? Ich bin doch froh wenn mich jemand zurückholt, bevor ich allzu weit in die falsche Richtung renne. :D
Da bin ich wohl einer Fehlmessung aufgesessen. Sehr wahrscheinlich hatten einige Exemplare einen Windungsschluss bzw. einen Schluss mit der (elektrisch leitenden) Klinge - bei meiner Fummel-Bauweise passiert das ganz schnell. Das bügelt dann die Resonanz weg wie nix - je nachdem, wo genau der Schluss liegt. Da mir das Ganze selbst nicht geheuer war eben das Experiment - eine Spule auf Kunststoff-Bobin ist da relativ sicher :)
Was auch noch sein kann: Bei meinen eigenen "Kreationen" wickle ich ja direkt auf den (mehr oder weniger gut isolierten) Kern, während die meisten käuflichen PUs noch eine Kunststoff-Bobbin dazwischen haben. Somit ist da der Abstand der Wicklung zum Kern größer, was auch nochmal etwas ausmachen kann. Das kann ich aber nicht unter ansonsten identischen Bedinungen testen.
helferlain hat geschrieben: Wie deine aktuelle Messung zeigt, ist eine gewisse Dämpfung der Fs vorhanden, muss aber nicht zwingend nachteilig sein. Im Idealfall landet man sogar in einem sehr angenehmen Bereich?
Das muss absolut nicht nachteilig sein, im Gegenteil. Eine Güte von > 5 dB bei Fs 3-5 KHz empfinde ich auch eher als unangenehm und nervig. Klingt meist, als würde ich die Eingangsstufe meines Helix in diesem Frequenzbereich digital überfahren :? . Hohe Güte ist also nicht automatisch gut. Aber eine (zu) hohe Güte kann ich passiv ja nach Belieben runterziehen, bin also variabel. Bei einer niedrigen Güte bin ich mehr oder weniger auf das festgenagelt, was zu Anfang schon rauskommt. Daher meine Vorliebe für hohe Güten.
Nicht umsonst verwendete wohl Fender gerne 2 hintereinander geschaltete 250K-Potis. Macht 125K in der Gitte und dann am Amp (mit 1M Eingangswiderstand) in der Summe 111 K, und das dämpft schon gewaltig.
helferlain hat geschrieben: Ich bin mit mehreren Klingen PUs sehr zufrieden. Falls du Kapazität frei hast, kann ich Dir gern eine Ladung zum durchmessen zuschicken :)
Definiere Ladung :D So 2-3 würde ich schon noch durch den Messaufbau jagen.
Liebe Grüße,
Michael

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