Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

wie und womit erreiche ich das gewünschten Finish?
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flyaway
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Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#1

Beitrag von flyaway » 19.09.2017, 23:31

Hallo liebes Forum,

15 Jahre ist es her, dass ich einen alten Archtop-Body, einen Hals, die Mechaniken und alles drum und dran erworben habe.
Ich habe den Body (teilweise) abgeschliffen, den Hals anpassen lassen und dann kam das Studium und ich hatte für mein Projekt weder Zeit noch Geld übrig.
15 Jahre später - angespornt durch ein anderes erfolgreiches Selbstbauprojekt möchte ich das Projekt wieder aufnehmen. Der nächste Schritt ist die Lackierung.

Der Korpus ist von einer Jolana Diskant (Tschechische Produktion aus den 1960er Jahren), eine wunderschöne Archtop (siehe Bilder). Der Deckel ist wohl Sperrholz (Triplex), vielleicht Fichte oder Ahorn. In der Mitte ist eine wunderschöne Maserung, die ich gern erhalten würde. Vorher war deckend lackiert, viel zu schade... Die Rückseite habe ich noch in der Originallackierung gelassen, wird aber evtl. noch geschliffen - vielleicht auch original lassen - was meint ihr?

Ich würde gern weinrot beizen (Clou Dunkelrot) und dann mit Hartwachsöl (transparent) behandeln, so dass die Holzmaserung durchkommt.
Da der Rand etwas gelitten hat (Ausrisse im Holz etc.) würde ich den Rand gern "deckend" behandeln, und das nach innen transparenter werdend. Frage ans Forum: Wie kann man das machen? Porenfüller in der Mitte mehr abschleifen als am Rand?

Vorgehensweise soweit (bitte korrigieren):
1. erneut wässern und glatt schleifen (240er oder 400er ?)
2. schwarze/dunkelbraune beize; dann wieder abschleifen (in Faserrichtung, oder?)
3. (-> rand deckend machen?)
3. dunkelrote Beize (Clou Pulverbeize)
4. Schnellschleifgrund (Clou) oder anderer Porenfüller, abschleifen -> was nehmen?
5. Binding ankleben
6. Prozedur mit Hartwachsöl:
Hartwachsöl dick auftragen, abwischen nach 30 Min, Zwischenschliff mit 0er Stahlwolle
Hartwachsöl mit Tuch auftragen, abwischen nach 30 Min, Zwischenchliff mit 000er Stahlwolle
Hartwachsöl mit Tuch auftragen, abwischen

Ich habe leider keine Sprühpistole zu Verfügung, deshalb auch das Hartölfinish.
Bei einem Spielzeugprojekt hat das wunderbar funktioniert.

Vielen Dank für eure Hilfe.

Steffen
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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#2

Beitrag von AsturHero » 20.09.2017, 01:36

hui, da kommt ne Menge Arbeit ;)
wäre schon, wenn du bitte von den Fehlstellen mal ne größere Aufnahme machst, dann fiele es leichter ob deckend oder nocht, bzw. ob spachteln von nöten ist oder nicht...

Ohne Sprühpistole wirst du kaum oder nur sehr "billig" und "willkürlich" eine Art Burst oder Transparenz schaffen, die auch gleichmäßig ist, zu groß die Gefahr, dass bei Sprühdosen wenn du versuchst nebelig/transparenter zu sprühen, du Lackrotzer auf die Oberfläche bekommst.
Was sehr wohl gut geht und da gibt es genug Videos auf YT, das du beim Top ein schönes Burst auf Wassertüten-Beize hin bekommst.
Wenn lackieren aber dann nur die ZArge...

Du hast den Body so schön abgeschliffen, ich würde jetzt nun auch die Rückseite abschleifen...sonst sieht das kagge aus, vorn hui und neu und hinten bah ;)
lg Antonio

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#3

Beitrag von Poldi » 20.09.2017, 05:47

Als erstes mal würde ich mir auch vornehmen die Rückseite abzuschleifen, das kann hinterher wirklich sch...e aussehen.
Wässern und schleifen auf jeden Fall, erst mit 240/320er, beim 2. oder 3. Durchgang dann sogar bis 600er. Du siehst dann auch beim Wässern ob du noch Kratzer vom 240/320er Papier hast.
Wenn Du unter Punkt 2. verstehst das Du damit die Riegel anfeuern möchtest dann kannst Du das so machen aber sei Dir darüber im klaren das die Beize je nach Holz ca. einen halben mm ins Holz einzieht und du das wieder schleifen musst.
Dunkelrote Beize mag gehen, ist aber auch Holz abhängig. Normalerweise macht man immer Probebeizungen an Resten.
Das Binding, wenn es aus ABS ist, klebst Du am besten mit Aceton oder Sekundenkleber an.
Wenn Du Sekundenkleber nimmst dann sabbert das schon mal auf die Decke/Zarge, auch das muss wieder sauber abgeschliffen werden da dort sonst die Beize nicht einzieht. Dafür geht das schneller.

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#4

Beitrag von bea » 20.09.2017, 08:43

Wie immer in solchen Fällen möchte ich als gebranntes Kind davor warnen, ehemals deckend lackierte Holzoberflächen zu beizen. Die Gefahr, dass das Holz die Beize ungleichmäßig annimmt, ist einfach zu groß. Wenn Du irgend kannst, solltest Du das Instrument mit einem lasierend abgetönten Lack lackieren.
LG

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#5

Beitrag von Poldi » 20.09.2017, 11:32

Recht hat sie, die Bea.
Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, das, wenn beim Wässern eine gleichmäßige "dunkelfärbung" des Holzes erreicht wird dann klappt das auch mit dem beizen.

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#6

Beitrag von ugrosche » 20.09.2017, 12:35

Ich habe den Spaß ja schon hinter mir. Hatte auch eine lackierte Archtop geschliffen und dunkelrot gebeizt. Wenn das nicht sauber geschliffen ist, wird's scheckig; die Altlackierung geht tiefer als man meint. Gleichmäßig ausreichend tief abschleifen ohne Durchschliff ist fast unmöglich. Daher hatte mir Bea damals schon geraten, dass ich das lieber mit farbigere Lasur gemacht hätte. Einen Eindruck, wie das (einfarbig) wahrscheinlich aussehen würde, kannst Du hier bekommen; abgeschliffen sah das damals aus wie bei Deinem Schmuckstück:
http://gitarrebassbau.de/viewtopic.php?f=22&t=6697
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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#7

Beitrag von flyaway » 21.09.2017, 20:19

Hallo zusammen,

vielen herzlichen Dank für eure Antworten.
Ich hänge mal ein paar neue Bilder an, die ich heute gemacht habe.

@Bea und ugrosche:
Danke für die Warnung bzgl. Gleichmäßigkeit.
In Anbetracht der Tatsache, dass man nochmal abschleifen müsste würde ich das anfeuern wohl lassen, um nicht noch mehr Decke wegzunehmen. Theorethisch (korrigiert mich wenn ich falsch liege) könnte ich doch aber erstmal Beizen - wenns halt nicht gut aussieht, dann eben deckend lackieren. Die Beize sollte ja dabei nichts machen - oder?

@Ugrosche: Dein Schmuckstück sieht fabelhaft aus. Diese leichte wolkige Optik finde ich absolut nicht schlimm, eher einen Hingucker.
Wenns so werden würde, wär toll.

Zum aktuellen Status:
IMG_0030.jpg
IMG_0036.jpg
Anbei auch die Bilder von den Schadstellen.
1x am Rand die große Stelle (Ausriss), oben auf der Decke noch 2 kleine Stellen.
Gehe ich recht in der Annahme, dass man hier die Schadstellen mit einem Mix aus Holzkleber und Schleifstaub füllt (und danach abschleift)?
IMG_0033.jpg
IMG_0034.jpg
IMG_0035.jpg

Angenommen, ich wage das Beizen - Porenfüller/Grundierung vorher oder nachher?
Bzgl. Halbtransparent: Meine Überlegung wäre: vor dem Beizen komplett deckend grundieren und dann mit 000er-Stahwolle langsam diese Schicht in der Mitte wegnehmen (d.h. transparent machen). Danach alles Beizen. Gibt es so ein Verfahren? Womit würde man so etwas machen?

Bzgl. Finish: Meine Idee war ja Hartwachsöl (Clou). Das hat auf einem Kinderspielzeug (Foto) recht gut geklappt. Dort sieht man auch die Farbe, die dabei rauskommen sollte. Kann man eine deckende Schicht auftragen und danach Ölen/Hartwachsöl?
Aber wenn das nicht geht, muss ich halt deckend lackieren, notfalls mit Sprühdose.
IMG_0020.jpg

Zur Sicherheit nochmal: Binding kleben vor oder nach dem Beizen? Man muss ja oben den Rand noch abschleifen, also eher davor(?)

Vielen Dank. Ich freue mich, das Projekt wieder aufzunehmen :)
Viele Grüße.

Steffen

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#8

Beitrag von ugrosche » 21.09.2017, 21:09

An den Stellen, wo Kleber/Porenfüller/Grundierung ist, zieht die Beize nicht richtig ein. Ausfüllen der Schadstellen mit Holzleim-Holzstaub-Gemisch könnte zu hellen Stellen führen. Das würde ich auf jeden Fall erst an einem anderen Holzstück probieren. Evtl. könnte dieser Holzkitt/Spachtelmasse besser geeignet sein. Ich hatte mal so ein Döschen von Clou, das war "offenporig", also beizbar.
Binding auf jeden Fall vorher anleimen. Hast Du Kunststoff-Binding? Dan hält die Beize ohnehin nicht und evtl. Reste können dann mit einem feuchten Tuch abgewischt werden. Bei Holz-Binding musst Du sauber abkleben oder die Beize mit einem Messer hinterher wieder in Binding-Breite abkratzen. Wenn Du es nach dem Beizen anleimst, schleifst Du die Beize beim Binding-Bündigschleifen wider teilweise ab.
Hartwachsöl hatte ich bisher nur mal auf gebeizten Möbeln, bei Gitarren habe ich keine Erfahrung. Hatte nicht diesen richtigen Hochglanz, war etwas matter.
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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#9

Beitrag von jhg » 21.09.2017, 21:42

Binding immer vorher ankleben - das wird sonst nix. Ansonsten würde ich dir auch sehr zu einer transparenten Lackierung raten. Beizen von abgeschliffenen vorher lackierten Sperrholzteilen hat die Chance grandios zu scheitern. Ich würde es lassen.
Eine andere Möglichkeit wäre evtl. eine Lackierung mit ÖL-Lack den du passend eingefärbt hast. So, wie es die Geigenbauer machen - da gibt es ja diesbezüglich hier ein paar Experten, die etwas dazu sagen könnten. Wichtig dabei wäre ein sehr guter Pinsel. Lack gibt es hier:
http://www.hammerl.com/deutsch/oellack.php
Das Binding wird hinterher mit einer Klinge wieder frei geschabt.

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#10

Beitrag von bea » 21.09.2017, 23:06

Zum Ausbessern Ausbessern der Schadstellen solltest Du Gelatine als Leim verwenden - warm wie Knochenleim (Gelatine ist gereinigter Knochenleim!). Auf keinen Fall Weißleim, weil der beim Finish Streß machen wird.

Mit dem Öllack von Hammerl habe ich noch nie gearbeitet, erwäge das aber für meine Six. Mein RD-Bass ist mit Wasserbeize gebeizt und in vielen Schichten mit Clou Hartöl "lackiert". So vielen, dass das Hartöl nachher polierbar war.

Aber in diesem Fall würde ich tatsächlich Öl-, Spiritus- oder den Gitarrenlack von Hammerl nehmen, und zwar eingefärbt. Vorher vielleicht mal bei der Firma anfragen.
LG

Beate

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#11

Beitrag von flyaway » 31.01.2020, 13:23

Hallo zusammen nochmal,

Obwohl der Thread schon recht alt ist, ist er noch nicht tot!
Ich bin inzwischen mit den Projekt soweit, dass ich im Frühjahr das Lackieren anfangen kann & möchte.

@bea :
Du hattest ja von Beize abgeraten (da werd ich mich auch dran halten) und farbigen Lack vorgeschlagen.

Kann ich folgendes machen?
0. Grundieren mit Nitro-Grundierung farblos
1. Zarge (weil nicht so schönes Holz) zweite Grundierschicht weiß
2. lackieren (mit eingefärbtem NitroLack). Zarge ist ja dann durch den weißen Grund deckend, Deckel und Boden halbdurchlässig. Oder?
3. Klarlack drauf

vorher die Maserung anfeuern? (Stark verdünnte dunkle Beize), per Ballen aufgetragen?

Last-but-not-least - du hattest vorgeschlagen Gelatine/Schleifstaub als Holzkitt zu nehmen.
Erster Versuch am Probestück war mäßig... als Leim Super, als Kitt nicht so (sah nach zu viel Gelatine aus, aber mehr Staub hat’s nicht besser gemacht). Hast du ein Geheimrezept?

Viele Grüße,
Steffen

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Re: Archtop - Hartöl halbtransparent und viele Fragen

#12

Beitrag von bea » 31.01.2020, 22:31

Wegen der weißen Grundierung hätte ich Bedenken. Auch nicht so schönes Holz kann semitransparent lackiert noch schön "natürlich" aussehen. Ist bei meiner Sperrholz-Isana (Sorgenkind 2) auch so. Mit deckend weiß drunter wird das (bestenfalls?) nichts halbes und nichts ganzes.

Und von Nitrolack würde ich möglichst die Finger lassen: moderner Nitrolack neigt viel stärker zur Rissbildung als früher - und Du willst ja wohl eher nicht riskieren, in 2 Jahren alles noch ein weiteres Mal neu machen zu wollen.

Den Tipp mit dem Lack vom Geigenlackspezialisten (Hammerl/Joha: www.joha.eu) habe ich ja nicht umsonst gegeben.

Füllen mit irgendwelcher Holzpaste bleibt in jedem Fall problematisch, auch wenn man sie mit Knochenleim erzeugt und auch, wenn das etwas weniger schlecht geht als mit fertig kaufbarer Paste. Wie gut oder schlecht, dürfte auch von der Körnung des Schleifstaubs abhängen (ich habe bisher immer Korn 180 oder 240 zum Erzeugen genommen). Aber unter einer doch recht dunkel eingetönten Lackierung sollte das doch kaum noch auffallen.
LG

Beate

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