Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

Alles um einen alten Schatz aufzufrischen ... auch am Finish
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tzurby
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Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#1

Beitrag von tzurby » 17.11.2023, 13:35

Ich habe eine Jazz Bass Kopie von Navigator (ESP) erworben (Bj. 1982). Ein wunderschönes Instrument, alles sehr hochwertig, doch leider ist der Hals krumm. Ich messe einen "relief" von 0,7mm.

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Mit dieser Methode (https://www.youtube.com/watch?v=bsTnapERUEs) hat es zunächst geklappt. Dabei gelang es mir, die weit innen liegende Verstellschraube, die aber noch Gewinde hat, etwas weiter anzuziehen. (Das Holz dahinter muss ziemlich komprimiert sein.)
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Doch nach kurzer Zeit hat der Hals die alte, zu große Krümmung wieder angenommen.

Man muss wohl mehr Hitze auf den Hals ausüben. Das ist allerdings riskant (vgl. https://hazeguitars.com/blog/warped-nec ... t-treating). Doch bevor man zur "nuklearen Option" übergeht (https://www.youtube.com/watch?v=E4JYH_HaixI) (oder den Hals wegschmeißt), würde ich es gerne versuchen.

Wo bekommt man in Deutschland diese Hitzematten aus Silikon, möglichst regelbar? Und wie hoch sollte die Temperatur sein? Wie lange sollte es sein.

Ich hatte vor vielen Jahren Mal das gleiche Problem an einem abgerockten 1960er Precision Bass. Den hat mir damals Jerry Auerswald aus Konstanz (der, der für Prince Gitarren gefertigt hat) gerichgtet, indem er ihn, so meine Erinerung, über viele Wochen in einer Presse bei - ich glaube - mäßiger Hitze unter Druck auf die andere Seite (back bow) gebogen hat. Dies hat bis heute gehalten.

Ich weiß nicht, ob dies die erste Variante der Hitzebehandlung war (Lack aufbrechen) oder die zweite, für die man gemäß haze guitars mehr Hitze benötigt (Holz krümmen).

Vielen Dank schon Mal für sachdienliche Hinweise.

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#2

Beitrag von jhg » 17.11.2023, 16:39

Also wenn der Halsstab nicht mehr ordentlich funktioniert, dann bringt das Biegen auch nur bedingt etwas. Entweder braucht es da ein paar passende Unterlegscheiben oder der Muss neu gemacht werden.
Im Prinzip könnte man es auch mit sowas probieren - aber das wir hier kaum jemand zur Verfügung haben:
https://www.stewmac.com/luthier-tools-a ... tool-sets/

Da sieht man die speziellen Unterlagen für den Halsstab, wenn die Auflagefläche schon zu weit komprimiert ist.

Ansonsten hat Andreas Rall so Heizmatten im Angebot:
https://shop.rall-online.net/epages/615 ... s/19170042

polytune
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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#3

Beitrag von polytune » 17.11.2023, 17:56

Hallo,
ich hatte mal ein ähnliches Problem bei einer alten Maya Strat, der Hals ließ sich nicht mehr einstellen, ich war schon am überlegen, ob ich nicht ein neues Griffbrett anfertigen soll, neue Trussrud usw..... Habe dann doch die Mutter mit Mo2 behandelt und immer wieder vorsichtig diese angezogen und derweil ein paar hochstehende Bundstäbe nachgeklopft. Dadurch hat sich der Halsstab gelockert und funktioniert wieder. Habe das dann mit einem Gitarrengeschäftsinhaber diskutiert, der mir bestätigte, dass er alte nicht mehr funktionierend Hälse erst mal mit dem Gummihammer bearbeitet.... Bei mir hat's funktioniert.

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#4

Beitrag von Foster » 18.11.2023, 09:21

Hier das Vorgehen von Benno K Streu. Die Griffbretter waren aber vermutlich mit Knochenleim verleimt.
20231118_091341.jpg
Gruß vom Foster

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#5

Beitrag von tzurby » 18.11.2023, 10:56

jhg hat geschrieben:
17.11.2023, 16:39
Also wenn der Halsstab nicht mehr ordentlich funktioniert, dann bringt das Biegen auch nur bedingt etwas. Entweder braucht es da ein paar passende Unterlegscheiben oder der Muss neu gemacht werden.
Im Prinzip könnte man es auch mit sowas probieren - aber das wir hier kaum jemand zur Verfügung haben:
https://www.stewmac.com/luthier-tools-a ... tool-sets/

Da sieht man die speziellen Unterlagen für den Halsstab, wenn die Auflagefläche schon zu weit komprimiert ist.
Wenn ich das richtig verstanden habe, greift diese Lösung nur dann, wenn das Ende des Gewindes erreicht wurde, was bei meinem Bass nicht der Fall ist.

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#6

Beitrag von tzurby » 18.11.2023, 10:58

polytune hat geschrieben:
17.11.2023, 17:56
Hallo,
ich hatte mal ein ähnliches Problem bei einer alten Maya Strat, der Hals ließ sich nicht mehr einstellen, ich war schon am überlegen, ob ich nicht ein neues Griffbrett anfertigen soll, neue Trussrud usw..... Habe dann doch die Mutter mit Mo2 behandelt und immer wieder vorsichtig diese angezogen und derweil ein paar hochstehende Bundstäbe nachgeklopft. Dadurch hat sich der Halsstab gelockert und funktioniert wieder. Habe das dann mit einem Gitarrengeschäftsinhaber diskutiert, der mir bestätigte, dass er alte nicht mehr funktionierend Hälse erst mal mit dem Gummihammer bearbeitet.... Bei mir hat's funktioniert.
Das probiere ich auch Mal - vorsichtig. Hochstehende Bundstäbe gibt es allerdings nicht.

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#7

Beitrag von tzurby » 18.11.2023, 11:25

Foster hat geschrieben:
18.11.2023, 09:21
Hier das Vorgehen von Benno K Streu. Die Griffbretter waren aber vermutlich mit Knochenleim verleimt.
20231118_091341.jpg
Das ist die beste Erkläung, die ich bislang gefunden habe. (Der Text wurde auch auf einem anderen Forum empfohlen.) Vielen Dank für den Text.

Man löst also das Griffbrett (durch Erhitzung) und dieses wird beim Abkühlen in der richtigen Biegung des Halses wieder angeleimt.

M.E. müsste allerdings das gesamte Griffbrett gelöst werden, sonst würde man dieses ja stauchen, was mir angesichts des sehr harten Griffbrettholses (Palisander) unwahrscheinlich erscheint. Es müsste dann am Ende des Prozederes leicht überstehen. Richtig?

Jetzt muss ich nur das richtige Heizband finden, eines, das den Hals nicht zu sehr und nicht zu wenig erwärmt (60-80 Grad).

Auf die Schnelle finde ich nichts. Die Bänder für Wasserrohre scheinen mir zu schwach zu sein. Die anderen sind Industrieanwendungen, an die man so ohne weiteres nicht herankommt, und die vermutlich ziemlich teuer sind.

Oder doch die Heizmatte von Rall, die es ja auch in der Ausführung "Hals- bzw. Griffbrettreparatur" gibt. Das Regelgerät dazu kostet allerdings €350...

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#8

Beitrag von polytune » 19.11.2023, 10:06

Hallo Tsurby,
hast Du den Hals schon bekloppt? Wahrscheinlich wird das in Deinem Fall nix helfen, die Strat war damals so verranzt, ich schätze, die war jahrzehntelang in einer Raucherkneipe gehangen, da war der Halsstab innerlich verhakt, evtl. durch Korrosion.
Ich habe auch noch so einen Kandidaten, einen original Fender Jazzbasshals, der sich auch nicht spannen lässt. Ich glaube nicht dass das mit dem warmmachen was hilft...
Wie wäre es, wenn man das Griffbrett über der Trussrodmutter entfernt, eine Art T-Nut anfertigt, und dort ein Stück Metall mit Loch oder eine modifizierte Beilagscheibe als Widerlager einsetzt.
Bei meinem Hals scheint es so zu sein, dass sich die Mutter immer weiter in's Holz reinfrisst und auch schon das Griffbrett etwas deformiert. Ich habe mich bis jetzt noch nicht rangetraut, wg. original Fender Hals aus den 70ern usw. Ich könnte mir vorstellen, dass man das ziemlich unsichtbar hinbekommen könnte.

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#9

Beitrag von tzurby » 19.11.2023, 10:19

Vielen Dank für den Hinweis. Ich hab auch noch nicht gehämmert...

Das Griffbrett entfernen (= "nuclear option" gemäß guitologist), da traue ich mich nicht heran, zumindest derzeit nicht. Ich versuch es erst Mal mit der Hitzemethode. Das Griffbrett hat sich ja noch gar nicht gelöst (60-80 Grad, ich vermute für mindestens 15 Minuten), und es konnte noch nicht geprüft werden, ob es dadurch behoben werden kann.

Das Holz wird aber wohl weiter komprimiert bleiben. Es kommt m.E. darauf an, eine weitere Kompression so klein wie möglich zu halten.

Für die nukleare Option würde ich dann doch wohl zum Gitarrenbauer gehen.

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#10

Beitrag von www.rall-online.net » 19.11.2023, 22:52

Hallo zusammen,
wenn ich es richtig lese, hat mich tzurby per Mail über den Shop angeschrieben und ich dachte, melde ich mich hier mal wieder und hoffe, etwas dazu beizutragen. ;-)

tzurby, danke dir für deine Anfrage.
Die Frage war, ob man die Heizmatten auch ohne Regelgerät nutzen könne - als Hersteller kann ich nur sagen: natürlich nicht.

Das ist eine reine Sicherheitssache. Kann man sich leicht vorstellen, dass wenn etwas ungeregelt heiß wird, dass was passiert....
Wenn sich jemand damit seine eigene "Maschine" baut, hat er dafür zu sorgen, dass er sie sicher betreibt. Wenn dazu die Heizmatte von den Maßen passt und man sich eine Lösung baut, die das erreicht was man möchte – warum nicht. Da ist der Hersteller der einzelnen Komponenten zwecks Haftung ja dann raus.
Bis hier ist das leider noch kein wirklich hilfreicher Beitrag zum Thema.

Aber:
Die Diskussion ist ja, wie man wieder dazu kommt, den Relief einstellbar zu bekommen.
Übrigens muss ein Relief da sein - unter Saitenzug gibt Fender für den Bass 0,4mm am 7. Bund an.
Wenn man das in etwa hinbekommt - dann würde die Finger weglassen.

Was Hr. Streu beschreibt funktioniert deswegen, weil die Leimfuge in gewissem Maße wieder ins fließen kommt und man dann den Zustand wieder einfriert.
Das kann ich sagen funktioniert recht gut.
Beschriebene "Halsheizung" war von Aehnelt Tools und wird soweit ich weiß nicht mehr hergestellt. Hat damals fast 1.000 DM gekostet. Ich habe noch eine und habe sie immer gerne für so etwas benutzt.
Das ist ein Rechteck-Rohr mit 40x60mm, das innen drin ein flächiges Heizelement verbaut hat, welche über ein Thermostat eingestellt werden kann.
Das dürfte mit einer Heizmatte auch gehen - wie gesagt, an die Sicherheit denken...Abschaltung, Erdung, Übertemperatur...

Mit den Klemmen und untergelegten Holzstückchen "verdrückt" man den Hals gezielt.
Aber sie funktioniert nicht mit jedem Leim. Wenn der Hersteller z.B. Klebstoffe aus der Möbelindustrie verwendete, beißt man sich die Zähne aus. Weißleim, Proteinleime - alles kein Problem.

Man muss den Punkt erreichen, an dem die Sache wieder flexibel wird und die umgebenden Sachen wie Bindings, Dots und das Holz selber nicht zu heiß werden lassen, damit sie nicht schmelzen.
Ich denke, dass das Maximum der Temperatur bei so 60-70°C erreicht ist.
Mit der Halsheizung und einem Laserthermometer bringe ich Hitze so viel rein, dass ich das so nach 30 Minuten schonend auf die Temperatur gebracht habe.
Ich nehme als Überbiegung etwas mehr als das Doppelte der fehlenden Durchbiegung. Wenn also 0,9mm fehlen, dann gebe ich schon ca. 2,5-3mm Druck drauf und lasse das dann wieder abkühlen.
Ist mir auch schon passiert, dass es zu viel war - ja, dann muss man halt wieder dagegen biegen. :-)

Bei dem Bass Hals hier ist es noch etwas delikater, weil das ein Veneer-Board ist. Ein etwa 2,8mm starker Aufleimer. Das ist vom Aufbau her schon recht stabil, weil es ja ein Bogen ist. Geduld, etwas mehr Zeit... Parameter, an die man sich selber rantasten muss.

Ob sie die beiden Schichten bewegten (Hals / Griffbrett) merkt man oft daran, dass der Lack auf Höhe der Leimfuge sich bewegt hat. Evtl. etwas herausgequollen oder eingerissen.

Und noch was:
Aus meiner Erfahrung heraus hat es einen Grund, warum der Halsstab nicht funktioniert. Nicht wenig oft war dieser an sich falsch eingebaut. Hatte es mal, dass der Kanal fast gerade gefräst war oder auch, dass der eingeleimte Halsstreifen nicht tief genug in den gebogenen Kanal eingeleimt war. Damit war der One-Way Halsstab auch fast gerade, wenn man ihn anzog.
Einmal hatte ich einen Halsstab, der wie ein rostiger Ackernagel komplett durchgerostet war. Keine Ahnung, wie da so viel Wasser reingekommen ist. Da hilft kein Nachschneiden vom Gewinde…

Habe in meinen Fotos nachgesehen und habe von ähnlichen Reparaturen hier was eingefügt. Da kann man die Funktionsweise der Halsheizung sehen.

2004_Okt__0028_02.jpg
IMG_8292_02.jpg
Zur weiteren Lektüre:
Zum Austausch eines Halsstabes bei einem Jazz-Bass (mit flachem Griffbrett unten – Slab Board) habe auf meiner Facebookseite Bilder reingestellt. Dort ist auch gezeigt, wie man eine zu tiefe Mutter wieder nach vorne bringt. Vorausgesetzt natürlich, dass das Gewinde funktioniert. Das Schneidwerkzeug von StewMac ist soweit ich weiß nicht für jedes Gewinde geeignet. M5 oder M6 geht nicht. Welches Gewinde man hat, kann man an der Mutter ausprobieren oder mit einer Gewindelehre nachmessen.
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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#11

Beitrag von tzurby » 11.12.2023, 11:46

Andreas Rall hat mir freundlicherweise die Heißpresse (nennt man das so?) überlassen. (Das Ding scheint übrigens von Aria zu stammen. Suche Google.) Allerdings sind alle meine Versuche bislang gescheitert.

Beim ersten - vielleicht zu zahrten - Versuch brachte ich den relief zunächst von 0,8 auf 0,4 herunter (8. Bund). Am nächsten Tag schien sich allerdings zu bewahrheiten, was hier ein Gitarrenbauer sagt (http://www.lutherie.net/neck.html): "More often than not, the warped wood remembered where it was in the first place, and returned to that shape." Der relief war wieder auf 0,8.

Ich ließ mich davon nicht entmutigen (und auch nicht davon, dass der besagte Gitarrenbauer meint, die Hitzebehandlung "only actually worked 10% of the time, at best"), und ging erneut ans Werk. Diesmal mit etwas mehr Hitze. Die Heißpresse selbst wurde unten etwas über 100 Grad heiß, das Griffbrett etwas über 40 Grad (gemessen mit dem Thermometer eines Multimeters). Im Maximum. Diese Temperatur für etwa 10 Minuten. Der Halsrücken war handwarm. (Hier werden übrigens 43-51C empfohlen, nicht mehr: https://www.eastbayguitars.com/blog/you ... heat-press.)

Der Trussrod war immer locker beim Erhitzen. Erst nach dem Erkalten (mindestens 24 Std.) habe ich ihn wieder leicht angezogen, jedenfalls nicht so stark wie im Ursprungszustand.

Das Ergebnis nach dem 2. Versuch: Ein up-bow im 9. Bund, also eine Delle nach oben. Selbst ein vollkommen loser Halsstab beseitigte das massive Scheppern nicht. Auch nicht dickere Saiten.

Also das Ganze in umgekehrter Richtung. Erneut bin ich eher zart darangegangen. Und das Ergebnis ist: die Delle hat sich vom 9. auf den 4. Bund verschoben. Bei lockerem Halsstab liegt der relief bei 0,7mm. Wenn man ihn anzieht, wird der relief etwa kleiner (ich maß einmal 0,3 mm), aber die Beule im 4. Bund bleibt.

Ich dachte dann, ich sollte den Hals wohl doch einem Profi geben und habe Jerry Auerswald, der einmal genau eine solche Reperatur für einen abgerockten 1961er Precision Bass ganz wunderbar hinbekommen hat, angeschrieben. Leider führt er keine Reparaturen mehr durch, sagte mir aber Folgendes: Der Halsstab sei verdreht. Diese Torsion führe dazu, dass die Schraube ihren Drehimpuls an das umliegende Holz überträgt. Diese erkläre auch, dass der Buckel wandere.

Er rät mir, den Halsstabschraube zunächst zu lockern und ihn ganz zu entspannen (ich würde ihn danach etwas "kneten", um alle Halsstabwirkung zu neutralisieren), um ihn sodann wieder sehr fest anzuziehen bzw. um den Hals zu "überbiegen". Wenn der Hals dies überstehe, sollte er "wieder langsam zurückfedern". - Allerdings war der Halsstab ja vorher bereits sehr fest angezogen, so dass ich nicht weiß, wie viel Holzkompression die Druckstelle noch aushält.

Keine Ahnung, ob dies funktioniert. Und ohne Wärmeeinwirkung. Auch frage ich mich, ob der Halsstab nicht immer wieder diese "Beulen" erzeugen wird (was er vorher nicht tat), was ja bedeuten würde, dass man den Hals (via Wäremeinwirkung) in die richtige Biegung bringen müsste, um mindestens 0,4 mm relief (0,3 mm ist Standardunter Saitenspannung zu erzeugen.

Oder müsste ein neuer Halsstab her? Das wäre ja eine sehr massive Reparatur.

Falls jemand einen Gitarrenbauer kennt, der so etwas durchführen könnte (bei einigermaßen moderaten Preisen) - unterhalb der Schwelle, den Halsstab ersetzen zu müssen -, wäre ich für Hinweise dankbar.

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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#12

Beitrag von www.rall-online.net » 15.12.2023, 17:41

Hallo tzurby,
danke für deinen Bericht.
Was schon mal ein positives Ergebnis ist: die Krümmung bleibt auch in einer anderen Position, als die Ausgangslage ist.
Neben dem Knopf für das Thermostat habe ich einen Strich gemacht - dort ist meine Einstellung der Hitze.

Wenn du es schafftest in den 9.Bund bzw. 4. Bund eine positive Erhebung zu drücken, dann ist die Frage, an welcher Stelle du hochgedrückt hast und wo was beigelegt. Und du musst es das nächste Mal so ansetzen und nur soviel drücken, dass es da ist, wo du es brauchst.
Ein Veneer-Board reagiert anders wie eines, das flach unten ist.

Die Durchbiegung musst du mit einem Lineal und Fühlerlehre "lesen".
Ich gehe davon aus, dass sich die Leimfuge verschiebt - falls sich Bünde lösten, checkst du das mit der Bundierwippe.
Ein Halsstab braucht einen Relief - so wie ich es beschrieben habe. Im Idealfall zieht man den Trussrod nur leicht an. Anknallen für einen Relief von 0,5mm ist schon grenzwertig.
Saitenscheppern sagt nicht viel aus ob der Hals passt - Radien Stimmen? Saitenlagen richtig? Saiten OK?

Du musst messen und das was du gemacht hast systematisch den Ergebnissen anpassen.
Mache dir eine Skizze und dokumentiere was du gemacht hast. Sonst ist das nicht zielführend.

Von "kneten" oder so und dass sich ein Stab "tordiert".... "wandernde Buckel"... enthalte ich mich.. da bin ich zu viel der Physik verbunden als dem Glauben :-)

Solltest du deine Versuche aufgegeben haben, sei so gut und schicke mir die Halsheizung wieder zeitnah und gut verpackt zu.

Danke und viel Erfolg!
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Re: Verbogener Hals - Hitzebehandlung?

#13

Beitrag von tzurby » 16.12.2023, 21:34

Lieber Herr Rall, vielen Dank erneut für Ihre Hinweise.

Ich hatte mich nach dem letzten Zwischenstand (11.12.) und vor Ihren Hinweisen noch einmal daran gemacht, um wenigstens diesen Buckel wieder loszuwerden. (20 Minuten, dabei für rund 10 Minuten etwa 50 Grad am Griffbrett; Einstellung am grünen Strich)

Und das hat auch geklappt.

Und noch mehr. Der Hals war im entspannten Zustand ziemlich gerade: ohne Trussrod relief von 0,15 bei Bund 3-6.

Ich habe den Hals dann bei (schwacher) Saitenspannung etwas angezogen und mit ein paar Mal hin und her bin ich - bei schwach angezogenem Halsstab und richtiger Saitenspannung - auf einen relief von 0,4 gekommen (0,3 geht auch).

Die Saitenlage entspricht jetzt genau den Vorgaben von Fender (https://support.fender.com/en-us/knowle ... e/KA-01903) und die Saiten scheppern nicht.

So hat diese Operation doch noch ein gutes Ende gefunden.

Mit mehr Erfahrung wäre man wohl rascher zum richtigen Ergebnis gekommen.

Und ja, diese "Heißpresse" funktioniert - vermutlich nicht nur in 10% der Fälle.

Ich gebe das Ding am Montag auf die Post.

Ganz herzlichen Dank dafür.
Beste Grüße
Ulrich
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