Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

Einstellung des Instrumentes: Optimaler Saitenabstand, Bundreinheit usw.
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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#26

Beitrag von kehrdesign » 02.05.2017, 21:58

Als Einwurf zu dem bisher Gesagten ein prinzipieller Unterschied zwischen fretless und bundierten Instrumenten:
Durch das Greifen der Saite vorm und nicht direkt auf dem Bundstab geht der Saitenverlauf geringfügig steigend über den Bund, was (vergleichbar mit einer Wippe) über die Steifigkeit der Saite ein Anheben selbiger um wenige Zehntelmillimeter über die folgende/folgenden Bundkronen bewirkt. Das wiederum verschafft der Saite etwas mehr Raum zum Schwingen (bei fretless GBs fehlt dieser Effekt). Wenn die Tiefe der Sattelkerben analog der Anhebung bei den gegriffenen Bünden ebenfalls geringfügig über dem Bundkronen-Niveau bleibt, ist a) auch die "Schwing-Freiheit" der Leersaite gegeben und b) ist die Gefahr des Saiten-Klirren zwischen Greiffposition und Sattel merklich geringer.

Zur Form der Hüllkurve einer schwingenden Saite:
Das rechnerisch hinreichend zu erfassen, dürfte alleine durch die Vielzahl und Unübersichtlichkeit der Wirkungsgrößen und deren komplizierte Erfassbarkeit (die ja für jedes Exemplar neu ermittelt werden müsste) den Nutzen bei weitem übersteigen. Der Vorschlag Michaels zur fotografischen Ermittlung der Hüllkurvenform ist da sicher wesentlich hilfreicher.
Ich befürchte, dass diese Hüllkurvenform nicht der Sinuskurvenform entspricht; vermutlich werden mögliche Auslenkungsspitzen durch sich überlagernde Schwingungsberge von Oberschwingungen und reflektierten Schwingungskomponenten bestimmt, die sich im Extremfall addieren können. Und das passiert auch weitab von der Mitte der schwingenden Saite.
Die in der Zeichnung
Bild
dargestellte Form dürfte so kaum vorkommen, auch schon aus Sicht der Verteilung der kinetischen Energie. Aber wie schon gesagt, belegen kann ich das nicht; deshalb bin auf Michaels Fotoergebnisse gespannt.

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#27

Beitrag von MiLe » 02.05.2017, 22:12

Hi Falk,

Keine Bange, um bei meinem Fretless die Saite zwecks mehr Schwingraum zu erhöhen, habe ich sie hinter dem Sattel auf ein Böckchen gesetzt, quasi ein Bund ;)
Das erste Testbild sieht schon eher nach einer Sinusform bzw. einem Kreissegment aus (mit steiferem Anfrangs- und Endbereich von ca. 4 cm). Wenn sich das bestätigt wäre das erfreulich, weil mit einfachen Formen einfach leichter zu arbeiten ist :)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#28

Beitrag von kehrdesign » 02.05.2017, 22:52

MiLe hat geschrieben:
02.05.2017, 22:12
...
Das erste Testbild sieht schon eher nach einer Sinusform bzw. einem Kreissegment aus ...
ev. auch eine elliptischer Kurvenverlauf, also in der Mitte die geringste Kurvenkrümmung? (think) Das würde meine Auffassung bestätigen. Eigentlich genügt ja zur Bestätigung schon die Kreisform (als Sonderfall der Ellipse).
MiLe hat geschrieben:
02.05.2017, 22:12
...
(mit steiferem Anfrangs- und Endbereich von ca. 4 cm)...
... was u. a. auch ziemlich deutlich diese Aussage im Sattelkompensations-Thread unterstützt.

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#29

Beitrag von MiLe » 02.05.2017, 23:00

kehrdesign hat geschrieben:
02.05.2017, 22:52
ev. auch eine elliptischer Kurvenverlauf, also in der Mitte die geringste Kurvenkrümmung? (think) Das würde meine Auffassung bestätigen.
Das würde ich keinesfalls ausschließen. Aber dazu brauchts schärfere Bilder mit mehr Kontrast, dann sollte man das deutlich sehen können.
kehrdesign hat geschrieben:
02.05.2017, 22:52
... was u. a. auch ziemlich deutlich diese Aussage im Sattelkompensations-Thread unterstützt.
Absolut! Daran habe ich auch nie gezweifelt, ist es doch der einzige für mich nachvollziehbare Grund für eine Sattelkompensation, wenn die Saitenlage gut eingestellt ist. Mich hat nur die Länge des Bereiches überrascht, ich hätte aus dem Bauch heraus mit 1-2 gerechnet.
Wenn sich diese recht lange Strecke von rund 5% an jedem Saitenende bestätigt, hätte das ja auch schon einen deutlichen Einfluss auf die normal positionierten Bridge-PUs (think)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#30

Beitrag von kehrdesign » 02.05.2017, 23:19

MiLe hat geschrieben:
02.05.2017, 23:00
... ich hätte aus dem Bauch heraus mit 1-2 gerechnet.
Wenn sich diese recht lange Strecke von rund 5% an jedem Saitenende bestätigt, hätte das ja auch schon einen deutlichen Einfluss auf die normal positionierten Bridge-PUs (think)
Naja,
das betrifft ja nur den Einflussbereich der Steifigkeit. Die für die Grundfrequenz der Saite tatsächlich wirksame Saitenlänge reicht sicher auch erheblich in diesen Steifigkeits-Bereich hinein.

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#31

Beitrag von bea » 02.05.2017, 23:29

Die Saitenschwingung durch eine harmonische Folge darstellen zu wollen, führt in die Irre. Die Auslenkung (Hüllkurve) ergibt sich als harmonische Reihe. Die Koeffizienten jedes einzelnen Terms dieser Reihe kennen wir nicht; sie hängen recht stark von der jeweiligen Saite ab. Bei Bassgitarren ist oftmals die erste Harmonische stärker ausgeprägt als der Grundton....
LG

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#32

Beitrag von MiLe » 02.05.2017, 23:33

Folge? Reihe?? Koeffizienten???
Ich will's doch nur fotografieren ;)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#33

Beitrag von bea » 02.05.2017, 23:39

Ich bezog mich auf die Bildchen weiter oben....
LG

Beate

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#34

Beitrag von MiLe » 02.05.2017, 23:41

ach so - keine Ahnung, wer das wie ausgetüftelt hat. Ich hab's irgendwo gefunden und es hat mir nur als Denkanstoß gedient.
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#35

Beitrag von DoppelM » 03.05.2017, 00:19

Bea, ich wollte mit den Bildchen keinesfalls die tatsächliche Schwingung herleiten :)
Meine Theorie ist lediglich dass sich letztlich alles innerhalb eines von der Schwingung des Grundton umspannten Raum befinden müsste - nicht weil ich Ahnung von Schwingungen hab (Null), sondern aus einer geometrischen überlegung wo die Saite mit ihren limitierten Ressourcen überhaupt hin kann.

Aber letztlich is das eh alles Theorie ;)
All you need for a good song is three chords and the truth.

Hold my beer and watch this

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#36

Beitrag von MiLe » 04.05.2017, 12:14

Tja - von wegen "support your local Dealer" :?
Bridgepins nur in schwarz auf Lager, Stegeinlage nur 2,8 mm, Einzel-Basssaiten gar keine. Dabei ist der Laden kein kleiner. Ein günsties 4er Set, aber auch nur 100er E-Saite - die hab' ich selber.

Ich werde also die Tage mal versuchen, die Aufnahme mit meinem Fretless etwas besser zu gestalten, also mit mehr Kontrast und weniger Verwacklung. Vielleicht reicht das ja schon, um ausreichend zuverlässig die Hüllkurve abzuschätzen (think)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#37

Beitrag von bea » 04.05.2017, 18:39

Einzelne Basssaiten bekommt man nur recht schwer. Am besten sortiert ist da wohl so mit Schneidermusik - und das dürfte ebenfalls kein allzu großer Laden sein, vor allem einer, der sich in der Pampa zwischen Hessen und Rheinland Pfalz eine Überlebensnische eingerichtet hat.
LG

Beate

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#38

Beitrag von Jackhammer » 04.05.2017, 21:06

Der große T hat einiges an Einzelsaiten im Angebot. Für Bass kosten die allerdings fast genau so viel wie ein Billigset...
Viele Grüße
Yuriy

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#39

Beitrag von Jackhammer » 05.05.2017, 01:02

So, bitte nicht sofort ins Gesicht treten, ich habe etwas experimentiert und so sieht ein Abschnitt angeregter Saite aus:
IMG_20170505_001849_EXP1~2.jpg
In nächsten Tagen (oder eher Abenden) werde ich versuchen etwas bessere Bilder zu machen (wenn es klappt)

Ich habe auchmit Zeitlupen-Videoaufnahmen versucht, an meinem Mikro-Bass kann man sehen, dass die Hüllkurve dem entspricht, was Michael skizziert hat...
Viele Grüße
Yuriy

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#40

Beitrag von MiLe » 05.05.2017, 09:32

moin Yuriy,

was soll's denn da zu treten geben? :shock:
Der Kontrast, den Du da erzeugt/hinbekommen hast, ist ja schon mal klasse (clap3)
Lass mich raten: Beidseitiges Streiflicht mit LED-Taschenlampen?

Jetzt noch 'n bissl mehr Schärfe und die gesamte Mensur auf's Bild, und ich kann mich wieder ins Bett legen :D
In meinem Keller ist aktuell aufgrund der diversen Baustellen und meiner notorischen Unordnung kaum Platz für solche Dinge, deswegen bin ich für jede Unterstützung froh :)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#41

Beitrag von Jackhammer » 05.05.2017, 10:47

Moin Michael!

Fast richtig geraten, eine 3W starke Taschenlampe parallel zum Steg. Mit der schärfe ist gar nicht so einfach, da ich das Bild mit dem Handy gemacht habe. In der Dunkelheit lässt sich die Kamera nur mit viel Glück fokussieren. Ich werde es trotzdem versuchen, besser zu machen.
Viele Grüße
Yuriy

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#42

Beitrag von MiLe » 05.05.2017, 10:54

Klasse, dass wir da von 2 Seiten rangehen.
Ich will versuchen, das Ganze von der Seite zu fotografieren, mit 5 Meter entfernter dunkler Wand im Hintergrund und Streiflicht. Bei den notwendigen langen Belichtungszeiten dürfte auch ein Stativ unentbehrlich sein.
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#43

Beitrag von capricky » 06.05.2017, 10:54

MiLe hat geschrieben:
02.05.2017, 00:23
Ich hätte da gerne mal ein Problem :D

Noch immer treibt mich die Frage um, ob denn nun theoretisch ein absolut gerader Hals von Vorteil ist oder ein leichter Frontbow.
Zielfunktion: Möglichst niedrige durchschnittliche Saitenlage.

Herrschende Meinung und Erfahrung ist, dass ein absolut gerades Griffbrett hierfür das Optimum sei und der Frontbow nur "eingebaut" wird, um Reserven bei Veränderungen des Halses zu haben (Temperatur, Luftfeuchte oder auch schwingen des Halses durch Anregung) und keinesfalls einen definitiv schädlichen backbow zu bekommen.

Verstanden hab' ich's schon, aber ich kann es noch nicht ganz einsehen bzw. nachvollziehen :cry:
Um mal auf die Eingangsproblematik zurückzukommen, weil ich fest überzeugt bin, dass die momentane Saitenfotografiererei aber mal gar nichts (neues) bringt... - Saitenlage und Bespielbarkeit ist auf der Gitarre (oder dem Bass), wie Fußball uff'm Platz! Und ihr habt es nicht anders gewollt, jetzt packe ich sie aus, die Erfahrungstotschlagkeule.... Wuuummmmms!!! :badgrin:
Ich habe mal nachgerechnet, allein in meiner Nebenlaufbahn als Gitarrenservicefuzzi habe ich in den letzten 25 Jahren, wenn ich meinem Chef glauben darf, knapp 7000 Gitarren und Bässe eingestellt. Einige davon mehrmals, wenn sie denn länger als 1 Jahr hingen, mit dem "Sonstigen" komme ich vielleicht auf 10000 Zupfinstrumente, Banjos, Mandolinen, Zithern also eingeschlossen. Ein Griffbrett ist durchschnittlich 50cm lang... mein Griffbretthorizont ist also über 5 Kilometer breit. 8)
Die bestbespielbaren Instrumente, also die mit der niedrigsten, schnarrfreien Saitenlage waren die mit den (fast) geraden Griffbrettern. Je mehr Frontbow, desto Kompromis bezüglich Schnarrfreiheit. Nun ist dieser Frontbow nichts unanständiges, es ist der praktische Normalfall.
Wenn es anfängt zu Schnarren, beginnt das meist auf der Bassseite (E-Saite), 1. bis 5. Bund. Das mit lokalem"backbow" zu korrigieren ist die Spezialität der Plekmaschine, die nimmt das dann von dem Bunddraht ab. Ich denke, das liegt je nach Bedarf bei etwa 1 - 2 Zehntel Millimetern. Der erfahrene "Gitarrenfuzzi" kann das auch mit dem Schleifklotz, sonst macht er es, indem er den Halsstab etwas löst und/oder den Steg höher macht (u.U. auch den Sattel).
Ist euch bei diesen (statischen) Saitenschwingungsbildern eigentlich schon mal aufgefallen, dass die Amplituden viel zu groß sind, um schnarrfrei über den üblichen Saitenlagen schwingen zu können? Das liegt daran, dass sie anfänglich und anschlagsabhängig in der horizontalen Ebene über dem Griffbrett schwingen, eh das dann unter Einflüssen von Eigen- und Zwangsresonanzen des Halses und des Korpus ins "Drehen" kommt. Dieser Effekt ist eine individuelle Eigenschaft jeder Gitarre oder Basses.

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#44

Beitrag von MiLe » 06.05.2017, 11:40

Aua!!! :x ;)

Sicher, dass der Erfahrungshorizont 5 km breit ist und nicht bloss 7 cm, dafür 5 km lang ;) :lol:

Ernsthaft: Könnte es sein, dass diese Erfahrung darauf beruht, dass ein (fast) gerader Hals bei Anregung anders schwingt als ein schon gekrümmter? Weil - das wäre ein Effekt, den ich momentan noch gar nicht betrachte, da wird's wohl erst richtig komplex.

Dass die Schwingungsamplitude der Saite instrumentenabhängig anfängt zu rotieren oder auch nicht kann ich theoretisch nachvollziehen, denn die Erfahrung mit Lautsprecherkegeln sagt mir ähnliches. Da gibt es Exemplare, bei denen Resonanzen fix in einer unterschiedlichen Anzahl von Sektoren "stehen", bei anderen wandern sie im Verlauf der Schwingung im Kreis am Kegelrand entlang.
Bei den Instrumenten, die mir zur Verfügung stehen, scheint die Auslenkung allerdings in der Ebene des Anschlages immer am stärksten zu sein, eine Drehung der maximalen Auslenkung kann ich so noch nicht erkennen, und wenn, dann erst so spät, dass die Auslenkung in der Horizontalen trotzdem schon kleiner ist als vor Beginn der Rotation.

Die wäre aber für meine Betrachtung also egal, wenn die Drehung erst beginnt, wenn die Gesamtamplitude gegenüber den ersten Sekundenbruchteilen schon deutlich kleiner ist und die horizontale Maximalauslenkung (also ca. 90° zur Anmschlagsrichtung) dann schon kleiner ist als die horizontale Auslenkung, wenn die Saitenschwingung am Anfang noch nicht dreht. (Irgendwie schwieriger auszudrücken als zu denken :) )

Also - mir geht es momentan gar nicht um einen zeitlichen Verlauf der Saitenauslenkung, wann, was wo an welchem Punkt der Mensur passiert sondern schlicht um die Auslenkungsmaxima der Saite irgendwo zwischen Anschlag und Verstummen derselben. UNd zwar in allen Richtungen.
Das würde eine Aussage ermöglichen, welche Griffbrettform (gerade oder Frontbow) bei einem nahezu unendlich steifen Gitarren-/Basshals bez. minimaler Durchschnitts-Saitenlage am ehesten zuträglich wäre.
Natürlich hat die Betrachtung einer schwingenden Saite auf einer Betonschwelle noch wenig Aussagekraft hinsichtlich eines realen Holzhalses, aber es gibt ja zunehmend andere Halsvarianten. Da diese sich eben nicht so ohne Weiteres nachträglich einstellen lassen, finde ich die Betrachtung interessant, denn da ist eine falsche Anfangs-Konstruktion eben endgültig.

Backbow ist jedenfalls von Übel, zu viel Frontbow (wie man leicht experimentell ermitteln kann) auch. Das Optimum muss also irgendwo dazwischen liegen.
Die Bogenbetrachtung kann bei einem Holzhals ohnehin nur eine Annäherung sein, denn die entstehende Kurve ist ja nicht mathematisch festgelegt sondern resultiert aus Falktoren wie Halsdimension, Eigenschaften der Hözer und Zusammenspiel mit dem Trussrod. Schwer, das in den Griff zu kriegen und möglichst exakt den Schwingungs-Hüllenkurven zu folgen. Bei einem Carbonknüppel könnte das anders aussehen.
Ich gebe aber zu, dass wir echt nur noch von wenigen /10 reden die in der Praxis eventuell gar keinen Sinn machen, weil eine zu niedrige Saitenlage ja auch spieltechnische Nachteile haben kann. Was ich bei der Carbonita aktuell habe, ist mir fast schon zu tief, ich werde also das theoretische Minimum in der Praxis wohl gar nicht nutzen.

Natürlich sind die zu großen Amplituden auf den Bildern aufgefallen weil - die wurden ja extra provoziert ;)
Eine Auslenkung von +/1 mm bei einer zu erfassenden Saitenlänge von 860 mm ist halt schwer zu fotografieren, da kommt man selbst bei 16 oder 24 MP schon an Auflösungsgrenzen. Deswegen lange Mensur, dicke Saite, tief gestimmt ;)
Wenn man es dadurch hinbekommt, eine auf der Y-Achse übertriebene Darstellung der äußeren Hüllkurve Schwingung (in allen Dimensionen) zu sehen, ist man doch schon ein Stück weiter, denn es geht ja um die Form der Kurve.
Es geht also hier gar nicht um eine umfassende Gesamtbetrachtung der realen Verhältnisse, sondern erst mal nur um einen Teilaspekt ;)

Sorry für meine Renitenz, ich weiss, dass das nerven kann. Aber manchmal komme ich damit zu neuen Erkenntnissen, meistens zugegebenermaßen nicht. Aber bis dahin habe ich dann hoffentlich wenigstens kapiert, warum, wieso und weshalb ;)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#45

Beitrag von capricky » 06.05.2017, 12:17

Ich verstehe Dich so, dass es Dir nur um eine Quantifizierung der Krümmung geht, da hat ja denn ein gerader Hals auch nur die Biegung Null. Also sind alle Hälse gebogen, nur eben mehr oder weniger. 8) Unter dem Einfluß der Schwerkraft ist ja zu allem Überfluß auch noch der Raum gekrümmt, eigentlich gibt es gar nichts Gerades. ;)

Nebenbei und jetzt kein Witz - bei einem Bass merkst Du bereits den Einfluß der Schwerkraft auf die Saiten und den Hals. Es ist ein Unterschied, ob der Bass flach auf dem Tisch liegt, wenn ich ihn einstelle, oder ich ihn umgehängt habe. Das wirkt auf Intonation (Oktavreinheit am 12. Bund) und Stimmung.

Und nein, ich bin kein hypersensibler Ameisenkniekehlenenthaarungsspezialist! :D

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#46

Beitrag von MiLe » 06.05.2017, 12:32

Das glaub ich jetzt allzu gerne nachdem ich gesehen habe, wie beim Messen der notwendigen Sattelkompensation an meiner leichten Akustik mit recht stabilem Hals) die Anzeige sehr genau angezeigt hat, ob der Hals waagerecht oder senkrecht hängt oder von der Greifhand unterstützt wird.
Nachdem ich endlich rausgefunden habe, wie ich weitgehend zappelfrei die Stimmung/Frequenz messen kann bin ich gerade ganz hingerissen von den Möglichkeiten. Zahlen zum Beispiel oben: Body waagerecht auf den Beinen, Hals freischwebend bzw. Hals am 1. Bund leicht von unten angehoben: 4 Cent :shock:
Wie gesagt - leichte Akustik mit Mahagoni-Hals.
Was das bei einer dünnhalsigen und schwereren E-Gitte ausmacht, muss ich noch testen.

Da stellt sich die Frage, in welcher Lage man die Intonation einstellen sollte. Wahrsacheinlich doch eher so, wie man das Instrument am Ende auch spielt, auch mit der gleichen Belastung/Entlastung wie beim Spielen. :?:
Oder ist die Lage beim Justieren egal, weil sich die Unterschiede bei gegriffener und ungegriffener Saite gleich verhalten und somit kompensieren? (think)

capricky hat geschrieben:
06.05.2017, 12:17
Und nein, ich bin kein hypersensibler Ameisenkniekehlenenthaarungsspezialist! :D
Ooooooooch......... (think) :lol:
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#47

Beitrag von AsturHero » 06.05.2017, 13:16

versteh zwar fast 99 % nix von dem hier, aber mir ist bei manchen Bässen schon aufgefallen, das wenn sie an der Wand hängen, tw. schnarren, aber wenn sie in horizontaler Richtung (Spielrichtung) angeschlagen wird, die Saite nicht mehr schnarrt, also verändert sich auch die Schwingungskuve je nach LAge oder?
lg Antonio

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#48

Beitrag von MiLe » 06.05.2017, 13:19

Die Schwingungskurve wahrscheinlich weniger als die Halskrümmung.
Auch möglich, dass der Hals hängend anders schwingt als freitragend ;)
Aufgrund der unterschiedlichen Positionen könnte aber auch der Anschlag anders sein (think)
Liebe Grüße,
Michael

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#49

Beitrag von kehrdesign » 06.05.2017, 13:53

MiLe hat geschrieben:
06.05.2017, 13:19
Die Schwingungskurve wahrscheinlich weniger als die Halskrümmung. ...
Da habe ich meine Zweifel:
falls der Hals sich in irgend eine Richtung durch statische Belastung durchzubiegen scheint, ist der Grund nach meiner Beobachtung in der Regel am Halsfuß-Body-Übergang, oder beim Body selbst (Akustik-) zu suchen. Bei 'ner ordentlich starren Verbindung (übrigens egal ob geschraubt oder geleimt) muss man schon drücken wie'n Ochse um bei einer E-Gitarre 'ne Abweichung gegenüber einem Stahllineal erkennen zu können, zumindest in der Griffbrett-Ebene. Das sind zumindest meine Beobachtungen.

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Re: Hals: Gerade oder Frontbow? Kurvendiskussion

#50

Beitrag von MiLe » 06.05.2017, 15:13

Hi Falk,

Zweifel sind gut, die regen zum Nachdenken und Erforschen an ;)

Nun sind ja 4 Cent nur für uns Ameisenkniekehlenbetrachter oder Ameisenkniekehlenenthaarungsspezialisten eine relevante Größenordnung :D
An der Halsbiegung oder der Veränderung der Knickstelle" "Hals-Body" oder der Decke selbst ist das wohl kaum oder sehr schwer ablesbar, jedenfalls kann ich bei der Akustik auch mit Stahllineal auf den Bünden nix erkennen, noch nicht mal eine Veränderung der Saitenlinie bis zur Brücke hin. Nur der Tuner meldet mir valide und wiederholgenau, das sich da was um 4 Cent tut senkt, wenn ich den 1. Bund bei liegendem Hals unterstütze.

Bei den Elektriks erreiche ich noch nicht ganz die Stabilität in der Tuner-Anzeige wie bei der Akustik, aber ich arbeite dran.
Insofern kann ich Deine Beobachtung bisher weder bestätigen noch ausschließen.
Spannend wird's bei der Maple-Walnut mit ihrem durchgehenden Ahorn-Wenge-Hals. Wenn ich da den gleichen Effekt messe würde ich doch den oberen Halsbereich als "Schwachstelle" ausmachen, denn der Hals-Body-Übergang mit seinen Materialdimensionen ist ganz sicher keine.
Liebe Grüße,
Michael

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