Decke bei Akustik-Gitarre wechseln. Tipps erbeten.

pinacoco · #1

Hallo,

aus gegebenem Anlass (NEIN, ich will nicht drüber reden! :snooty: ) möchte ich die Decke an einer meiner Klassischen Gitarren (Nylonstring) abnehmen und neu machen. Die Gitarre hat ein HolzBinding und ein Purfling.

Ich habe dazu ein paar Fragen und hoffe auf Antworten. Die momentan wichtigste ist sicherlich:
Muss ich das Griffbrett unbedingt auch abnehmen, oder ließe sich das evtl auch vermeiden?
Pros & Contras?

Hier mal mein Vorgehen, wie ich´s mir gedacht habe:

1. Griffbrett versuchen von der Decke zu lösen (Hitze), aber wenn möglich auf dem Hals lassen.
2. Binding ringsum wegfräsen
3. Leimstellen an den Zargen sachte erwärmen, evtl zusammen mit Dampf, dann langsam versuchen abzunehmen/abhebeln
4. Neue Decke mit Schallloch herstellen. Dicke und Beleistung identisch wie bei der jetzigen Decke.
4b. evtl auch die Reifchen erneuern
5. Neu aufleimen
6. identischer Bindingkanal fräsen (am Hals per Hand und Stecheisen),
7. fein verschleifen
8. Neues Finish
9 Neuer Steg aufleimen

10. hoffentlich zufrieden sein und freuen.

Was meint ihr?
Danke.

_________________
Gruß
Uli

#2

Also ums Griffbrett entfernen wirst du wohl nicht herumkommen. Da die Decke zwischen Halsfuss und Griffbrett verleimt ist wirds schwierig - auch beim Verleimen der neuen Decke. Das sollte schon genau passen und auch gut verleimt sein. Ich würde es runter machen.
Bei der neuen Decke solltest du schauen, ob du sie nicht besser machen kannst als die Alte. Das hängt auch von der Steifigkeit des verwendeten Holzes ab. Gleiche Maße bedeutet eben nicht auch gleicher Klang wie vorher

pinacoco · #3

Tja, hab ich mir schon gedacht mit dem Griffbrett.

Die Decke war schon sehr gut, so wie sie war – hab ich ja auch selbst gebaut, da kann ich ja jetzt nix anderes sagen dazu

Ne aber ehrlich. Der Klang war wirklich astrein und hat sehr gut zur Gitarre und auch zum Käufer gepasst. Ich werde wieder das selbe Holz nehmen da ich noch genug für ne weitere Decke habe und die Beleistung war standardmäßig (Fächer). Von den Fichtenblöcken hab ich noch einiges hier. Ich säge mir die ja eh selbst und nehme nur das was 100% passt. Auch hier gibts demnach keine Not das zu ändern.

Aber ums Griffbrett (und auch die Zusatkosten und -arbeit) wäre es eben sehr schade.

Mir ist schon klar, dass das nicht optimal ist und dass es vor allem auch leichter ist, das alles ohne störendes Griffbrett zu machen , aber was sein muss, muss eben sein. … den Hals werde ich jedoch keinesfalls lösen, vorher baue ich von Grund auf neu.

Wenn das Griffbrett eh runter muss kann ich die decke danach ja auch recht grob lösen – die ist eh nicht mehr brauchbar bzw zu retten.

#4

Hi Uli
Warum muss denn die Decke runter? Wirklich nciht reparabel?

ahgit · #5

Isegrim · #6

Oder den Bunddraht des 12. Bundes entfernen und mit der Bundschlitzsäge den Schlitz ganz durchsägen. Dann kannst du später die Sägestelle mit dem neuen Bunddraht unsichtbar machen.

ahgit · #7

Genau das meinte ich ja .Sonst geht das nicht.
ahgit

pinacoco · #8

Wow! Das ist ja mal ne fundierte Beschreibung. Herzlichen Dank.
Genauso werde ich vorgehen. Ich berichte dann.

pinacoco · #9

Was den Hals inkl Winkel betrifft habe ich eigentlich keine Sorgen.
Es ist eine Schwalbenschwanz-Verbindung, also fest eingeleimt.
Da dürfte sich nichts verziehen.

Auch das Fixieren der Zargen müsste weniger Orobleme machen, da ich die Gitarre in einer Form gebaut habe, die ich ja noch habe.

Den Steg mache ich auch neu, demnach kann ich den Saitenabstand noch etwas beeinflussen.

Der Tipp mit dem Absägen und der Bandsge ist Gold wert.

Also, es klingt durchaus machbar. Freu

!!!!

#10

Doch der Halswinkel kann sich verändern, weil du ja die Decke rausnimmsst und die ganze Schachtel damit instabil wird.

Isegrim · #11

ahgit hat geschrieben:Genau das meinte ich ja .Sonst geht das nicht.
ahgit

Alles klar. Dann habe ich dich nur nicht ganz richtig verstanden, sorry.

ahgit · #12

pinacoco · #13

jhg hat geschrieben:Doch der Halswinkel kann sich verändern, weil du ja die Decke rausnimmsst und die ganze Schachtel damit instabil wird.

Ah, OK. Das leuchtet ein. Also am besten alles fixieren – und vorher genau messen!

@ Ganorin:
Ja, die Decke muss leider runter. Sie hat zwei massive Risse an sehr ungünstigen Stellen und es gab größere Probleme mit dem NC Lack.
Ich habe jetzt wirklich schon Wochen und Monate daran rumrepariert aber es ist eben leider nicht machbar, das unsichtbar zu machen. …und nach dem ganzen Schleifen ist irgendwann das Ganze einfach auch zu dünn und die Gefahr dass die Decke wieder reißt und vor allem auch extrem anders klingt ist mir zu groß.
Da stellte sich mir dann irgendwann auch echt die Ehrenfrage: "Will ich das so abgeben, kann ich das mit meinem Anspruch vereinen?"
NEIN!

... Klar sagen manche dass das doch schon irgenwie geht und es sei ja trotzdem ganz OK etc pp… Aber es ist eben einfach nicht mein Anspruch an mich selbst. Und wenns machbar ist, dann spricht einfach alles dafür, dass richtig zu machen.

gitarrenmacher · #14

Ich hatte es schon bei den GEARBUILDERN ge/beschrieben.
Retopping ohne neue Bindings und Purflings

1. Genauen Deckenumriss machen, ohne Bindings, also dass, was aus Fichte/Zeder ist.

2 Die neue Decke genau so zuschneiden. Sie muss dann später genauestens in die NICHT entfernten Bindings passen.
3. 12ter Bund raus, mit Feinsäge Bundschlitz bis auf die Decke durchsägen.
4. Griffbrettzunge von der Decke nehmen.
5. Decke grob raussägen.
6 Mittels Wärme, Feuchtigkeit, jedenfalls geeigneten Mitteln die Deckenreste in kleinen Portionen von den Linings und den Purflings/Bindings lösen. GEDULD!!
7. Die angefertigte Decke wieder einsetzen, verleimen. TROCKENÜBUNG VORWEG
8. Decke lackieren, polieren, Griffbrettzunge wieder drauf, Brücke drauf, fertig.

Wie mann z.B. den Deckenumriss genau abnimmt kann man hier sehen.
http://www.grevenguitars.com/retopping-demo.html
Greven nimmt den Hals hier ab und macht halt viel mit der Oberfräse, aber er macht auch mehrere neue Decken pro Jahr. Ist in USA ne echte Kapazität auf dem Gebiet.
Ich habe vor Jahren eine Selmergitarre nach Punkt 1-8 retopped. Hat astrein geklappt.
Was man aber machen muss ist, mit viel Phantasie alle möglichen Klemmen, Spreizer, Halterungen etc bauen. Aber das ist individuell zu bewerkstelligen. Jeder arbeitet halt etwas anders.

Viel Spaß
Christian

pinacoco · #15

Kleines update:
Ich hab mich in den meisten Punkten an Eure Empfehlung gehalten und es hat auch gut geklappt.

Dennoch ist es eine ganz schöne Operation mit vielen Tücken.
Das Hauptproblem ist sicherlich, wie auch von Euch beschrieben, dass sich die Zargen schüsseln können … was fast nicht vemeidbar ist –und auch den Halswinkel zu erhalten ist nicht ganz easy…
Ich hab den Korpus in die Form eingespannt, da sich der ganze Prozess bei mir über ca 8 Wochen hingezogen hat. Das bedarf einer Überarbeitung der Form (da der Hals ja mit den Zargen verleimt ist) und ist nicht ideal.
Besser ist sicherlich das möglichst in einem Rutsch durchzuziehen und vorher alle relevanten Maße abzunehmen.

Hier ein paar Bilder: