Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

Themen zum Bau von E-Bässen

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kehrdesign
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Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

#1

Beitrag von kehrdesign » 22.06.2013, 16:28

Wie Ihr ja möglicheweise schon festgestellt habt, ist für mich der primäre Grund zum Bau von Instrumenten, neue Designs (insbesondere Formen) für speziellen Anforderungen zu schaffen. Auch wenn ich mich bisher mit Bässen kaum befasst habe, steht auf meiner Agenda jetzt auch ein Bass, an dessen Konzept ich zur Zeit arbeite.

Zielvorgabe außer einem bestimmten Formkonzept ist ein breites Einsatzgebiet. Deshalb soll es ein Longscale 5-Saiter werden, der wahlweise sowohl einen unaufdringlichen aber satt, füllenden Sound im Bandgefüge produzieren, sich aber auch für (moderne?) Slappsounds eignen soll. Von der elektroakustischen Seite her schwebt mir (ähnlich Stingray) ein HB und SC mit Dummycoil vor. Ob ein aktiver 3-Band-EQ nötig und zielführend ist oder ob eine einfache passive Tonereglung für das erklärte Ziel ausreicht, vermag ich nicht zu beurteilen. Deshalb wende ich ich mich vertrauensvoll an Euch Erfahrungsträger.

W
eitere Klärungsbedarf habe ich bezüglich der mechanischen Konstruktion: Für den geschraubten Hals habe ich Ahorn (wie mittlerweie alle meine Hälse längs getrennt und gegensinnig wieder verleimt) vorgesehen. Der Body soll aus Erlen-Leimholz-Platten (gechambert und mit Schaum gefüllt) zweischichtig verleimt werden. Davon verspreche ich mir ein relativ spannungsarmes Bodygefüge ohne ausgeprägtes Eigenschwingungsverhalten und damit einen sehr neutralen (vielleicht auch langweiligen) Charakter, da durch die Body-Hals-Konstruktion schwingungsmechanisch eine Entkopplung stattfindet - eigentlich das Gegenteil zu einem durchgehenden Hartholzhals. Ob und welchen merklichen Einfluss das tatsächlich auf die Klangentfaltung (speziell Decay- und Release-Verhalten) hat, weiß ich nicht, würde mir aber gerne vorab den Grundstein für Enttäuschungen ersparen.

Hier können mir sicherlich einige von Euch aus ihrem fundierten Wissens- und Erfahrungsschatz allgemeine und spezielle Hinweise und Tips zu meinem Vorhaben geben. Dafür wäre ich Euch sehr dankbar.

Gruß
Falk

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bea
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Re: Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

#2

Beitrag von bea » 22.06.2013, 20:10

Hallo Falk,

so ganz überzeugt bin ich von Deinem Ansatz nicht. Wenn man sich reale Einsatzmöglichkeiten anschaut, sind Konzepte wie das des Stingray mit zusätzlichen fetten Halstonabnehmer eigentlich extrem universell, vor allem, wann man eine sorgfältig abgestimmte Aktivelektronik dahintersetzt. Noch vielseitiger dürfte es werden, wenn man sehr breitbandige Tonabnehmer einsetzt - also was niederohmiges wie vor allem Hiasl, alternativ vielleicht Darkstars, und deren Klang durch RC-Belastung gezielt beeinflussbar macht. Und das ganze so gestaltet, dass es mit möglichst wenigen und übersichtlichen Bedienelementen auskommt.

Mit einem sehr steifen Hals und einer in sich sehr steifen Gesamtkonstruktion bist Du von der Ansprache, dem Ausschwingverhalten und der tonlichen Balance (dead spots) her auf der sicheren Seite. Ansonsten sollte der Korpus eben gerade nicht auf "Neutralität" getrimmt werden. Das klingt dann leicht steril und leblos und taugt dann letztlich nur noch zu extremen Spieltechniken wie übermäßigem Slappen. Einfach ein schöner Korpus aus bewährten Hölzern bringt Dich da auf die sichere Seite. Ein zentraler massiver Block, der die Tonabnehmeröffnungen umfasst, sollte auch sein. Ansonsten darf das Instrument gerne hohl sein.

Ahorn ist m.E. vor allem optisch erste Wahl für den Hals, technologisch aber gar nicht soooo sehr, weil seine Steifigkeit im Verhältnis zur Masse eher klein ist. Trotzdem macht man mit einem guten Ahorn (Ich würde trotzdem jederzeit wieder Ahorn-Hälse bauen, sogar bevorzugt, weil ich vom V-Bass noch genügend übrig ist...)

Wenn Du Dich unkonventionell austoben möchtest, würde ich eher anraten, auf Ergonomie zu achten: wie wird welche Spielhaltung am besten unterstützt? Also ein Seitenblick auf Baldur (aus dem diesjährigen Wettbewerb), Orchid, Kleins Bass und ähnliche Ideen. Halsprofil? Flaches Griffbrett, gewölbtes Griffbrett, in sich gedrehtes Griffbrett? Fanned Frets? (ich hatte die Woche nach dem Forentreffen mal die Gelegenheit, einen der Bässe von dreizehnbass auszuprobieren - hat sich klasse gespielt, Daniel...)
LG

Beate

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kehrdesign
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Re: Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

#3

Beitrag von kehrdesign » 22.06.2013, 21:48

bea hat geschrieben:Hallo Falk,
... Ansonsten sollte der Korpus eben gerade nicht auf "Neutralität" getrimmt werden. Das klingt dann leicht steril und leblos ...
Ja, habe erkannt, dass dieser Ansatz nicht zu meinem erklärten Ziel beiträgt, insbesondere nicht die schwingungstechnische Entkopplung von Hals und Bridge/Body.

Danke Bea, für Deine Tips und Hinweise, die ich bei der weiteren Konzeption gut gebrauchen kann - bin halt kein Basser und werd's wohl auf meine alten Jahre auch nicht mehr werden. Das Design ist weitgehendst fertig, wenn auch noch nicht dokumentiert. Jetzt werden die technischen Elemente konzipiert, also faktisch das Innenleben. Diese Reihenfolge ist sicher die unüblichere, aber eben meine.

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Re: Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

#4

Beitrag von 12stringbassman » 23.06.2013, 08:31

Hallo Falk!

Grundsätzlich ist so ein Bass eigentlich nix anderes als eine E-Gitarre, nur mit längerer Mensur und dickeren Saiten.

Ich würde übrigens einen 4-Saiter dem 5-Saiter bevorzugen, wenn es ein universelles Instrument werden soll. Einfach weil er leichter zu tragen und zu spielen ist. Aber das ist meine persönliche Vorliebe.

Diese Ausführungen ...
kehrdesign hat geschrieben:Der Body soll aus Erlen-Leimholz-Platten (gechambert und mit Schaum gefüllt) zweischichtig verleimt werden. Davon verspreche ich mir ein relativ spannungsarmes Bodygefüge ohne ausgeprägtes Eigenschwingungsverhalten und damit einen sehr neutralen (vielleicht auch langweiligen) Charakter, da durch die Body-Hals-Konstruktion schwingungsmechanisch eine Entkopplung stattfindet - eigentlich das Gegenteil zu einem durchgehenden Hartholzhals.
... verstehe ich entweder nicht, oder Du wirst ein Instrument erhalten, auf dem Du die Saiten gar nicht auf Spannung bringst und wenn doch, nur ein kurzes "plopp" rauskommt beim Anzupfen.
Damit die Saite klingt, also einigermaßen lang ausklingt, müssen die Saitenwiderlager verlustarm sein. D.h. stabile und massive Verbindung zwischen Hals/Griffbrett und Steg.
Kleinere Verluste durch geschraubten Hals, leichtes Korpusholz etc. sind übrigens durchaus erwünscht, je nach persönlichem Geschmack.

Grüße

Matthias
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Re: Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

#5

Beitrag von kehrdesign » 23.06.2013, 12:14

@ Hiasl

Danke für Deine Tips.

Nein, es sollte keine weiche, sondern schon eine steife und feste mechanische Verbindung sein, allerdings mit einer Kombination aus Materialien, die eine deutlich voneinander abweichende Eigenressonanz haben, so dass die Frequenzen, die von einer Materialkomponente gut übertragen durch die andere Komponente getilgt werden.
Der Gedanke bei der "schwingunsmechanischen Entkopplung" beruht auf der Kraushaar'schen Aussage, dass der schwingenden Saite Schwingungsenergie in den Frequenzbereichen entzogen wird, in denen sie (die Schwingungsenergie) zur Anregung in Resonanz stehender Elemente verbraucht wird. Die scheinbar logische Konsequenz: wenn nichts resoniert, wird auch keine Schwingungsenergie dafür verbraucht.
Das dieser Ansatz grundsätzlich falsch ist, habe ich erkannt; denn dass durch Resonaz Schwingungsenergie verbraucht wird, bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass es nicht auch andere (Schwingungs-)Tilger geben kann.

Also werde ich die Hals-Body-Kombination so wählen, dass sich zwischen Sattel und Bridge eine möglichst hochbiegesteife Verbindung ergibt, auch wenn hierdurch eine (materialbedingt relativ hochfrequente) Eigenfrequenz der Konstruktion zu erwarten ist.

@ all
Was den elektroakustischen Teil anbelangt, habe ich jetzt schon etliche Tips (auch nebenan) bekommen, die mir, denke ich, eine gute Lösung ermöglichen. Dennoch bin ich für weitere Infos auch weiterhin offen und dankbar.

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Re: Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

#6

Beitrag von capricky » 23.06.2013, 14:56

Sagen wir mal so, ich halte die Ausführungen von Herrn Kraushaar grundsätzlich für richtig, nur Du scheinst das dafür eher prinzipiell missverstanden zu haben, kann natürlich daran liegen, dass Kraushaar manches missverständlich formuliert, was er ja auch zugesteht.
Widersprechen möchte ich dem Kraushaar aber bei dieser Aussage:
Instrumente mit einem sehr steifen Hals schwingen in den Bässen gar nicht mit. Sie schwingen mit kleiner Amplitude lange aus. Leise – lang.
Instrumente mit sehr elastischen Hälsen und Resonanzfrequenzen der Töne auf dem Griffbrett schwingen mit großer Amplitude kurz aus. Laut – kurz.
Auf einem sehr schmalen Grat dazwischen finden wir das gute Instrument!
Das ist kein schmaler Grat, sondern doch eine ziemlich breite Allee, die Gefahr abzustürzen eher gering. Erinnert sich noch jemand an Paul McCartney mit dem kurzen, hohlen, unbequemen Höfner Geigenbass? Das war sein Allroundbass und Ausklingdauer, "Sustain", hatte der mehr als genug ("Rain" , Come Together)
Ich will sagen: Du kannst (D)einen elektrischen Bass kreieren wie Du möchtest und aus Materialien wie Du willst bauen. Luft, Styropor, Beton, Glockenmessing, edelste Hölzer dürfen im Korpus ruhen, der Bass wird schon nach Bass klingen. Anschließend kannst Du all Deine Zielvorgaben in den Bass hineininterpretieren, so ähnlich machen es die Etablierten ja auch 8)

capricky

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Re: Bass: Fragen zu Konzept und Konstruktionsprinzipien

#7

Beitrag von kehrdesign » 23.06.2013, 22:20

capricky hat geschrieben: ... all Deine Zielvorgaben in den Bass hineininterpretieren, so ähnlich machen es die Etablierten ja auch 8)

:lol:
... ja und die diesbezügliche Perfektion ihrer Vasallen, der F(l)achpresse, ist ja bereits legendär - nee danke. (hand)

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